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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition)
Autoren: Peter Beck
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viel. Er ermächtigte Winter nur, alles zu unternehmen, um den Schaden für die Bank zu begrenzen und die Ursachen des Absturzes aufzuklären. Er wollte rund um die Uhr auf dem Laufenden gehalten werden. Er werde sofort die Geschäftsleitung informieren, und bevor er auflegte, beauftragte er Winter noch, den  HC , den Head of Communications, ins Bild zu setzen.
    Das Telefongespräch mit dem Chef der Kommunikationsabteilung, der bei seinem Stellenantritt vor einigen Monaten die Public Relations zur Chefsache erklärt hatte, dauerte länger. Die Beziehungen zur Öffentlichkeit waren wichtig. Vertrauen war nicht nur objektive Sicherheit, sondern auch die Wahrnehmung davon. Winter war froh, dass nicht er, sondern die Kommunikationsabteilung sich mit den Medien und deren verderblichen Halbwahrheiten herumschlagen musste.
    Der Schönling wollte auf Zeit spielen, Bedauern ausdrücken, die privaten Aktivitäten von Kunden nicht kommentieren. Er würde in der passiven Kommunikation bei allfälligen, informellen Hintergrundgesprächen mit recherchierenden Journalisten den Ausflug des Scheichs als privaten Ausflug darstellen. Der Begriff «privat» war die Kernbotschaft, «privat» galt es als Mantra zu repetieren. Der Kommunikationsleiter belehrte Winter weiter, dass wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt hatten, dass Botschaften mit jeder Wiederholung glaubwürdiger wurden.
    Zum Glück unterbrach ein Tunnel nach einer knappen Viertelstunde die Verbindung.
    Aber mit dem «privat» begannen Winters Probleme. Er wusste nicht allzu viel von Al-Bader. Vieles innerhalb der Bank funktionierte auf der Basis persönlicher Beziehungen. Das Wissen war in den Köpfen der Menschen. Winter kannte die Eckpunkte der Kundenbeziehung zwischen der Bank und Al-Bader: Very High Net Worth Individual, erfolgreicher Geschäftsmann und Investor, erhöhte Wachsamkeit bezüglich Geldwäschereigesetz, keine bekannten persönlichen Vorlieben oder Schwächen.
    Vor gut einer Woche hatte Stefan Schütz, Al-Baders Kundenberater, zum Abstecher des Scheichs in die Schweiz nur gesagt: «Eigentlich ist er gar nicht hier, sondern an einer Konferenz in Norwegen.»
    «Interessant. Ein arabischer Scheich an einer Konferenz in Norwegen?»
    «Ich weiss nicht genau, was für eine Konferenz das ist. Es hat etwas mit globalen Infrastrukturinvestments zu tun. Mit den heutigen Schwankungen an den Börsen kann es sehr lukrativ sein, eine Strasse zu kaufen.»
    Winter hatte Schütz fragend angeschaut.
    Dieser hatte ergänzt: «Du investierst einmal. Baust zum Beispiel eine Autobahn. Später erhöhst du die Gebühren, sagst, es sei die Inflation, und du hast einen netten Cashflow. Selbstverständlich brauchst du das nötige Kleingeld. Aber das ist bei Al-Bader ja kein Problem. Eigentlich ist er von Toblers Kunde.»
    Schütz hatte Winter damals gebeten, den Helikopterflug zu organisieren: «Am frühen Morgen des 25. Juli will er in der Schweiz jemanden treffen. Er kommt am Vorabend mit seinem Privatjet nach Zürich, und ich wäre froh, wenn du sicherstellen könntest, dass ihn ein Helikopter abholt und in die Berghütte auf dem Gemsstock fliegt.»
    Routine. Die Bank machte fast alles für Al-Baders Besuche in der Schweiz. Dieser liebte die Berge und hatte auf Einladung der Bank auch schon die eine oder andere hochalpine Tour gemacht.
    «Wen will er treffen?»
    «Keine Ahnung. Irgendwelche Investoren.» Schütz hatte damals nur lakonisch angefügt: «Geht uns auch nichts an.»
    Jetzt fragte sich Winter im Kokon seines Wagens, was Al-Bader in Norwegen gemacht hatte und wen er hier treffen wollte. Freund oder Feind? Warum gerade in der Schweiz? Hing es mit der Reichweite seines Flugzeuges zusammen. Welche Reichweite hatte Al-Baders Gulfstream? Er machte sich eine mentale Notiz, die Webseite des Herstellers zu konsultieren. Am Ende des Tages war die Wahrheit immer auch Physik. Meter, Minuten und Kilogramm.
    Und Zufall.
    Oder Schicksal. Ursprünglich wollte er Al-Bader persönlich am Flughafen abholen. Aber er hatte Anne geschickt. Er hatte Anne auf diesen Flug geschickt, und jetzt war sie höchstwahrscheinlich tot. Er hatte Anne geschickt, weil er ihr die Gelegenheit geben wollte, einen der besten Kunden kennenzulernen. Und ihm selbst war es gelegen gekommen, freizunehmen und an der Terrasse zu arbeiten.
    Winter schob die Schuldgefühle und die nagenden Zweifel zur Seite und konzentrierte sich auf die unmittelbare Zukunft. Die konnte er beeinflussen, aber nur wenn er fokussiert
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