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Söldner des Geldes (German Edition)

Söldner des Geldes (German Edition)

Titel: Söldner des Geldes (German Edition)
Autoren: Peter Beck
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war. Warum war der Helikopter abgestürzt? Seine Erfahrung sagte ihm, dass diese Frage entweder sehr schnell oder gar nie beantwortet wurde.
    Er verliess die Autobahn. Die Strasse wurde schmaler und die Kurven enger. Die Scheinwerfer frassen sich durch die Nacht. Über der Innerschweiz waren am Abend Sommergewitter niedergegangen. Winter öffnete das Fenster und atmete die kühle Luft, die nach nassem Gras roch. Er fuhr durch die engen Gassen von Kargmatt und sah die Kirche mit dem Pfarrhaus.
    Anschliessend ging es steil hinunter und über eine altersschwache Brücke. Eine unmarkierte Abzweigung. Die Schotterstrasse schlängelte sich durch den Bannwald die andere Talseite hoch. Der Tannenwald war dunkel und nach dem Regen frisch. Winter sah zwischen den Bäumen die Sichel des Mondes.
    Es war Mitternacht, als sich der Wald lichtete und ihn die immer freundliche Stimme des Navigationsgerätes informierte: «Sie haben Ihr Ziel erreicht.»
    In diesem Moment klingelte das Telefon, und auf dem kleinen Bildschirm erschien Annes Namen.

25.   Juli 00:08
    Winter hielt an, atmete tief und brachte seinen Puls unter Kontrolle. Er schaute sich um. Eine Alp mit wiederkäuenden Kühen. Sterne am Himmel. Das Mobiltelefon mit Annes Namen klingelte immer noch. Er räusperte sich und nahm den Anruf entgegen: «Hallo?»
    «Hallo, hier spricht Oberholzer. Ich bin Polizist. Bitte entschuldigen Sie, aber wir haben bei einem Unfall dieses Telefon gefunden, von dem aus Sie als Letzter angerufen wurden. Mit wem spreche ich?»
    «Winter hier, ich kenne die Besitzerin und werde gleich da sein.» Er brach das Gespräch ab, umklammerte das Steuerrad mit weissen Knöcheln. Winter starrte in den Himmel, ohne die Mondsichel zu sehen. Er gab sich einen Ruck, und kurz darauf parkierte er in einer Ausweichstelle vor der einspurigen Brücke über das Höllentobel. Vor ihm lag die Absturzstelle.
    Der reissende Bergbach hatte in den letzten paar tausend Jahren einen tiefen, v-förmigen Einschnitt in die Erde gefressen. Je tiefer das Wasser sich eingrub, desto steiler wurden die Flanken und desto mehr Erde, Pflanzen und Gestein rutschten ab. Ein Teufelskreis.
    Die Alphirten hatten wenig erfolgreich gegen das Wasser gekämpft, welches immer mehr fruchtbares Alpland wegfrass. Mit alten, überwachsenen Holz- und neueren Stahl- und Betonverbauungen versuchten die Menschen, die Natur zu zähmen. Die Stahlpfeiler eines solchen Rechens, der rutschendes Geröll, Erdmassen und Lawinen aufhalten sollte, hatten sich durch das gläserne Cockpit des Helikopters gebohrt.
    Das schlanke Heck des Helikopters lag weiter unten am Abhang. Der kleine Steuerungsrotor ragte auf die Strasse. Dahinter standen ein roter Toyota Land Cruiser der Feuerwehr und ein älterer Polizei-Jeep, die Scheinwerfer abgeblendet. Lokale Polizei und Feuerwehr. Keine Sanität, keine Überlebenden. Die Profis des nationalen Büros für Flugunfalluntersuchungen waren noch nicht da. Oben bei den Umrissen des Cockpits irrlichterten zwei Taschenlampen.
    Winter stieg aus und näherte sich. Der Boden der ungeteerten Strasse war matschig und rutschig. Winter sah überall Trümmer des Helikopters herumliegen. Ein Teil der Verschalung. Winter hob das Blech auf. Voller Russ. Der verbogene Hauptrotor steckte tiefer unten in der Schlucht. Der Pilot hatte wahrscheinlich auf der Alp notlanden wollen, hatte diese nicht mehr erreicht und war stattdessen ins Höllentobel gestürzt.
    Als Winter begann den Hang hochzusteigen, kam ihm der Polizist entgegen: «Das ist eine Unfallstelle. Bitte bleiben Sie auf der Strasse.» Die Stimme von vorhin.
    Winter wollte Anne sehen und kraxelte weiter. Das Unterholz war nass und stachelig, der Untergrund morastig. Bei jedem Schritt sank er eine Handbreit ein und rutschte im Dreck wieder zurück. Der Polizist schlitterte ihm entgegen, kam wegen des glitschigen Untergrundes ganz nah vor Winter zu stehen und unterschritt den Höflichkeitsabstand deutlich. Da er höher stand, überragte er Winter um einen Kopf.
    «Bitte bleiben Sie auf der Strasse», wiederholte der Beamte mit geringer Überzeugungskraft.
    Winter legte seine Hand auf den Unterarm des Polizisten. Damit hielt er sich an ihm fest und beruhigte ihn gleichzeitig. Eine Berührung wirkte oft stärker als viele Worte. Er lächelte und wischte mit einer Geste der anderen Hand die Aufforderung des Polizisten weg. Gewisse Dinge diskutierte man am besten gar nicht.
    «Guten Morgen, Herr Oberholzer.» Mitternacht war vorbei. «Wir
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