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Torchwood 3: Langsamer Verfall (German Edition)

Torchwood 3: Langsamer Verfall (German Edition)

Titel: Torchwood 3: Langsamer Verfall (German Edition)
Autoren: Andy Lane
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Der Himmel nahm allmählich die Farbe eines alten Blutergusses an, während die Sonne sich langsam und unerbittlich auf die Silhouette von Cardiff zubewegte. Gelb und Purpur überlagerten sich entlang des Himmels und gingen als eine Kaskade verstörender Farben ineinander über, wie in einem Gemälde von Edvard Munch. In der Stadt, ihren Gebäuden und auf den Straßen begannen die Lichter aufzuflackern und ersetzten die eigentliche Stadt durch eine pointillistische Kopie ihrer selbst.
    Die Dachfläche des Hochhausblocks, auf dem Gwen stand, war mit Unkraut, Moos und Gras bedeckt. Die Vegetation war aus dem Umland außerhalb von Cardiffs Vororten in Form von Samen oder Sporen nach oben gedriftet. Gwen stand an der Treppe, die zurück nach unten auf die Straße in die rationale Welt führte. Die äußerste Ecke des Gebäudes glich von ihrem Standort aus einer unglaublich steil abfallenden Klippe. Der Mann stand in vollkommenem Gleichgewicht am Rand des Abgrunds, sein Mantel wehte in der Brise nach oben wie Schwingen, bereit zu fallen oder zu fliegen.
    „Wo bekomme ich so einen Mantel her?“, fragte sie.
    „Du musst ihn dir verdienen“, sagte Captain Jack Harkness, ohne sich umzudrehen. „Er ist ein Symbol des Amtes. Wie diese Hüte, die Melonen, bei den Beamten.“
    „Die Beamten tragen doch längst keine Melonen mehr als Kopfbedeckung“, entgegnete sie spöttisch. „Das war in den 1950ern, in der Zeit der Teewagen und Westen. Und ich habe mit einer ganzen Menge von Beamten zusammengearbeitet, als ich noch bei der Polizei war.“ Sie fing sich wieder. „Ich meine, ich war
wirklich
bei der Polizei. Ich
behaupte
das nicht nur, um nicht sagen zu müssen, dass ich meinen Lebensunterhalt mit der Jagd nach außerirdischen Technologien verdiene.“
    „Ich wette darauf, dass sie die immer noch tragen“, sagte Jack. Der Wind zerzauste verspielt sein Haar. „Ich wette, wenn alle öffentlichen Bediensteten morgens in ihr Büro kommen, schließen sie ihre Türen ab und ihre Schreibtischschubladen auf. Dann nehmen sie ihre Dienstmelonen heraus, um sie aufzusetzen, während niemand sie sehen kann. Das ist in etwa wie die Behördenvariante des Ku-Klux-Klans.“
    „Hast du etwas gegen Leute, die im öffentlichen Dienst arbeiten?“
    Er drehte sich immer noch nicht um. „In einem unendlichen Universum“, sagte er, „gibt es zweifellos irgendwo da draußen Planeten, auf denen die gesamte Bevölkerung eine graue Hautfarbe hat, graue Kleidung trägt und graue Gedanken hat. Ich glaube, dass das Universum solche Planeten braucht, aber ich möchte sie ums Verrecken nicht besuchen. Ich ziehe den Gedanken vor, dass es da draußen einen Planeten voller Leute im öffentlichen Dienst gibt. Aber dann gibt es auch einen Planeten, auf dem jeder Bewohner einen organischen Fernseher in den Rücken eingebaut hat, sodass man jedem auf der Straße hinterhergehen kann, um so lange Talkshows und Soaps zu sehen, wie man lustig ist.“
    Der Himmel blutete langsam seine Farben vor Jack Harkness’ Augen aus: Gelb löste sich in Orange auf, Orange verschmolz zu einem Rot und alles tropfte vom Himmel herunter, rutschte über die Kante der hereinbrechenden Nacht und hinterließ nur samtige Dunkelheit.
    Gwen starrte auf Jacks Rücken und versuchte einmal mehr, die komplizierten Gefühle zu ordnen, die sie für diesen Mann hegte. Wenn er über Beamte sprach, die Melonen auf dem Kopf trugen, hörte es sich fast so an, als hätte er sie gerade eben noch durch Cardiffs Straßen flanieren sehen. Wenn er über fremde Planeten sprach, glaubte sie fast, dass er dort gewesen war. Fast. Aber das wäre doch verrückt, oder?
    Sie fragte sich nicht zum ersten Mal, wie ihr Leben ohne Vorwarnung eine so krasse Wendung nehmen konnte. An dem einen Tag hatte sie noch Aussagen aufgenommen und Tatorte abgesperrt, während die Tatortermittler in Overalls Beweismittel aufsammelten und in Tütchen füllten. Am nächsten Tag stand sie plötzlich in der vordersten Verteidigungslinie, um Großbritannien vor … was eigentlich? … zu beschützen. Vielleicht vor einer Invasion? Inbesitznahme? Infiltrierung? Ein ganzer Sack voller Worte begann mit „In“. Dinge kamen halt herein in irgendwas. Rein in ihre Realität. Rein in Cardiff.
    Und das alles nur wegen eines Mannes, der an der Ecke eines zwölf Stockwerke hohen Gebäudes stand. Wegen dieses Mannes, der über ihr Leben hereingebrochen war wie eine Springflut und sie mit Merkwürdigkeiten und Abenteuern geradezu
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