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Der Schwarze Orden

Der Schwarze Orden

Titel: Der Schwarze Orden
Autoren: Colin Forbes
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PROLOG
    Die Dunkelheit war ihr Freund – und ihr Feind.
    Paula Grey traf nach Einbruch der Dunkelheit in der Annagasse in Wien ein. Die Seitenstraße war verlassen. Zu beiden Seiten erhoben sich alte Gebäude wie die Wände einer Schlucht. Die tiefe Stille war beunruhigend, und die Gummisohlen ihrer Schuhe machten auf dem Kopfsteinpflaster kein Geräusch. Sie öffnete die kleine Tür, die in einen der zwei Flügel eines großen Holztors eingelassen war, das früher einmal Pferdefuhrwerken die Einfahrt in den geräumigen Hof dahinter ermöglicht hatte.
    Nachdem sie die Tür leise hinter sich geschlossen hatte, blieb sie stehen, um sich umzusehen und zu lauschen. Immer noch bedrückende Stille. Auf drei Seiten des Hofes befanden sich offene Durchgänge, durch die man über eine Treppe in die einzelnen Wohnungen gelangte. Paula blickte nach oben und sah Licht hinter den geschlossenen Vorhängen von Norbert Engels Wohnung. Tweed hatte sie geschickt, um den einzigen Mann, der Deutschland im Ernstfall vor dem Untergang retten konnte, zu warnen, daß sein Leben in Gefahr war.
    Paula sah auf die Leuchtzeiger ihrer Uhr. Es war elf. Sie war absichtlich früher gekommen, als sie mit Engel telefonisch vereinbart hatte. Als sie wieder nach oben blickte, sah sie, wie ein Vorhang beiseite gezogen wurde. Es war unverkennbar Engel, dessen Kopf im Fenster erschien und nach unten spähte. Dann schloß sich der Vorhang wieder, und der Mann dahinter verschwand. Es sah so aus, als erwartete der Deutsche vor ihr noch anderen Besuch. In diesem Moment hörte Paula, wie die Tür zur Straße aufging. Sie drückte sich in eine Nische und wartete.
    Zu ihrem Erstaunen sah sie eine Frauengestalt den Hof betreten. Sie war in ein bodenlanges schwarzes Gewand gekleidet, ihr Gesicht war hinter einem schwarzen Schleier verborgen. Paula stand vollkommen reglos da und beobachtete, wie die verschleierte Frau den Treppenaufgang zu Engels Wohnung nahm. Traf sich der Witwer Engel heimlich mit einer Frau? Vielleicht mit einer verheirateten Frau – daher die seltsame Verkleidung? Paula wartete.
    Die Stille hatte fast etwas Unheimliches. Von dem Leben auf den Straßen Wiens, auf denen es im Sommer von Touristen wimmelte, war in dem dunklen Innenhof nichts mehr zu spüren.
    Fünf Minuten später erschien die verschleierte Frau wieder in der Tür des Treppenaufgangs, blieb kurz stehen, eilte dann zum Tor und rannte hinaus auf die Straße. Paula sah wieder zum Fenster von Engels Wohnung hoch. Der Vorhang war noch immer zugezogen, das Licht dahinter noch immer an. Warum fühlte sie sich plötzlich so unbehaglich? Die verschleierte Frau konnte auch einen anderen Hausbewohner aufgesucht haben – sah man einmal davon ab, daß nur in Engels Wohnung Licht brannte.
    Paula sah noch einmal auf die Uhr – und traf eine Entscheidung. Obwohl es immer noch zu früh für ihre Verabredung mit Engel war, überquerte sie den Hof und betrat den Treppenaufgang, den auch die verschleierte Frau benutzt hatte. Die alten Steinstufen waren in der Mitte, wo im Lauf der Jahrhunderte unzählige Menschen auf und ab gegangen waren, stark abgetreten. Die Stille war fast unerträglich. Das Haus schien völlig ausgestorben.
    Auf dem ersten Absatz der Wendeltreppe blieb Paula stehen. Als sie nichts hörte, setzte sie ihren Aufstieg fort. Die Wandlampen spendeten nur wenig Licht und warfen beängstigende Schatten an die alten Steinwände. Paula erreichte die vierte Etage.
    Sie war an diesem Tag schon einmal hier gewesen, um sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen und für den Fall, daß sie beschattet wurde, nach möglichen Verstecken Ausschau zu halten. Nun blieb sie abrupt stehen und starrte auf die mit massiven Beschlägen versehene Holztür, die in Engels Wohnung führte. Sie stand offen.
    Zwar nur ein paar Zentimeter, aber weit genug, um einen Streifen Licht durch das Dunkel dringen zu lassen. Instinktiv steckte sie die Hand in ein Fach ihres Umhängebeutels, das eigens so angebracht war, daß sie ihre 32er Browning Automatik im Notfall blitzschnell ziehen konnte.
    Mit der Waffe in der Hand bewegte sie sich auf die Tür zu. Wie es aussah, hatte sich hier jemand schnellstens aus dem Staub gemacht. Ihr Blick fiel auf einen schwarzen Stoffetzen, der neben dem Türrahmen an der rauhen Steinwand hing. Vorsichtig nahm sie ihn mit der linken Hand ab und steckte ihn ein. Sie lauschte auf irgendwelche Lebenszeichen in der Wohnung. Stille.
    Paula drückte die Tür auf, ganz behutsam, damit
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