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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein
Autoren: Susanne U. Wiemer
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zu, als er in das Gewirr der durchsichtigen Trümmer blickte.
    Ein Scherbenhaufen!
    Die Trümmer einer Welt - und ein Alptraum von Zeit schien zu vergehen, bis sich zwischen den Trümmern kaum wahrnehmbar wieder Leben regte.
    *
    Es war die Hölle.
    Ein einziger Blitz hatte in Sekundenschnelle bis auf wenige Ausnahmen die Priesterkaste des Tals ausradiert. Die Tempelstadt sank in Trümmer. Über der Ebene des Tieflands stürzte der Himmel zusammen - doch zumindest hier traf das Inferno die Menschen nicht völlig unvorbereitet.
    Kormak und Jarlon hatten die Stämme bis an den Fuß der Felswände geführt.
    Die große Mauer stürzte ein, riß die Wächter mit in die Tiefe und begrub mehr als zwanzig Menschen unter sich. In dieser Nacht wurden die Sippen von Landre und Schon ausgelöscht, und Ingaret von Thorn starb mit ihren beiden Söhnen. Aber die Felswände hielten stand. Trümmer regneten, einzelne Steinbrocken stürzten herab, doch die meisten, die hier Schutz gesucht hatten, blieben am Leben.
    Fassungslos starrten sie auf das Gewirr von blauen und durchsichtigen Riesenscherben.
    Staub füllte die Luft, und dichter weißer Dampf wirbelte auf, als sich das Wasser des schwarzen Flusses in die Flammenwände ergoß und das Feuer löschte. Kormak hielt den Arm seiner Schwester Tanit umklammert und starrte auf das schimmernde, scharf ausgezackte Gebilde, das schräg über ihm gegen die Felswand gekippt war. Neben ihm hielt Jarlon seine Waffe in der Faust, als könne er sich des Infernos mit dem Schwert erwehren. Kinder weinten. Dort, wo die Mauer zusammengebrochen war, stürzte sich ein Mädchen schluchzend zwischen die schweren Blöcke: Katalin von Thorn, die ihre Mutter und ihre Brüder unter den Trümmern wußte. Schwer atmend löste sich Kormak von der Felswand -dann sprang er plötzlich heftig zur Seite, weil er das Gefühl hatte, daß sich die riesige Scherbe auf ihn herabsenkte.
    Das Trümmerstück rührte sich nicht.
    Immer noch mischten sich Staub und Dampf zu einem undurchdringlichen Nebel. Kormak starrte Jarlon an, der neben einem der herabgestürzten Felsbrocken stand. Eben noch hatte ihn der Steinblock überragt. Jetzt reichte er ihm nur noch bis an die Schulter - und seine aufgerissenen Augen verrieten, daß auch er es bemerkt hatte.
    »Kormak«, stieß er hervor. »Kormak, Tanit - seht ihr es?«
    Der blondhaarige Nordmann nickte und versuchte, ein Zittern zu unterdrücken.
    »Ich sehe es«, flüsterte er. »Wir wachsen, wir werden größer. Es ist so, wie Charru es gesagt hat...«
    Stumm blieben sie stehen.
    Nur allmählich senkte sich die Wolke aus Rauch und Staub.
    In der zerstörten Tempelstadt schrien Menschen in verzweifelter Panik. Und auf dem Plateau unter dem Tor der Götter lag eine Gestalt in einer roten Robe wie eine weggeworfene Puppe.
    Bar Nergal brauchte lange, um zu begreifen, daß das Getöse verebbt war und daß er noch lebte.
    Er lebte!
    Die Welt war untergegangen, und die Götter hatten ihn verschont. Um ihn zu strafen, dessen war er sicher. Ihr Gericht würde furchtbar sein. Der Oberpriester bebte
    an allen Gliedern, und seine fahlen Lippen flüsterten zuckend Beschwörungen, während er mühsam seinen Körper hochstützte.
    Auf den Knien liegend versuchte er, etwas zu erkennen.
    Staub wirbelte um ihn herum, schwarzer Felsenstaub, aber er reichte ihm nur noch bis zu den Schultern. Über den Plateaus hingen weiße Nebelwolken. Jetzt teilten sie sich, und etwas wurde sichtbar. Etwas Großes! Ein gigantischer Schatten, unendlich hoch und...
    Ein langgezogener, kreischender Schrei brach über die Lippen des Priesters.
    Er taumelte zurück, stolperte und prallte hart auf den Rücken. Der Schatten fiel über ihn. Ein Riese! Gewaltiger als die schwarzen Götter! Höher, als es der zusammengebrochene Himmel gewesen war! Die ungeheure Gestalt hielt ein Gigantenschwert in der Faust, dessen Klinge sich langsam senkte, und unendlich weit über sich konnte Bar Nergal das Gesicht des Riesen erkennen.
    Charru!
    Charru von Mornag!
    Auch seine Gefährten waren da,, mächtige, grauenerregende Giganten - und Bar Nergal fühlte den Wahnsinn nach seinem Geist greifen.
    »Gnade!« kreischte er verzweifelt.
    Mit der Behendigkeit der Todesangst rappelte er sich auf, warf sich auf die Knie und streckte flehend die Arme empor. Sein Körper zuckte, die Zähne schlugen wie im Fieber aufeinander. Er schrie und schrie, er heulte und bettelte, und er hörte nicht auf, um Gnade zu winseln, während er das Gefühl
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