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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein
Autoren: Susanne U. Wiemer
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einhüllte, war ganz sicher nicht dafür gebaut, ihn vor einem Angriff zu schützen.
    Conal Nord wartete auf das Schrillen der Alarmanlage.
    Schlief der Observator an seinem Beobachtungsschirm? Nein, sicher nicht - wahrscheinlich hatte er einfach nichts gesehen. Auch Conal Nord wären die Ereignisse entgangen, wenn er sie nicht förmlich erahnt, nicht jeden Zentimeter der Miniatur-Landschaft mit den Augen abgesucht hätte. Er fragte sich, wie lange die Barbaren brauchen mochten, um den Felsengang zu durchqueren. Sie würden den Tunnel erreichen. Und am Ende des Tunnels warteten vermutlich noch ein paar ahnungslose Wächter. Conal Nord wandte den Kopf und blickte zu dem durchsichtigen Kästchen neben der Tür, das den Alarmknopf enthielt.
    Ein Fingerdruck, einige Worte in die Sprechanlage, und der Fall war erledigt.
    Ein paar Laser-Gewehre genügten, um die Flüchtlinge aus sicherer Entfernung zu eliminieren. Sie würden schnell sterben oder, falls sie sich ergaben, gefangengenommen werden.
    Conal Nord wurde sich bewußt, daß er schon viel zu lange gezögert hatte.
    Und er wurde sich bewußt, warum: weil er den Alarm nicht auslösen wollte. Er wollte, daß die Barbaren es schafften. Er wollte, daß sie aus ihrem Gefängnis entkamen und...
    Und was?
    Sie würden Blut und Tod und Gewalt mitbringen. Wohin immer sie sich wandten, würde etwas von dem alten, zerstörerischen Geist der irdischen Vergangenheit in die wohlgeordnete Welt der Vereinigten Planeten einbrechen. Die Barbaren konnten gar nicht anders, als den Frieden und die Ordnung zu bedrohen. Es gab keinen Platz für sie. Weder auf dem Mars noch sonstwo. Nirgends außer in ihrer eigenen Welt unter dem Mondstein, wo sie keinen Schaden anrichten konnten.
    Bitterkeit überschattete Conal Nords Gesicht, als er sich abwandte.
    Er fühlte eine dunkle Trauer - als sei er dabei, etwas Unersetzliches zu zerstören. Aber er hatte gelernt, Gefühle zu ignorieren. Er hatte gelernt, daß Gefühle egoistisch und zerstörerisch waren und daß der Mensch die Pflicht hatte, sein Handeln von den Gesetzen der Vernunft bestimmen zu lassen.
    Die Glasscheibe des Alarmkastens öffnete sich leicht unter seinen Fingern.
    Er drückte den roten Knopf nieder. Schlagartig füllte das gleichmäßige Gellen der Sirene die Luft. Es knackte in der Sprechanlage, dann kam eine erschrockene, aber beherrschte Stimme.
    »Observation, wissenschaftlicher Assistent Nummer, zwölf! Wer spricht? Was ist geschehen? Bitte Meldung!«
    »Hier spricht der Generalgouverneur der Venus«, sagte Conal Nord trocken. »Ich befinde mich in der zentralen Beobachtungshalle des Museums. Es scheint Ihrer Aufmerksamkeit entgangen zu sein, daß soeben fünf Barbaren die Welt unter dem Mondstein durch das Felsentor verlassen haben.«
    »Aber... aber das... das ist...«
    »Das ist nicht möglich, wollen Sie sagen?« Nord lächelte dünn und hob die Schultern, obwohl der andere es nicht sehen konnte. »Wie Sie wollen. Ich habe Alarm gegeben und gemeldet, was ich beobachtet habe. Ob das möglich ist, bleibt Ihrer eigenen Entscheidung überlassen.«
    Mit einer fast sanften Bewegung verschloß Conal Nord das Kästchen.
    Die Sirene würde noch eine halbe Minute weiterheulen, bis sich automatisch alle Funk- und Sprechverbindungen zur Alarm-Kommunikation einschalteten. Danach hatten die Flüchtlinge keine Chance mehr. Sie würden geortet werden, systematisch eingekreist, in die Enge getrieben.
    Und bis dahin, erkannte Conal Nord plötzlich, würden sie längst hier sein.
    Hier! Denn welches andere Ziel sollten sie haben? Dieser Barbarenhäuptling mit seinem wilden bronzenen Gesicht und den blauen Augen hatte nicht umsonst seinen Stolz hinuntergeschluckt und gebeten, ihn zurück unter den Mondstein zu bringen. Er wollte die Freiheit nicht nur für sich selbst oder sein kleines Grüppchen. Er wollte sein Volk befreien, er wollte alles - und deshalb würde er hier und nirgendwo anders auftauchen.
    Conal Nord lächelte versonnen.
    Er hätte sich in Sicherheit bringen sollen, doch er dachte nicht daran. Er dachte nicht einmal an seinen eigenen möglichen Tod. Er wußte, daß sie ihn nicht töten würden, solange er keine Waffe auf sie richtete.
    Ruhig verschränkte er die Arme über der Brust und wartete.
    Die Sirene verstummte. In der jähen Stille konnte er Schritte und durcheinanderrufende Stimmen hören. Die Aufregung mußte beträchtlich sein. Und sie würde die Wachmannschaften der Vollzugspolizei ganz sicher daran hindern, so
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