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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein
Autoren: Susanne U. Wiemer
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rings um die Trümmer, die einmal ihre Welt und ihr Gefängnis gewesen waren. Sie hatten Kriege miteinander geführt - jetzt standen sie Seite an Seite, Überlebende der gleichen Katastrophe, Opfer des gleichen ungeheuerlichen Verbrechens. Zwei Priester in zerfetzten Roben zwischen den blonden, bärtigen Hünengestalten der Nordmänner. Tempeltal-Leute neben Frauen und Männern des Tieflands, Krieger in schimmernden Rüstungen neben abgekämpften Gestalten mit nackten bronzenen Oberkörpern. Ein Tempelsklave, der dem Inferno entronnen war, kauerte auf den Fersen und weinte lautlos. Katalin von Thorn wiegte ein kleines Mädchen aus dem Tal, das seine Eltern verloren hatte. Nur Bar Nergal, der Oberpriester, hockte zusammengesunken an der Wand, stierte blind vor sich hin und schien seine Umgebung nicht wahrzunehmen.
    Conal Nord fühlte immer noch die Spitze des Schwertes an der Kehle.
    Er hatte gewußt, daß Jessardin kommen würde. Auch für den Präsidenten der Vereinigten Planeten gab es Entscheidungen, die zu treffen er sich weigerte. Und wenn er sie am Ende vielleicht doch fällen mußte, würden sie schwer auf ihm lasten, da ihn eine lange Freundschaft mit dem Venusier verband.
    Die Minuten dehnten sich endlos. Eine Ewigkeit schien zu vergehen - dann endlich erklangen Schritte.
    Die Schritte eines einzelnen Mannes, wie Charru sofort erkannte.
    War das eine Falle, ein Trick? Nein, dachte er. Bei seiner ersten Flucht hatte er Simon Jessardin kennengelernt, und er hatte den Mann mit dem Silberhaar für einen Teufel gehalten, aber nicht für einen Feigling.
    Lautlos glitt die weiße, schimmernde Tür auseinander.
    Conal Nord hielt den Atem an. In diesen Sekunden war er nicht sicher, ob sich nicht doch der Haß entladen würde. Aber Charru von Mornag hob nur ganz knapp die Hand, niemand rührte sich, und die Türflügel glitten wieder an ihren Platz, nachdem Simon Jessardin über die Schwelle getreten war.
    Sein kühler, forschender Blick glitt über die Trümmer und die schweigende Versammlung.
    Wenn er irgendeine Gemütsbewegung spürte, so zeigte er sie jedenfalls nicht. Conal Nord kannte die stählerne Beherrschung des Präsidenten. Auf die erschöpften, blutbesudelten Gestalten ringsum mußte sie brutal wirken. Jarlon zitterte vor Zorn. Die Nordmänner ballten die Fäuste. Aber es war nicht nur das verpfändete Wort, .das sie zurückhielt. Sie achteten den Mut - und dieser Mann, der ihnen allein und waffenlos gegenüberstand, war mutig.
    Jessardins Augen wanderten zu Charru von Mornag zurück. Für eine endlose Sekunde kreuzten sich ihre Blicke wie Klingen.
    »Du willst mit mir sprechen?«
    Die Worte tropften in tiefe Stille. Charru hatte sich gestrafft. Sein Körper zeigte noch die blutigen Striemen von den Peitschen der Priester und die Brandwunde, wo ihn der Feuerstrahl gestreift hatte. Das schmale bronzene Gesicht war hart, wirkte älter als noch gestern - unauslöschlich gezeichnet.
    »Ja, ich will mit dir sprechen. Ich will, daß du weißt, was du tust, wenn du deine Bewaffneten auf uns hetzt. Wir wollen kein Blutvergießen. Aber wenn du uns zwingst, werden wir uns unserer Haut wehren. Wenn wir angegriffen werden, stirbt Conal Nord. Als erster, aber nicht als einziger.«
    »Und was verlangt ihr?«
    »Freien Abzug«, sagte Charru ruhig. »Einen Ort, an dem wir leben können. In Freiheit leben.«
    Jessardin hob die schmalen Brauen.
    Kalt und durchdringend starrte er den jungen Barbarenfürsten an. Es war ein Blick, unter dem jeder andere die Augen niedergeschlagen hätte, aber Charru von Mornag erwiderte ihn ohne ein Wimpernzucken.
    »Und wo soll das sein?« fragte Jessardin gedehnt.
    »Das weiß ich nicht. Wir werden einen Ort finden, diese Welt ist groß genug. Wir sind hier, und das heißt, daß unsere Vorfahren entweder hier geboren oder von euch hierhergebracht wurden. Also haben wir ein Recht darauf, in dieser Welt zu leben.«
    Simon Jessardins graue Augen flackerten.
    Ganz kurz nur - er hatte sich sofort wieder in der Gewalt. Noch einmal glitt sein Blick über die zusammengedrängten Männer, Frauen und Kinder, über die Trümmer und die Toten, die die Freiheit der Überlebenden mit ihrem Blut bezahlt hatten.
    »Ihr werdet die Stadt verlassen?« fragte er ruhig.
    »Ja.«
    »Ihr werdet keine Rache üben? Niemanden töten?«
    »Nicht, wenn man uns nicht zwingt. Wir wollen keinen Krieg, sondern Frieden. Die Ebene ist groß, und die Berge sind weit genug entfernt, dort werden wir nichts mit euch zu schaffen
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