Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
Litaneien für jeden Zweck, aber es gab kein Gebet, mit dem man die Götter fragen konnte, ob man ihnen falsch gedient hatte. Die Priester irrten nicht. Das war Gesetz, das war unumstößliches Dogma, das hatte niemand je zu bezweifeln gewagt, ohne es bitter zu bereuen. Bar Nergal erzitterte unter der Erkenntnis, daß er keinen Ausweg wußte. Er breitete die Arme aus, als könne die rituelle Geste die Erleuchtung bringen - und in der gleichen Sekunde hörte er das Geräusch über sich.
    - Ein helles Fauchen und Zischen.
    Ein Laut, wie er ihn in seinem ganzen Leben noch nicht vernommen hatte. Erschrocken riß er den Kopf hoch und fuhr herum. Licht gleißte unter der dunklen Kuppel. Ein Feuerball! Mit halb geblendeten Augen starrte der Priester auf die schreckliche Erscheinung, und in der nächsten Sekunde hatte er das Gefühl, als ob die ganze Welt um ihn herum in Entsetzen gefriere.
    Ein gigantischer Feuerstrahl schoß vom Himmel herab.
    Ein Feuerstrahl, der die Tempelpyramide erfaßte, das ganze Bauwerk in Glut hüllte und in einem einzigen ungeheueren Blitz vom Erdboden tilgte.
    Einen Herzschlag nur dauerte das Inferno. Der Feuerstrahl erlosch, ließ flimmernden Dunst zurück - und der Tempel war ein Haufen schwarzer, zusammengeschmolzener Trümmer.
    Bar Nergal schwankte.
    Zitternd sank er zu Boden, weil die Knie unter ihm nachgaben. Der Weltuntergang! Das Gericht der Götter! Der rächende Blitzstrahl war aus der Ewigkeit herabgefahren und...
    Ein unheimliches Knirschen und Klirren ließ den Oberpriester von neuem den Kopf heben.
    Er sah die Bresche in der blauen Kuppel.
    Er sah das weiße Licht hereinfallen, salb die Risse, die nach allen Seiten über den Himmel liefen - und er sah, wie ein Stück dieses Himmels abbrach und gleich einer gigantischen Tonscherbe mitten in die Tempelstadt krachte.
    Bar Nergal warf sich mit einem unartikulierten Schrei zu Boden, krallte die Finger in die Felsen und wartete darauf, daß die zürnenden Götter ihn erschlugen.
    *
    Es war, als fege ein Sturm durch die Museumshalle.
    Das ohrenbetäubende Klirren, das Geschrei der Wächter, das Fauchen der Strahlenwaffen mischten sich zum Inferno. Charru stand starr, wie versteinert, und versuchte verzweifelt, einen klaren Gedanken zu fassen. Vor ihm verwandelte sich die Halbkugel des Mondsteins in einen Trümmerhaufen. Seine Gefährten waren instinktiv an die Wände zurückgewichen. Aber auf der, Galerie erschienen immer mehr Wächter mit ihren Waffen - und diese Waffen konnten binnen Minuten alles Leben im Raum vernichten.
    Charru fuhr herum, das Schwert in der Faust.
    Conal Nord stand immer noch am gleichen Platz, auch er wie versteinert, gelähmt vom Grauen des Augenblicks. Er starrte in die zusammenstürzende Halbkugel und er brauchte länger als die verzweifelten, an Kampf und Grauen gewöhnten Krieger des Tieflands, um den Schock abzuschütteln.
    »Zur Seite!« schrie einer der Wächter beschwörend.
    Conal Nord zuckte zusammen und Charru begriff in der gleichen Sekunde, welche Chance jetzt noch blieb.
    Mit einem Panthersatz erreichte er den Venusier, packte ihn am Arm und riß ihn zu sich heran.
    Das Schwert blitzte auf. Nord warf sich zurück, spürte den harten, muskulösen Körper, gegen den er prallte und dann erstarrte er, als er die rasiermesserscharfe Klinge an seiner Kehle fühlte.
    »Aufhören!« schrie Charru über den Lärm hinweg. »Aufhören, oder ich werde ihn töten!«
    »Er hat Nord!« kreischte jemand hysterisch.
    »Nicht schießen! Der Generalgouverneur! Halt! Aufhören...«
    Stille sank herab.
    Bleich und entsetzt starrten die Wächter über die weiße Brüstung. Charrus Faust umklammerte das Schwert, und seine Linke hielt den Arm des Venusiers wie in einem Schraubstock gefangen.
    »Schick sie weg!« zischte er. »Sag ihnen, daß ich dir die Kehle durchschneide, wenn sich noch ein einziger Bewaffneter hier sehen läßt! Los, mach schon!«
    Conal Nord holte vorsichtig Luft.
    »Zieht euch zurück«, befahl er knapp. »Kein weiterer Angriff! Der Chef des Vollzugs soll sich mit Jessar...«
    Er brach ab, weil sich der Druck der Klinge an seiner Kehle verstärkte.
    Zögernd, verwirrt und sichtlich überfordert zogen sich, die Wächter zurück. Die Türen schlossen sich - und in der jähen Stille war etwas zu hören, das wie dünnes, unendlich fernes Geschrei klang.
    Mit einem tiefen Atemzug ließ Charru das Schwert sinken.
    Nur wenige Sekunden waren vergangen. Er wandte sich um, und kalte Angst schnürte ihm die Kehle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher