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0223 - Sie würfelten um unser Leben

0223 - Sie würfelten um unser Leben

Titel: 0223 - Sie würfelten um unser Leben
Autoren: Sie würfelten um unser Leben
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Der Mann löste sich vom Laternenpfahl, spuckte die Zigarette aus, die erloschen zwischen seinen Lippen hing, nahm die Hand aus der Tasche seines schäbigen Trenchcoats und vertrat mir den Weg.
    »Stop, G-man!«, stieß er rau hervor. »Und halte deine Hände weit genug von deinen Taschen weg!«
    Die Laterne, die einzige auf diesem Stück der 19th Street, gab genügend Licht, um mir zu zeigen, dass der Mann einen überzeugenden Grund für seinen Befehl in der Hand hielt: Eine bildschöne Pistole.
    Ich blieb stehen.
    »Ich fürchte, deine Späße sind nicht sehr gut«, sagte ich.
    Mit einer nervösen Bewegung seiner linken Hand schob sich der Mann den Hut aus dem Gesicht. Die Laterne beleuchtete sein langes, mageres Gesicht mit den überraschend großen, leicht vorquellenden Augen und dem schmalen, zuckenden Mund.
    »Hallo, Benny!«, rief ich überrascht.
    »Das Ding da in deinen Fingern ist doch nicht dein Ernst?«
    »Das wirst du sehen«, antwortete er düster.
    Ich wollte die Hände in die Manteltasche stecken, aber als er die Bewegung sah, schrie er fast hysterisch: »Weg mit den Pfoten!«
    Ich kannte Benny Melroy seit vier oder fünf Jahren. Am Anfang unserer Bekanntschaft hatte ich ihm drei Jahre schweren Kerkers verschafft, weil er in der Bande von John Wright mitgemischt hatte. Wegen guter Führung wurde Benny vorzeitig entlassen und verdiente seitdem seinen kärglichen Lebensunterhalt als kleiner Spieler, der seine Kunden unter Provinzlern fand, die mit den Karten nicht so gut umzugehen verstanden wie er. Jedenfalls war eine Pistole in seiner Hand so fremd, wie ein Malerpinsel in der meinen.
    »Bist du übergeschnappt, Benny?«, fragte ich ruhig. »Komm nicht zu nahe mit dem Finger an den Abzug. Das Ding könnte losgehen, und der Schaden wäre nicht mehr gutzumachen. Stecke das Spielzeug weg und sag mir, was du von mir willst!«
    Ich konnte hören, wie seine Zähne aufeinanderschlugen, aber er brachte den Satz heraus: »Ich lege dich um, G-man!«
    Ich grinste. »Warum, Benny? Wegen der drei Jahre? Ich dachte, die hättest ' du längst verschmerzt. Lass den Unsinn sein! Du weißt doch, dass jemand, der leichtsinnig mit einer Kanone umgeht, Gefahr läuft, auf dem elektrischen Stuhl gebraten zu werden.«
    »Ich lege dich um!«, wiederholte er.
    Irgendetwas war los mit Benny Melroy. Er stand nicht sicher auf den Beinen, sein Oberkörper schwankte, und sein Kinn zitterte wie in einem Krampf. Vielleicht war er betrunken, vielleicht hatte er auch eine Portion Rauschgift im Körper. In solchem Zustand wurden auch harmlose Typen unberechenbar und gefährlich. Aber ich konnte nicht begreifen, warum er sich ausgerechnet mich ausgesucht hatte. Drei Jahre Gefängnis sind schließlich für einen kleinen Gangster nicht mehr als einkalkuliertes Berufspech, und kein Grund, den Cop oder G-man, der sie ihm besorgt hat, vier Jahre danach ins Jenseits zu befördern.
    Ich streckte die linke Hand aus.
    »Benny«, sagte ich sanft, »du gibst mir jetzt die Kanone zur Verwahrung. Dann gehen wir irgendwo einen Schluck nehmen, und du erzählst mir, was dich dazu bewogen hat, ein gefährlicher Mann werden zu wollen.«
    Für zwei Sekunden sah es fast so aus, als wolle er auf meinen Vorschlag eingehen. Er setzte einige Male zum Sprechen an. Ich glaubte sogar zu sehen, dass seine Augen feucht wurden, als wolle er jeden Augenblick zu heulen beginnen. Dann aber verzerrte sich sein Gesicht. Er stieß mir die Hand mit der Pistole entgegen und brüllte: »Umdrehen! Dreh dich um, du…« Er warf mir ein massives Schimpfwort an den Kopf.
    Okay, wenn Melroy keine Vernunft annehmen wollte, so hatte er sich die Folgen selbst zuzuschreiben.
    Ich drehte mich langsam um, und als ich ihm den Rücken zuwandte, winkelte ich den rechten Arm an, sodass die Hand sich in der Nähe meiner Smith & Wesson befand, die ich wie immer im Schulterhalfter trug.
    Ich traute dem Jungen, der da mit einer Pistole herumfuchtelte, als Schützen nicht viel zu, aber immerhin ist es nicht schwierig, auf drei Schritt Entfernung den Rücken eines Mannes zu treffen.
    Ich hörte seine hastigen Schritte, spürte den Druck des Pistolenlaufs gegen meinen Rücken.
    »Vorwärts, G-man«, sagte er. »Geh jetzt und…«
    In diesem Augenblick tat ich zwei Dinge gleichzeitig. Ich drehte mich blitzschnell um und versuchte mit der linken Hand Melroys Pistole zu erwischen, während ich mit der rechten die Smith & Wesson aus dem Halfter fischte.
    Melroy reagierte prompter, als ich erwartet
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