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Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um
Autoren: Mary Higgins Clark
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gibt?«
    Zumindest gibt es dich dort nicht, dachte Lacey mit einem schwachen Grinsen. Ihr Schwager Jay Taylor, Inhaber eines florierenden Unternehmens für Gastronomiebedarf, gehörte nicht zu den Menschen, die ihr besonders sympathisch waren.
    Doch sie hielt sich vor Augen, daß Kit ihn über alles liebte.
    Außerdem hatten sie drei wunderbare Kinder. Es stand ihr also nicht zu, abfällig über ihn zu urteilen. Wenn Jay nur nicht so geschwollen daherreden würde, dachte Lacey. Einige seiner Verlautbarungen hörten sich an wie ein päpstlicher Erlaß.
    Als sie in die Route 4 einbog, wurde ihr klar, wie sehr sie sich auf das Wiedersehen mit den anderen Familienmitgliedern freute. Ihre Mutter, Kit und die Kinder – der zwölfjährige Todd, der zehnjährige Andy und ihr besonderer Liebling, die schüchterne vierjährige Bonnie. Als sie an ihre Nichte dachte, fiel ihr auf, daß ihr die arme Isabelle Waring und ihre Worte den ganzen Tag nicht aus dem Kopf gegangen waren. Es war kaum zu ertragen, die Trauer dieser Frau mitanzusehen. Sie hatte darauf bestanden, daß Lacey zum Kaffee blieb, und dabei weiter über ihre Tochter gesproche n.
    »Nach der Scheidung bin ich wieder in meine Geburtsstadt Cleveland gezogen. Damals war Heather fünf. Als Kind
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    pendelte sie zwischen mir und ihrem Dad hin und her, was großartig geklappt hat. Ich habe wieder geheiratet. Bill Waring war zwar viel älter als ich, aber wir führten eine gute Ehe. Vor drei Jahren ist er gestorben. Ich habe so gehofft, daß Heather den Richtigen kennenlernt und eine Familie gründet. Aber sie beharrte darauf, zuerst Karriere zu machen. Allerdings hatte ich kurz vor ihrem Tod den Eindruck, daß es einen Mann in ihrem Leben gab. Vielleicht irre ich mich, aber ich glaubte es an ihrer Stimme zu hören.« Dann schlug Isabelle einen mütterlichen Ton an: »Was ist mit Ihnen, Lacey? Sind Sie verheiratet? Haben Sie einen Freund?«
    Beim Gedanken an diese Frage huschte ein gequältes Lächeln über Laceys Lippen. Nicht daß ich wüßte, dachte sie. Seit ich die magischen Dreißig überschritten habe, höre ich meine biologische Uhr ticken. Ja, ich liebe meinen Beruf, meine Wohnung, meine Familie und meine Freunde. Ich führe ein angenehmes Leben. Also habe ich kein Recht, mich zu beklagen. Irgendwann passiert es schon.
    Ihre Mutter öffnete die Tür. »Kit ist in der Küche, und Jay holt die Kinder ab«, erklärte sie, nachdem sie Lacey liebevoll umarmt hatte. »Und drinnen sitzt jemand, mit dem ich dich gern bekannt machen möchte.«
    Lacey war überrascht und auch ein wenig schockiert, als sie vor dem großen Kamin im Wohnzimmer einen fremden Mann stehen sah, der einen Drink in der Hand hielt. Verlegen stellte ihre Mutter ihn als Alex Carbine vor und sagte, sie hätten einander vor vielen Jahren gekannt. Durch Jay, der Alex' neues Restaurant in der 46. Straße West ausgestattet habe, seien sie einander vor kurzem wieder begegnet.
    Lacey schüttelte dem Mann die Hand und sah ihn prüfend an.
    Etwa sechzig, dachte sie. So alt wie Mom. Macht einen guten, seriösen Eindruck. Und Mom ist vollkommen aufgekratzt. Was wird hier gespielt? Sobald sie sich loseisen konnte, ging sie in die modern ausgestattete Küche, wo Kit gerade den Salat
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    anmachte. »Wie lange läuft das schon?« fragte sie ihre Schwester.
    Mit ihrem blonden Pferdeschwanz sah Kit aus wie eine Vorzeigehausfrau. Sie grinste. »Seit ungefähr einem Monat. Er ist sehr nett. Jay hat ihn zum Essen mitgebracht, als Mom gerade bei uns war. Alex ist Witwer und schon seit vielen Jahren in der Gastronomie. Aber ich glaube, das hier ist sein erstes eigenes Restaurant. Wir waren schon dort. Ein gut geführtes Lokal.«
    Als die Vordertür krachend ins Schloß fiel, zuckten die beiden Schwestern zusammen. »Vorsicht«, warnte Kit. »Da kommen Jay und die Kinder.«
    Seit Todd fünf Jahre alt war, unternahm Lacey mit ihm und später auch mit den anderen Kindern regelmäßig Streifzüge durch Manhattan. Sie wollte, daß sie die Stadt so erlebten wie sie damals mit ihrem Vater. Diese Ausflüge nannten sie Jack-Farrell- Tage, und sie besuchten Matineen am Broadway (inzwischen hatte sie Cats schon fünfmal gesehen) und Museen (das Museum of Natural History mit seinen Dinosaurierskeletten gefiel den Kindern mit Abstand am besten). Sie durchwanderten Greenwich Village, fuhren mit der Straßenbahn nach Roosevelt Island, nahmen die Fähre nach Ellis Island, aßen oben im World Trade Center zu Mittag und liefen auf
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