Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sieh dich nicht um

Sieh dich nicht um

Titel: Sieh dich nicht um
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
gefühlt. Sie war hier nicht glücklich.
    Sie hätte nie aus Cleveland wegziehen sollen.«
    »Aber sie hat es getan, und du bist ihr begegnet. Und jetzt komm, Jimmy, der Bürgermeister wartet.«

    -26-

    2

    In den nächsten Wochen führte Lacey acht Interessenten durch die Wohnung. Zwei davon waren offensichtlich nur neugierig, die Sorte Leute, denen es Spaß macht, die Zeit von Immobilienmaklern zu verschwenden.
    »Aber man kann nie wissen«, sagte Lacey zu Rick Parker. Es war früher Abend, und sie wollte gerade nach Hause gehen, als er vor ihrem Schreibtisch stehenblieb. »Man schleppt jemanden ein Jahr lang von Objekt zu Objekt und schwört sich, lieber zu sterben, als noch mal einen Termin mit diesem Menschen zu machen. Und dann blättert ausgerechnet der unwahrscheinlichste Kandidat eine Million Dollar für eine Wohnung hin.«
    »Du hast eben mehr Geduld als ich«, sagte Rick. Sein ebenmäßiges, aristokratisches Gesicht zeigte Widerwillen. »Ich kann Leute nicht ausstehen, die sich nicht entscheiden können.
    Übrigens: RJP will wissen, ob du schon einen ernsthaften Interessenten für Mrs. Warings Wohnung hast.« RJP war Ricks Spitzname für seinen Vater.
    »Ich glaube nicht. Aber wir haben sie ja noch nicht lange im Programm. Morgen ist ein neuer Tag.«
    »Danke, Scarlett O'Hara. Ich richte es ihm aus. Bis bald.«
    Lacey schnitt hinter seinem Rücken ein Gesicht. Heute war Rick ganz besonders schlechtgelaunt gewesen. Welche Laus ist ihm wohl über die Leber gelaufen? fragte sie sich. Und warum interessierte sich sein Vater, der sich sonst nur mit Luxusobjekten wie dem Plaza Hotel befaßte, für Isabelles Wohnung? Was soll das?
    Lacey schloß ihren Schreibtisch ab und rieb sich die Schläfen.
    Kopfschmerzen kündigten sich an, und sie bemerkte auf einmal,
    -27-

    wie müde sie war. Seit ihrer Rückkehr aus dem Urlaub hatte sie sich keine ruhige Minute gegönnt. Sie hatte alte Projekte abgeschlossen, neue Objekte akquiriert, sich mit Freunden verabredet, Kits Kinder für ein Wochenende zu sich genommen und viel Zeit mit Isabelle verbracht…
    Mittlerweile rief Isabelle sie täglich an und lud sie häufig in die Wohnung ein. »Lacey, kommen Sie doch zum Mittagessen.
    Irgendwann müssen Sie doch Hunger haben«, sagte sie dann.
    Oder: »Möchten Sie auf dem Heimweg nicht auf einen Sprung bei mir reinschauen und ein Glas Wein trinken, Lacey? Wenn es dämmert, fühle ich mich immer so einsam.«
    Lacey blickte auf die Straße hinunter. Lange Schatten lagen auf der Madison Avenue, ein deutliches Zeichen dafür, daß die Tage allmählich kürzer wurden. Um diese Tageszeit kann einem wirklich einsam zumute werden, dachte sie. Isabelle ist so traurig. Jetzt zwingt sie sich, die ganze Wohnung durchzusehen und Heathers Kleider und persönliche Habe zu sortieren. Eine Menge Arbeit, anscheinend war Heather eine Sammlernatur.
    Es ist schließlich nicht zuviel verlangt, daß ich Isabelle hin und wieder besuche und ihr zuhöre, überlegte Lacey. Es macht mir nichts aus, denn ich habe sie wirklich gern. Inzwischen ist sie wie eine Freundin für mich. Aber Lacey gestand sich ein, daß Isabelles Trauer in ihr die Gefühle wachrief, die sie damals beim Tod ihres Vaters empfunden hatte.
    Sie stand auf. Ich gehe nach Hause und falle tot um, dachte sie. Ich bin schrecklich müde.
    Zwei Stunden später, um neun Uhr, fühlte sich Lacey nach einem ausgiebigen Bad im Whirlpool wieder erfrischt. Sie machte sich ein Brot mit Speck, Salat und Tomate, das Lieblingssandwich ihres Dads, für ihn immer der definitive New Yorker Mittags-Snack.
    Da läutete das Telephon. Lacey wartete, bis der Anrufbeantworter ansprang, und hörte Isabelle Warings
    -28-

    vertraute Stimme. Lacey beschloß, nicht an den Apparat zu gehen. Sie hatte einfach keine Lust auf ein zwanzigminütiges Telephongespräch.
    Zögernd und leise sprach Isabelle weiter, doch sie klang fast flehend. »Lacey, wahrscheinlich sind Sie nicht zu Hause, aber ich muß Ihnen etwas erzählen. Ich habe Heathers Tagebuch in dem großen Wandschrank gefunden. Nachdem ich darin gelesen habe, bin ich ziemlich sicher, daß ich doch nicht verrückt bin.
    Ihr Tod war kein Unfall. Vielleicht kann ich beweisen, daß jemand sie beseitigen wollte. Alles weitere erkläre ich Ihnen morgen.«
    Kopfschüttelnd hörte Lacey zu. Dann schaltete sie den Anrufbeantworter ab und stellte das Telephon leise. Am besten war es, wenn sie überhaupt nicht mitbekam, ob jemand sie zu erreichen versuchte. Den restlichen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher