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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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streiten, wo der Weg
dich führt zum Gipfel glänzendster Erfüllung!
    So endete sein erstes Drama FEUERFLUG. So begann ein Dichterleben, das durch die Kunst höher stand als jedes andere:
    Was begriff der Vater vom Glühen des Geistes, von diesen seligen Perlen des Blutes, vom Glücksschrei der Seele, der den Atem raubte, als das Werk nun vollendet war und vor dem Verfasser lag, ein dicker Stapel von Pergamenten, eng beschrieben. So mag eine Mutter ihr Neugeborenes betrachten, glänzenden Auges, trunken vor Glück und auf den Lippen den stummen Schrei:
    GOTT, MEIN GOTT, WIE DANKE ICH DIR!
    Ja, eine Mutter und ein Dichter finden ihre Seelen im gleichen Gefühl, denn beide scheuen kein einziges Opfer, um der Erfüllung Preis.
    Was war die kalte Ablehnung des Vaters, ja dessen animalischer Haß gegen dieses Wunder der Eigenschöpfung seines Sohnes? Was galt die Wut gegen den Sphärenflug jubelnder Jugend? Das Schicksal hielt die Waage zwischen Vater und Sohn, zornig warf ersterer den Tod der Mutter in die Schale, und diese sank, sank, sank immer tiefer. Da ergriff ein Schaudern die Seele des Sohnes, er raufte sich die Haare, weinend, schluchzend, und schrie: »Ich war ein Kind! Was Unverstand verschuldete, soll es mein ganzes Leben zerstören? Nein! Hör mich, o Mutter, Mutter, wußte ich von irgendeiner Verantwortung, als du durch mich sterben mußtest? Wie kann Ahnungslosigkeit den Menschen verfolgen, bis sie ein zweites Opfer fordert – mich! Mutter, o Mutter, hilf mir! Mutter, ich zerbreche!«
    Da hob sich sachte die Schale wieder und schwebte zurück zum pendelnden Gleichgewicht.
    Starr sah der Vater auf die Waage. Gab es im Schicksal selbst nicht die Gerechtigkeit? Hatte er nicht die Hälfte seines Lebens verloren durch den Tod der Gefährtin, die Hälfte seiner Kraft und seinen ganzen Frohsinn? Lebte er denn nicht, weil er eben noch leben mußte, da es eine Sünde gegen den Schöpfer gewesen wäre, der Gattin freiwillig in den Tod zu folgen?
    Sein Sohn?
    Was war das für ein Wort – Sohn? Ja, er hatte einmal einen Sohn gehabt, erinnerte er sich, aber dieser starb, als er sechs Jahre alt war, starb mit der Mutter am gleichen Tag. Nur einen Sarg trug man zwar aus dem Haus, jedoch der zweite stand und wurde beigesetzt in seiner – des Vaters – Brust. Das Herz zerbrach, weil es dem Druck nicht mehr die nötige Kraft entgegensetzen konnte, und in der Brust zurückblieb nur der Sarg, hölzern, kalt, gefühllos, das Gefäß eines Toten.
    Verlor der Vater nichts? War er noch Mensch?
    Je klarer eine Frage, desto ungefärbter die Antwort.
    »Schicksal«, sagte er, »in die Schale deiner Waage werfe ich mein Leben; sie möge sinken, sinken, hinabsinken ins Bodenlose, denn boden-, tiefenlos ist auch mein Schmerz.«
    Und siehe da, die Schale sank …
    Starr blickte der Sohn auf das langsam abwärtsschwebende Schicksal, betäubt von der Erkenntnis, erschüttert von der Zerrissenheit der väterlichen Seele, gebannt vom Kampf um seine eigene Erhaltung oder sein Verderben.
    Vater! Kannte der Sohn das Gefühl des Leitens, Ermahnens, Gebens, Ratens und Verzeihens durch den Vater?
    O nein, das Gefühl des Getretenseins war der Zollstab, mit dem väterliche Liebe zu messen er hatte lernen müssen, Liebe, die in Haß sich gewandelt hatte und zur Marter eines Daseins geworden war.
    Da brach es aus ihm heraus, ein Lavastrom aus dem Krater eines Vulkans, ein Flammenbündel, gewaltiger, lodernder als der FEUERFLUG, und der Brand wuchs, wuchs, die Lohe züngelte hin zur Waage, und seine Stimme schrie durch den Brand: »Verzeihen lernt uns Gott! Die Kunst ist Edelsinn! Edelsinn ist Ideal! Ideal ist stets die Jugend! Jugend will schäumen, atmen, leben! Auch ich will leben, hörst du, Schicksal, leben, streben, wachsen, schenken! Denn ich bin die Jugend!«
    Hoch schnellte die Schale, höher, immer höher, hinauf ins Blau des Äthers, durch die Wolken, über Sterne, Sonnen, Welten, höher, höher bis zu den Füßen Gottes.
    Und aus der Schale klang die Stimme des Dichters: »Vater, du liebst mich, du gabst mir die Kunst. In deinen Armen suche ich Kraft, um der Qual der Welt zu trotzen.«
    Und lächelnd im Wissen streichelte Gott die Schale des Schicksals.
    So entschied sich in den Seelen der Kampf zwischen Vater und Sohn, und der Vater brach ächzend zusammen, weil der Sohn ein Künstler war.
    Im Leben des Menschen ist die Erkenntnis der sicherste Weg zur Vollendung – wenn auch der steinigste. Aber gerade diese Steine, deren mühsame
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