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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Handelsherrn, das oft von ihm zu hören war, »träumt nicht.«
    Und im Hinblick auf seinen Sohn fügte er manchmal hinzu, daß es ihm, dem Vater, schon gelingen werde, aus gärendem Most einen edlen Wein zu keltern, selbst wenn dieser Prozeß Jahre in Anspruch nehmen sollte.
    Im Zimmer des jungen Mannes, der sich beim Verlassen des Klosters die Zukunft doch etwas anders vorgestellt hatte, hing ein Bild seiner verstorbenen Mutter an der Wand, mit der er, wenn er sich unbeobachtet wähnte, oft stumme Zwiesprache hielt.
    Sie, deren Güte aus seiner frühen Kindheit noch in die Gegenwart herüberleuchtete, hätte ihn verstanden. Ihre frohe Stimme klang in ihm häufig wider, sie weckte in seiner Phantasie den Gesang der Vögel, beschwor den kleinen Garten mit den Obstbäumen herauf, unter denen er spielend saß.
    Sie hatte ihn gestreichelt, wenn dem Vater – sicher nicht immer zu Unrecht – die Hand ausgerutscht war. Ihr Auge war weich, gütig, tröstend gewesen, und der Tränenfluß des Kindes hatte dadurch stets rasch wieder ein Ende gefunden.
    Aber dann war jener fürchterliche, entsetzliche, grauenvolle Tag gekommen …
    Mutter aß leidenschaftlich gern Pilze, ohne sie zu kennen. Ihr kleiner Sohn, der um ihre Vorliebe wußte und ihr eine Freude machen wollte, sammelte einige Champignons, auf die er zufällig stieß. Und wieder einmal passierte dabei die gefährlichste Verwechslung, die von der Natur im Reich der Pilze zugelassen wird. Ein Knollenblätterpilz geriet unter die Champignons. Kein anderes Mitglied der Familie mochte Pilze, so wurde das Gericht von Mutter allein verzehrt, die dadurch rettungslos verloren war.
    Als sie sich stöhnend im Bett wälzte, saß ihr Mann dabei, den Kopf in den Händen vergraben, und schluchzte. Das Gesinde betete. Der Arzt zuckte hilflos die Schultern. Kerzen brannten.
    Dann war alles vorbei. Man führte das Kind, welchem der Vater die Schuld an der Katastrophe beimaß, ins Zimmer des Todes. In einer weißen Kissenfülle, umgeben von einem Meer von Blumen, lag unglaublich still und regungslos die Mutter, mit wächsernem Gesicht, einen Rosenkranz um die gefalteten Hände gewickelt. Die Blumen rochen fremd. Wenn die Tür ging, flackerten die Kerzen.
    Der Kleine fragte die Mutter, warum sie nicht aufstehe.
    »Mama schläft«, wurde ihm geantwortet.
    Sie schlief inmitten ihrer Blumen und Kerzen, die immer wieder erneuert wurden, zwei Tage lang ganz fest. Dann verreiste sie, ohne Abschied von ihm zu nehmen. Er sah sie nicht mehr, weil er von einer alten Tante, die er kaum kannte, auf seinem Zimmer festgehalten wurde. Zu hören war, daß Unruhe im Haus herrschte. Die Tante fing an zu weinen, schien aber ihre Tränen vor dem Kleinen verbergen zu wollen. Man spürte, daß sich nicht wenige Menschen im Haus befanden, die nicht hierhergehörten. Schließlich schienen alle zu gehen, denn es wurde ganz, ganz still. Grabesstill.
    »Wann kommt Mama wieder?« fragte der Kleine ratlos.
    »Bald«, erwiderte die Tante, der dabei verstärkt die Tränen aus den Augen liefen.
    Seit diesem Tag war der Vater anders zu ihm, ließ ihn buchstäblich links liegen, bis er ihn endlich sogar aus dem Haus schaffte, indem er ihn in die Klosterschule steckte.
    Eine Wand stand zwischen den beiden, immer noch, obwohl nun viele Jahre vergangen waren und aus dem unverständigen Kind ein einsichtiger junger Mann geworden war, der selbst auch litt unter dem, was geschehen war.
    In seiner seelischen Spannung gedieh die Arbeit an seinem Drama nur sehr langsam. Niemand durfte sich darüber wundern. Dennoch gewann das Werk Konturen, wurde der flackernde Feuerflug mehr und mehr zu einem lodernden Brand. Die Glut wuchs zur Flamme, die Flamme zum Feuermeer.
    Tyrannen fielen unter Verschwörerdolchen, das Volk stürmte die Paläste – Feuer, Feuer, Auflehnung, Fluch, Verdammnis.
    Die Revolution in seinem Inneren bannte der junge Dichter wie im Fieber auf Pergament.
    Er glich einem neuen Vulkan, der plötzlich ausbricht und die Region um ihn herum, die alten Zustände unter seinen brodelnden Lavamassen begraben will.
    O Bruder, ringe dich empor zu der
uns allen nötigen Erkenntnis,
erreiche mit der Kraft, was ich
im Mut verlor, weil ich zu blind
den Schlichen dieser Erde gegenüber
zu sehr auf mich und nicht auf List getraut.
Sei Held, jedoch verbanne aus dem Kreis
das zu sehr drängende, gehob'ne Ich,
das dich erniedrigt, wo du höher strebst.
Errett mein Volk, dem Erbe treu
ergeben und in Ehrfurcht stark,
stets dort zu
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