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Sieg des Herzens

Sieg des Herzens

Titel: Sieg des Herzens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Überwindung uns oft die Frage aufdrängt: »Ist es das wert?« – diese Steine des Schicksals sind die Proben unseres Willens, unserer Herzen, sind die Klippen, mit denen fertig zu werden der Starke auserkoren ist. Hinter ihnen erst liegt meistens die Wahrheit.
    Je näher du dem Ziele kommst, um so höher, breiter, schroffer, abweisender werden die Klippen. Die meisten Menschen scheitern an ihnen, wenige erklettern sie, jauchzen auf der Höhe, doch der Blick zurück erweckt in ihnen das Schwindelgefühl, die Angst vor dem Sturz; sie taumeln suchen krallend Halt und stürzen.
    Ein Mann jedoch erreichte das Ziel und gab es nicht mehr auf, lachend, unbeschwert, dem Glanz der Sonne zugewandt.
    »Halt!« riefen die Kämpfenden, »halt, Freund, Bruder! Sag uns den Weg! Bist du nicht einer wie wir, ein Mensch? Willst du uns nicht auch das Licht gönnen? Sag uns den Weg! Wie kannst du uns ihn neiden, wie kannst du uns das mißgönnen, was du selbst besitzt?«
    »Seht, Brüder«, sprach der Lichtgeweihte, »an euren Worten brecht ihr schon entzwei. Ihr denkt von mir, was eure Seelen fühlen und auch täten, jedoch ihr selbst wollt das nicht wissen und dünkt euch rein.«
    »Welch ein Gerede!« schrie die Menge. »Sag den Weg und schweige von Moral!«
    Mitleidig lächelnd trat der Sieger da zurück in seinen Sonnenglanz.
    »Der Weg ist Selbsterkenntnis.«
    Nach langem innerem Kampf sah der Vater das Vergebliche seiner Bemühungen ein, aus dem Sohn den richtigen Erben seines Geschäfts zu formen. Da er aber keinen zweiten Sohn – oder eine Tochter – hatte, blieb nichts anderes übrig, als den jungen Mann in der Firma sozusagen mitzuziehen und dabei zu hoffen, daß im Lauf der Zeit doch noch irgendwie ein Juniorchef zustande kam, der einigermaßen brauchbar war.
    Die Laufbahn des Jünglings fand also nun auf Geheiß des Seniorchefs eine Fortsetzung im Versandkontor. Dort mußte der verhinderte Dichter die täglichen Ein- und Ausgänge der Waren eintragen, die Lagerbestände registrieren und sich mit der Erstellung sauberer Bilanzen vertraut machen. Der erste Buchhalter hatte dabei vom Alten natürlich wieder den Auftrag, besonders strenge Maßstäbe anzulegen.
    Mit stoischem Gleichmut ertrug der Feuergeist den Stumpfsinn der neuen Arbeit. Wenn er vom Buchhalter, dessen Eifer, dem Seniorchef zu Diensten zu sein, sich überschlug, gerügt wurde, widersprach er mit keinem Wort, sondern begnügte sich damit, durch den Mann hindurchzusehen.
    Stumm, gesenkten Hauptes, saß er an seinem hohen Faktoreitisch und schrieb, rechnete, verglich und legte ab.
    An den Abenden jedoch pflegte er sich regelmäßig zu verwandeln, und so, wie sich aus der Puppe die Pracht des Schmetterlings schält, wurde aus dem Schreiber der Dichter mit den glänzenden, der Welt auf den Grund sehenden Augen.
    Und eines Nachts legte er das Fundament seines zweiten Dramas DAS DUMPFE HERZ.
    Mit einem großartigen Prolog ließ er einen Eremiten auftreten, der vor den Menschen in die Einsamkeit geflohen war, weil die Erkenntnis des Menschlichen ihn fast zum Wahnsinn trieb:
    Geht, geht, in euren Augen wohnt
die Pest, die fluchbeladen, stets
zum Greifen an der Reinheit sich
bereitend, von euch durch eurer Worte,
durch eurer Taten, Blicke, Winke, Klagen
und Selbstverstellung Unzulänglichkeit
zu mir sich schleicht und mit der Zeit
den Ekel überwindet, der ihr wehrt!
Geht aus den Augen mir! Geht! Kann
der Schrei der Selbsterhaltung euch, den
von der Welt Getretenen, nicht einen,
ja winzig kleinen Funken Mitleid wecken?
Ihr habt das Leben leben wollen, doch
der Fluch des Vielgenoss'nen machte euch
zu einem Stein, der sich bewegt und lebt.
Ich will die Freiheit, will die Sonne,
will Glück, will Freude sehn! Nicht nur
genießen will ich, gleich Schmarotzern
die Umwelt für den eigenen Wahnsinn würgen,
nein, edel will ich schaffen und aus eigenem,
mit Schweiß gedünktem Boden Früchte ziehn!
Geht, geht – der Wahnsinn wächst,
solang noch eure blassen Lippen flüstern können!
    In diesen Zeilen schlug das Herz des Dichters. Das war nicht mehr der Schwung des FEUERFLUGS, es war schon das Aufbäumen gegen Welt und Mensch, ein Tasten hin zur Erkenntnis, das erste Fühlen in die Regionen des Warum und Wofür.
    Als er diesen Prolog beendet hatte, waren seine Kraft und seine Selbstüberwindung zerbrochen wie der edle Marmor, an dem ein Künstler, zu besessen vom Drang des Schaffens, die Schläge seines Meißels stärker führte als erträglich.
    Der Dichter weinte, weinte
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