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Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)
Autoren: J. J. Preyer
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für Judys Vergewaltigung und Verstümmelung verantwortlich sind.«
    »Wie, was? Sind Sie wahnsinnig, Mortell?«, schrie John Foreman und spuckte einen Fleischbrocken auf den Teppich.
    »Nicht so ungestüm. Das ist Fleisch von Ihrem Fleisch, Foreman. Einer Ihrer Söhne. Prost, Judy. Unser Kampf geht zu Ende!«
    »Was für ein Schund! Was für ein elender Schund! Ein letztklassiger Hintertreppenroman«, erregte sich die junge Myra Hall über die lebhaft vorgetragene Erzählung des Schauspielers Jeremy Cambridge. »Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, was Sie dazu bringt, meinem Vater und mir das Fest mit dieser unangenehmen Geschichte derart zu verderben.«
    Angewidert schob sie den halbvollen Teller mit Fleischpastete von sich, während Jonathan Hall, Myras Vater, der dem jungen Schauspieler des Shakespeare Memorial Theatres gegenüber saß, lächelnd schwieg.
    Im Hintergrund sang mit heller Stimme ein Knabe das Trinklied »Come, thou monarch of the vine« aus Shakespeares »Antonius und Cleopatra«.
    Die Hochzeitszeremonie zur Feier der Vermählung von Ronald Dumbartons Sohn Coleen und Kitty Wolseley in der Pfarrkirche von Stratford-on-Avon war vorüber, nun genoß man das Festbankett im holzgetäfelten Festsaal des Shakespeare Resource Trusts.
    »Ich entschuldige mich in aller Form, Myra. Die Begeisterung ist mit mir durchgegangen. Und ich dachte …«
    »Sie dachten, daß mich so etwas interessieren könnte?«, fragte die Literaturwissenschaftlerin.
    »Aber Myra, denk nach«, bat sie ihr Vater, der stellvertretende Leiter des Shakespeare Resource Trusts, für den auch seine Tochter tätig war. »Kommt dir die Geschichte nicht bekannt vor?«
    »Ich dachte, Sie begeistern sich mindestens so wie ich für Shakespeare und sein Werk«, sagte der Schauspieler mit dem verwegenen Schnurrbart.
    »Was hat Ihre schreckliche Erzählung mit Shakespeare zu tun?«, fragte das Mädchen erstaunt.
    »Ich habe Ihnen«, erklärte Jeremy Cambridge, »die modernisierte Version der verstörendsten Tragödie William Shakespeares erzählt.«
    »Mein Gott, ja, entschuldigen Sie«, unterbrach ihn die Literaturwissenschaftlerin. »Das muß mir passieren! Aber natürlich. Das ist die Geschichte von Titus Andronicus.«
    »Titus Andronicus. Das grauenhaft-schöne Theaterstück«, sagte Jonathan Hall. »Diese frühe Tragödie Shakespeares gehört wohl zum Aufwühlendsten, was je geschrieben wurde. Hier wird das Handeln und Sehnen der Menschen auf ihre Triebe reduziert, die so stark sind, daß alles andere in Vergessenheit gerät.«
    »Aber die zwei Brüder, die gemeinsam über das Mädchen herfallen und sie verstümmeln, der Kannibalismus am Ende des Stückes, sind tatsächlich schwer zu ertragen«, meinte Myra. »Und dabei handelt es sich nicht um die einzigen Greueltaten in diesem Schlächterdrama.«
    »Obwohl die genügen würden, eigentlich.«
    »Ein Kleinkind wird auf der Bühne hingemetzelt. Eine furchtbare Sache«, meinte Jonathan Hall.
    »Im Text steht nichts davon«, wandte der Schauspieler ein.
    »Da haben Sie recht, Mr. Cambridge. Aber was geschieht mit dem Kind, nachdem man seinem Vater das mörderische Maul gestopft hat?«, fragte Myras Vater.
    Diese Frage blieb unbeantwortet, weil sich eine Schauspielerin des Shakespeare-Theaters anschickte, den traurigen »Willow Song« aus »Othello« vorzutragen.
    Es wurde still im großen, mit flackernden Kerzenkandelabern beleuchteten Saal. Die 150 Hochzeitsgäste plauderten erst wieder miteinander, als sich die Sängerin verneigt und dem Brautpaar zugeprostet hatte.
    »Ich bringe diesen Toast aus auf Romeo und Julia. Möge euer Leben glücklich verlaufen!«, rief sie.
    »Die Befürchtung, daß das Glück unserer Kinder am Haß der Eltern zerbrechen könnte, ist glücklicherweise unbegründet«, wandte sich die zierliche Mary Dumbarton, die Mutter des Bräutigams, an die Hochzeitsgäste. »Die Mütter zumindest«, und damit trat sie auf Mrs. Wolseley, eine stattliche Frau Anfang fünfzig, zu und legte ihre rechte Hand auf deren Schulter. »Die Mütter zumindest stehen der Hochzeit ihrer Kinder wohlwollend gegenüber. Und ich denke mir, daß ich meinen Mann umstimmen kann, wenn er wieder auftaucht. Ich hoffe doch sehr, daß er nur wegen der Hochzeit verschwunden ist.«
    Joan Wolseley stimmte mit kräftiger Stimme den Worten von Mrs. Dumbarton zu: »Ja, von meiner Seite gibt es keine Einwände. Im Gegenteil, Mary und ich haben uns sogar auf ein gemeinsames Hochzeitsgeschenk für unsere Kinder
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