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Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Shakespeare-Verschwörung (German Edition)
Autoren: J. J. Preyer
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juristischem und höfischem Wissen. Er war zudem ein Experte in klassischer Literatur. Ich habe mich natürlich mit den üblichen Verdächtigen beschäftigt, die da sind Francis Bacon, Edward de Vere …«
    »Christopher Marlowe«, ergänzte Watson.
    »Ja. Der aber zu früh starb. Was manche Verschwörungstheoretiker auch nicht davon abhielt, ihn als den wahren Shakespeare zu sehen.«
    »Hallo, Papa, da bist du ja«, grüßte eine junge Frau den stellvertretenden Leiter des Instituts aus der Dunkelheit des Ganges hinter ihnen.
    »Myra, meine Tochter«, erklärte Jonathan Hall.
    Die neunundzwanzigjährige Literaturwissenschaftlerin, deren strohblondes Haar zu einem Zopf geflochten war, betrat den Raum, küßte ihren Vater auf die Wange und gab Watson die Hand.
    Dieser blickte lange in die hellblauen Augen von Myra Hall.
    »Wir haben an sich alles Wesentliche besprochen«, meinte Jonathan Hall. »Unser Institut und mein Büro stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
    »Und ich ersuche Sie um Lektürevorschläge, Mr. Hall. Meine Beschäftigung mit Shakespeare liegt doch geraume Zeit zurück. Ich muß meinen Eindruck auffrischen.«
    »Ich werde Ihnen ein Paket zusammenstellen …«
    »Drei Werke sind ausreichend.«
    »Unter diesen Voraussetzungen, meine ich, ist es am besten, Sie nehmen Titus Andronicus, eine Ausgabe der Sonette und ... und König Lear.«
    »Der paßt zu meinem Alter.«
    »Aber Doktor!«
     
    Myra begleitete den Detektiv aus dem Gebäude und fragte ihn, wohin ihn sein Weg führe.
    »Ich hab noch nicht viel von Stratford gesehen. Wenn Sie mich durch die Stadt begleiten könnten?«, schlug Watson vor.
    Watson und Myra wanderten zum Fluß, auf dem friedlich Hausboote und die unvermeidlichen Schwäne dümpelten.
    Das Theater, direkt am Fluß, ein neugotisches Backsteingebäude im Stil von Shakespeares Geburtshaus, bestand aus einem Rundbau, dem eigentlichen Theatersaal mit der Bühne, an den ein imposanter Kulissenturm anschloß. Von diesem gelangte man über eine überdachte Steinbrücke in die Bibliothek und das Archiv mit einer Gemäldegalerie.
    Der Weg führte die beiden flußaufwärts durch einen Park Richtung Holy Trinity Church, der Kirche, in der Shakespeare getauft und begraben worden war.
    Myra schlug einen Abstecher ins Pub Black Swan vor.
    Das Lokal, das die Theaterleute liebevoll Dirty Duck nannten, war zu dieser frühen Zeit noch leer. Türen und Fenster standen weit offen, um den Zigarettenrauch vom Vortag entweichen zu lassen.
    Der Doktor entschied sich für ein Half Pint of Bitter, Myra nahm einen Tee mit Sahne.
    »Sie sind Literaturwissenschaftlerin?«, erkundigte sich Watson.
    »Ja, ich arbeite seit zwei Jahren für das Institut.«
    »Das heißt, Sie kennen sich mit Shakespeare einigermaßen aus.«
    Als die junge Frau lächelnd nickte, bat er sie: »Erzählen Sie mir die Geschichte von Titus Andronicus, Miss Myra. Immerhin wurde dem armen Professor ein Spruch aus diesem Stück eingebrannt.«
    »Ja, wie schrecklich«, sagte die junge Frau und fragte ihr Gegenüber: »Die kurze oder die lange Fassung?«
    »Machen Sie es mittellang«, bat Watson.
    »Die Proben zu diesem Stück haben vor zwei Wochen begonnen. Wenn Sie Interesse haben …«
    »Und ob. Könnten Sie mir einen Besuch im Theater ermöglichen?«
    »Das läßt sich machen. Ich werde Sie begleiten«, sagte Myra und fragte dann den Doktor: »Und Sie wollen tatsächlich die Geschichte schon heute hören?«
    »So ist es.«
    »Es geht um Macht in diesem Stück. Um politische Macht, und um die Macht der Frauen über die Männer. Ohne Frauen würden die Kampfspiele zwischen den Männern spielerisch bleiben.«
    »Aber die Frauen, wie Sie schon sagten, Miss Myra …«
    »Die führenden Männer Roms einigen sich friedlich auf einen neuen Kaiser, auf Saturninus. Der soll Lavinia, die Tochter des erfolgreichen Feldherrn Titus Andronicus, zur Frau nehmen. So weit, so gut. Nun kommen die Frauen und die Verwicklungen. Lavinia liebt den zukünftigen Kaiser nicht, sondern dessen Bruder, und der Kaiser verliebt sich in die halbwilde Gotenkönigin Tamora.
    Zwei Söhne dieser Frau vergewaltigen und verstümmeln Lavinia. Tamora betrügt den Kaiser mit ihrem Diener, einem Schwarzen, und gebiert ein dunkelhäutiges Kind.«
    »Kaum zu glauben, daß ein großer Autor wie Shakespeare solchen …, äh, wie soll ich sagen, so Triviales geschrieben hat«, meinte John Watson und trank sein Glas leer.
    »Das ist nicht alles. Shakespeare, der Ordnungsfanatiker,
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