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Selbs Mord

Selbs Mord

Titel: Selbs Mord
Autoren: Schlink
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Leben!« Ich verstand Philipp immer weniger. »Hast du nicht gesagt, daß die Welt, von der wir damals dachten, es wäre die Welt Samarins, und von der wir jetzt wissen, es ist die Welt Welkers, nicht deine ist und daß du deine nicht kampflos aufgeben willst? Stimmt das alles nicht mehr?«
    »Das war was anderes. Damals dachten wir, Welker wäre in Gefahr, und wollten helfen. Wem willst du jetzt helfen? Wer ist in Gefahr? Niemand, und das mit der Welt … Vielleicht habe ich den Mund damals ein bißchen voll genommen. Was ich gemeint habe, war das mit der Gefahr und dem Helfen.«
    Frau Nägelsbach sah mich prüfend an. »Vor ein paar Wochen waren Sie dagegen, daß …«
    »Nein, ich war nicht dagegen. Ich fand nur, daß Ihr Mann und Philipp sich einig werden müßten. Für beide waren die möglichen Konsequenzen ernster als für mich.«
    »Ich hab den Vertrag mit dem privaten Krankenhaus zwar in der Tasche. Aber was passiert, wenn es einen Skandal gibt …« Philipp schüttelte den Kopf.
    »Ich fürchte, Herr Selb, wir haben den richtigen Zeitpunkt verpaßt – wenn es ihn überhaupt gab. Damals waren die Spuren frisch, und wir waren gute Zeugen. Heute sind wir schlechte. Warum haben wir so lange geschwiegen? Warum reden wir jetzt? Außerdem war es dunkel, wir haben Welker nicht schießen sehen, es gibt auf der Tatwaffe keine Fingerabdrücke, und Welker wird alles abstreiten. Beim Mord an Schuler ist es noch aussichtsloser. Vielleicht hat der Staatsanwalt bei der Geldwäsche Erfolg. Aber er braucht Glück.«
    Niemand sagte etwas, und das Schweigen fühlte sich an, als warteten die anderen darauf, daß ich das Thema offiziell beendete. Daß ich Ruhe gäbe. Aber ich konnte nicht. »Und daß wir wissen, daß er zwei Morde auf dem Gewissen hat? Interessiert uns das nicht? Verpflichtet uns das nicht?«
    Nägelsbach schüttelte den Kopf. »Schon mal was von der Unschuldsvermutung gehört? Wenn Welker nicht überführt werden kann, kann er nicht überführt werden. So ist das.«
    »Aber wir …«
    »Wir? Wir hätten damals zur Polizei gehen sollen. Wir haben es nicht getan, und jetzt ist es zu spät. Erinnern Sie sich, was ich Ihnen damals gesagt habe? Wie können Sie auch nur auf den Gedanken kommen, ich würde mich an einem Akt der Selbstjustiz beteiligen!«
    Jetzt war das Schweigen drückend. Bis Philipp es nicht mehr aushielt. »Herr Nägelsbach, Herr Rudi Nägelsbach, wenn ich richtig gehört, habe, Rudi, wenn ich darf, hättest du Lust, mit Gerd, mir und einem alten Freund von uns eine Doppelkopfrunde zu bilden? Einmal alle vierzehn Tage oder auch einmal die Woche?«
    Nägelsbach rang mit sich. Er ist von altmodischer, distanzierter, förmlicher Höflichkeit. Zu viel Nähe ist ihm ein Graus. Die Anrede mit dem Vornamen widerstrebte ihm. Und der forcierte Themenwechsel war ihm peinlich. Aber er gab sich einen Ruck. »Vielen Dank, Philipp. Ich freue mich über die Einladung und nehme sie gerne an. Ich muß allerdings darauf bestehen, daß die beiden Karo-Asse, wenn sie in einer Hand sind …«
    »… die Schweinchen sind.« Philipp lachte.
    »Gerd?« Füruzan sagte es so ernst, daß Philipp zu lachen aufhörte und die anderen aufmerkten.
    »Füruzan?«
    »Ich komme mit. Vielleicht kannst du mich brauchen, wenn du Welker umlegst oder seine Bank anzündest. Nur seinen Kindern tust du nichts, ja?«

17
Nicht Gott
    Brigitte kam um elf. »Wo sind die Freunde? Habt ihr euch gestritten?« Sie setzte sich auf die Sofalehne und legte mir den Arm um die Schulter.
    »Ja und nein.« Wir waren nicht im Streit auseinandergegangen. Aber die Vertrautheit hatte einen kleinen Knacks bekommen, und wir waren beim Abschied betreten. Ich erzählte Brigitte, was ich den Freunden berichtet und worauf ich gehofft hatte. Und wie sie reagiert hatten.
    »Ach, Gerd. Ich verstehe sie. Ich verstehe auch dich, aber sie … Geh zur Polizei und laß immerhin die Geldwäsche auffliegen.«
    »Er hat zwei Menschen auf dem Gewissen.«
    »Was ist mit seiner Frau?«
    »Wir werden es nie genau wissen. Alles spricht dafür, daß sie wirklich einen Unfall hatte. Aber daß er seine Frau nicht …«
    »So habe ich’s auch nicht gemeint. Ich habe schon begriffen, daß er eigentlich als Mörder verurteilt gehört. Aber dazu reicht es eben nicht. Ist er der einzige, der ins Gefängnis gehört und frei herumläuft? Willst du alle jagen und erlegen?«
    »Ich habe nicht mit allen zu tun, nur mit Welker.«
    »Was hast du mit ihm zu tun? Wer ist er für dich? Eure Wege
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