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Seelen-Transfer

Seelen-Transfer

Titel: Seelen-Transfer
Autoren: Eric Frank Russell
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konnte. Ich habe es versäumt, das durch das Erlernen neuer Fähigkeiten auszugleichen. Wäre ich ein Techniker, hätte ich bestimmt schon ein Dutzend neue Aufgaben gefunden. Unglücklicherweise besitze ich keine besonderen Fähigkeiten. Ich denke, dieser Zeitpunkt ist sehr günstig, sich einer persönlichen Aufgabe zuzuwenden, bei der Sie mir helfen können.“
    „Worum geht es?“
    „Vor langer Zeit schrieb ich ein Gedicht. Es war jenem Gegenstand der Schönheit gewidmet, der mich als erstes dazu brachte, hier zu bleiben. Ich weiß nicht genau, was sein Erbauer sich gedacht hat, oder ob meine Augen es so sehen, wie es gesehen werden soll, aber ich habe ein Gedicht geschrieben, das ausdrücken soll, was ich empfinde, wenn ich mir seine Arbeit betrachte.“
    „Hm“, machte Greypate nur.
    „Unter seinem Fundament befindet sich ein Felsvorsprung, den ich glätten kann, um meine Worte hineinzuschreiben. Ich möchte sie doppelt dort eingraben – einmal in Marsianisch, einmal mit den Buchstaben dieser Erde.“ Fander zögerte einen Augenblick, fuhr dann fort: „Ich hoffe, daß es mir niemand als Anmaßung auslegen wird. Es ist viele Jahre her, seit ich etwas geschrieben habe, was alle lesen sollen – und vielleicht erhalte ich nie wieder Gelegenheit dazu.“
    „Ich verstehe“, sagte Greypate. „Sie möchten, daß ich Ihre Gedanken in unseren Worten niederschreibe, damit Sie sie abschreiben können?“
    „Ja.“
    „Geben Sie mir Ihren Stift und die Tinte.“ Greypate nahm beides, ging zu einem Stein in der Nähe, setzte sich langsam darauf nieder. Sein Alter machte ihm zu schaffen. Er legte sich eine feste Unterlage unter das Papier, hielt in einer Hand den Schreibstift und mit der anderen den Tentakel fest. „Also los – fangen Sie an.“
    Nach und nach malte er große, dicke Buchstaben auf das Papier, während Fanders Gedankenbilder zu ihm herüberströmten. Als er fertig war, gab er die Blätter dem Marsianer.
    „Asymmetrisch“, stellte Fander fest, während er die eckigen Buchstaben anstarrte. Zum ersten Mal wünschte er sich, daß er gelernt hätte, die irdischen Schriftzeichen selbst zu setzen. „Können Sie das nicht so hinbekommen, daß sich dieser Teil mit jenem ausgleicht, und der mit dem?“
    Sie versuchten es ein zweites Mal.
    Insgesamt mußte Greypate vierzehn Mal ansetzen, bis Fander endlich mit dem äußerlichen Bild der Buchstaben und Worte zufrieden war, die er nicht lesen konnte.
    Dann nahm er das Papier und seine Strahlenpistole und ging zu dem Sockel des wunderschönen Gebildes. Mit der Strahlenwaffe glättete die Vorderseite des Sockels, dann stellte er den Strahl ganz schmal und so ein, daß er etwa einen Zoll tief in den Stein eindringen konnte. Als erstes wurde das Gedicht in den Kringeln seiner Heimatsprache eingeritzt, dann fügte er es in irdischen Schriftzeichen noch einmal darunter. Diese Arbeit beanspruchte ihn recht lange, und fast fünfzig Leute sahen ihm inzwischen dabei zu. Sie sagten nichts – schweigend lasen sie das Gedicht, warfen einen Blick auf den schönen Gegenstand und blieben dann nachdenklich vor dem Sockel stehen, als er davonging.
    Allein, zu zweit und in kleinen Gruppen besuchten die übrigen Bewohner der Gemeinschaft die Inschrift, und es wirkte, als pilgerten sie zu einem heiligen Schrein. Jeder stand dort eine Weile stumm davor, kehrte dann kommentarlos um. Niemand lobte Fanders Gedicht, keiner verurteilte es, nicht einer warf ihm vor, daß er etwas genuin Irdisches durch seine marsianische Schrift und den Inhalt verfremdet hatte. Der einzige Effekt der Aktion war, daß sich in den Besuchern eine grimmige Entschlossenheit breitmachte, diese Erde noch stärker als bisher wieder zum Blühen zu bringen.
    In dieser Hinsicht hatte Fander weit mehr erreicht, als er selbst bemerkte.
    Im vierzehnten Jahr des Neubeginns brach die gefürchtete Seuche wieder aus. Zwei Schlitten hatten von weit her zwei Familien mitgebracht, und innerhalb einer Woche nach deren Ankunft wurde die Krankheit entdeckt.
    Metallene Gongs dröhnten ihre Warnung hinaus, überall wurde die Arbeit eingestellt, die befallenen Abschnitte der Unterkünfte wurden abgeriegelt und bewacht. Die Mehrheit der Bewohner breitete sich auf einen Auszug vor. Dies war eine bedrohliche Umkehrung all jener Bemühungen, die die Menschen bisher unternommen hatten – die zarten Wurzeln einer neubeginnenden Zivilisation waren von der Vernichtung bedroht.
    Fander stieß zu Greypate, Speedy und Blacky, die sich,
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