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Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber
Autoren: Fritz Leiber
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Insgeheim war dem König dieser Zwischenfall nicht unlieb gewesen, brachte doch die Verwüstung seiner Lieblinge neuen Reiz in alte Gelüste. Trotzdem ging die Disziplin des Harems über alles: daher also Eesafems Einzelhaft, Haarverlust – eines nach dem anderen gezogen – und Tätowierungen.
    Der König der Könige war eine sparsame Seele und erwartete von seinen Frauen und Konkubinen, daß sie sich nützlich machten, anstatt ewig zu faulenzen, zu baden, zu klatschen und sich zu streiten. So hatte man Eesafem ihr Schmiedefeuer und ihre Metalle überlassen, bestand doch kein Zweifel daran, daß sie sich auf diese Arbeit verstand, die darüber hinaus noch Gewinn abwerfen konnte.
    Aber obwohl sie regelmäßig arbeitete und auch eine Reihe schöner und raffinierter Gegenstände hervorbrachte, litt Eesafem doch sehr unter ihren zwölf Harems-Monden, von denen sie sieben in einer Einzelzelle verbracht hatte, und unter der bitteren Tatsache, daß der König der Könige sie noch niemals besucht hatte, weder aus amourösen noch aus anderen Gründen, trotz der hübschen Metallgeschenke, die sie für ihn fertigte. Auch andere Männer waren noch nicht bei ihr gewesen, mit Ausnahme der Eunuchen, die ihr Vorträge hielten über die erotischen Künste – vorher wurde sie sorgfältig festgebunden, denn sonst hätte sie sich wie eine Wildkatze über ihre rundlichen Gesichter hergemacht, und auch so spuckte sie sie oft genug an. Außerdem gab man ihr herablassende und detaillierte Ratschläge über ihre Arbeit, die sie ebenso hochmütig mißachtete wie alle anderen wohltönenden Worte der Eunuchen.
    Statt dessen begab sich ihre Kreativität, beflügelt durch sinnlose Eifersucht und einen schmerzhaften Freiheitsdrang, auf neue und verstohlene Wege.
    In dem Silberspiegel betrachtete sie vorsichtig die vier Schmuckstücke, die ihre schlanke, doch zugleich drahtigkräftige Gestalt zierten. Es handelte sich um zwei Brustschalen und zwei Schienbeinschützer, vorwiegend aus dünnem Silberfiligran, das zu ihren grünen und blauen Tätowierungen einen angenehmen Kontrast bildete.
    Einmal warf sie im Spiegel einen Blick über ihre Schulter, vorbei an dem nackten Schädel mit der phantastisch ausgearbeiteten Kopfhautverzierung, auf einen Silberkäfig, in dem ein grünblauer Papagei hockte, dessen Blick so eiskalt-böse war wie der ihre – eine ständige Erinnerung an ihre Gefangenschaft.
    Die einzige Besonderheit an den Filigranarbeiten waren die kurzen Spitzen, die aus den Brustschalen ragten, dort, wo sie sich über die Warzen wölbten, während die Schienbeinschützer am Knie in senkrechten, diamantförmigen Ausläufern endeten, die etwa daumengroß waren. Diese Ausschmückungen fielen nicht weiter auf, waren doch die Spitzen grünblau gefärbt, als sollten sie zu den Tätowierungen passen.
    Eesafem blickte sich also mit anerkennendem, wissendem Lächeln an – und wurde zugleich von einem noch wissenderen Blick gestreift, dem Blick des Todes, der sie weitaus kälter und abschätzender musterte, als jeder Eunuch es vermocht hätte. Im nächsten Augenblick verschwand sie aus ihrer Zelle. Und ehe der blaugrüne Papagei verwirrt krächzen konnte, hatten sich Augen und Ohren des Todes wieder anderen Zielen zugewandt.
    Nur noch sieben Herzschläge.
    Nun mag es auf der Welt Nehwon Götter geben, von denen nicht einmal der Tod weiß und die sich von Zeit zu Zeit den Spaß machen, ihm Hindernisse in den Weg zu legen. Vielleicht ist aber auch die Macht des Zufalls so groß wie die der Notwendigkeit. Jedenfalls erwachte an diesem speziellen Morgen der Nordmann Fafhrd, der sonst bis zur Mittagsstunde döste, bereits mit dem ersten matten Silberstreifen der Dämmerung, ergriff seine geliebte Waffe ›Graywand‹, die so nackt war wie er, und begab sich blinzelnd von seiner Liege auf das Dach, wo er alle möglichen Schwertstreiche zu üben begann, indem er stampfend vorrückte und zurückwich und von Zeit zu Zeit ein lautes Kampfgeschrei anstimmte, ohne sich um die erschöpften Kaufleute zu kümmern, die weiter unten ächzend, fluchend oder angsterfüllt erwachten. Zuerst fröstelte ihn in der Kühle, im morgendlichen Dunst der Großen Salzmarsch, doch nach kurzer Zeit hatten ihn die Übungen ins Schwitzen gebracht, während seine Vorstöße und Parierbewegungen, die anfänglich sehr lässig ausgesehen hatten, blitzschnell und entschlossen kamen.
    Abgesehen von Fafhrd war es in Lankhmar ein ruhiger Morgen. Die Glocken hatten ihr Lied noch nicht
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