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Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber
Autoren: Fritz Leiber
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gewährt werden. Er sah diese Notwendigkeit als dermaßen zwingend an, daß sie als Element der von ihm selbst geschaffenen Regeln den Einsatz äußerlich erkennbarer Zauberei gestattete und nicht mit Realismus verkleistert werden mußte, wie es im Falle normaler Lebewesen geschah. Zwei ganze Herzschläge lang lauschte er daher dem schwachen Summen seines gelassenen Verstandes, während er sich wieder mit perlmutterschimmernden Knöcheln die Schläfen massierte. Dann wandten sich seine Gedanken einem gewissen Fafhrd zu, einem ungehobelten und höchst romantischen Barbaren, der mit Füßen und Verstand dennoch fest auf dem Boden der Tatsachen stand, insbesondere wenn er sehr nüchtern oder sehr betrunken war; gleichermaßen beschäftigte sich der Tod mit seinem lebenslangen Gefährten, dem Grauen Mausling, dem womöglich klügsten und listigsten Dieb von ganz Nehwon, der auf jeden Fall aber mit der fröhlichsten oder bittersten Selbstgewißheit durchs Leben ging.
    Die Bedenken, die dem Tod in diesem Augenblick kamen, waren stärker und schwerwiegender, als er sie eben noch in Lithquils Fall empfunden hatte. Fafhrd und der Mausling waren ihm nämlich oft zu Diensten gewesen, und besser und auf vielseitigere Art als der Verrückte Herzog, der ohnehin dermaßen auf den Tod fixiert gewesen war, daß er schon zu schielen begonnen hatte, was den hier gewählten Schlußpunkt durch Axthieb höchst passend machte. Ja, der große vagabundierende Nordmann und der kleine, ironisch lächelnde und die Augenbrauen hebende Beutelschneider waren bei einigen der schönsten Spielzüge des Todes nützliche Figuren gewesen.
    Doch so großartig ein Spiel auch sein mag, irgendwann einmal ist jeder Spielstein an der Reihe, vom Brett genommen und in den Kasten geworfen zu werden, selbst wenn er die höchste Stufe erklommen hat und König oder Königin geworden ist. Dieser Gedanke ging dem Tod durch den Schädel, der durchaus wußte, daß auch er eines Tages sterben mußte, und so machte er sich an seine intuitiv-kreative Aufgabe, erbarmungsloser und schneller als je ein Pfeil oder eine Rakete oder eine Sternschnuppe vermocht hätten.
    Nach einem denkbar kurzen Blick in Richtung Südwesten auf die riesige, vom Morgen gerötete Stadt Lankhmar, bei dem er sich davon überzeugte, daß Fafhrd und der Mausling noch in ihrer wackligen Dachwohnung über einer Schänke hausten, die in der Mauerstraße nahe dem Marschtor den ärmeren Kaufleuten offenstand, wandte sich der Tod wieder der Blutarena des seligen Lithquil zu. Denn wie jeder große Künstler neigte er bei seinen Improvisationen dazu, leicht erreichbare Materialien einzusetzen.
    Lithquil war halb zusammengesunken. Die Sklavin hatte zu schreien begonnen. Der stärkste Berserker, auf dem großen Gesicht ein kämpferischer Zorn, der nur von Erschöpfung fortgewischt werden konnte, hatte Lithquils Mörder soeben den rosaroten, von unsichtbarem Fleisch umgebenen Schädel von der Schulter gehauen. Ungerechterweise, sogar idiotischerweise zischten etwa zehn Pfeile von der Galerie auf Lithquils Rächer zu; aber so scheinen die kleineren Flüche des Todes nun einmal nach außen hin zu wirken.
    Der Tod ließ seinen Zauber eintreten, woraufhin der Berserker plötzlich nicht mehr vorhanden war. Die Pfeile gingen ins Leere, doch schon besann sich der Tod erneut auf seine Sparsamkeit beim Einsatz von Material und richtete den Blick wieder auf Horborixen, diesmal in eine ziemlich große Zelle inmitten vom Harem des Königs der Könige, erleuchtet durch hohe vergitterte Fenster. Seltsamerweise gab es in diesem Raum ein kleines Schmiedefeuer, ein Härtebad, zwei kleine Ambosse, mehrere Hämmer und andere Werkzeuge zur Metallbearbeitung wie auch einen kleinen Vorrat kostbarer und weniger kostbarer Metalle.
    In der Mitte der Zelle stand ein anmutig schlankes Mädchen, das nicht mehr als sechzehn Jahre alt war und sich mit mandelförmigen, scharfblickenden Augen in einem Silberspiegel betrachtete, mit einem Blick, der im Moment nicht weniger wild war als der des Berserkes. Bis auf vier Schmuckstücke aus Silberfiligran war sie unbekleidet, sie wirkte sogar ausgesprochen nackt, denn man hatte ihr bis auf die Augenlider alle Haare entfernt und sie an diesen Stellen in feinen grünen und blauen Mustern tätowiert.
    Sieben Monde bereits litt Eesafem Einzelhaft, weil sie bei einer Auseinandersetzung im Harem die Gesichter der Lieblingskonkubinen des Königs der Könige entstellt hatte, Zwillingen aus Ilthmart.
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