Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
und mannigfaltiger Gefahren – waren unsere Helden weithin bekannt. Seit Jahren zogen sie durch die Lande – sie kannten im Norden das wilde Land der Acht Städte, im Osten die Wüsten der Mingol-Reiter und im Süden das ehemalige Reich Quarmall, das nur noch aus einer einzigen unterirdischen Stadt bestand. Und sie kannten den Mittelpunkt Nehwons – das reiche Lankhmar und seine gleichnamig Hauptstadt am Hlal-Fluß.
    Fafhrd, im hohen Norden geboren, groß von Statur, bevorzugte das Langschwert. Der Graue Mausling, klein, mausgrau gekleidet, irgendwo im Süden beheimatet, war das genaue Gegenteil seines Freundes. Flink und knapp waren seine Bewegungen, und im Kampfe wirbelte er ein kurzes Rapier, mit dem er nur selten verloren hatte. So gegensätzlich die beiden auch waren – auf ihren Streifzügen ergänzten sie sich gut.
    Und obwohl sie dort nicht geboren waren, blieb Lankhmar das Zentrum ihrer Abenteuer – der Ort, zu dem sie immer wieder zurückkehrten ...

I. Die Trauer des Todbringers
The Sadness Of The Executioner (1973)
    Es war ein Himmel ewig grau.
    Ein Ort, stets weit entfernt.
    Ein Wesen, das stets traurig war.
    Der Tod saß auf seinem bescheidenen, mit dunklen Kissen bedeckten Thron in seinem geduckten, weitläufigen Schloß im Herzen des Schattenlandes, schüttelte den bleichen Kopf, betastete seine schimmernden Schläfen und schürzte leicht die Lippen, die von der Farbe violetter Trauben waren, noch bedeckt von silbriger Blüte, darunter seine schlanke Gestalt, gepanzert in Kettenhemd und schwarzem Gürtel, der übersät war mit beinahe ebenso schwarz angelaufenen Silberschädeln, Stütze seines unwiderstehlichen blanken Schwertes.
    Er war ein relativ unbedeutender Tod, lediglich für die Welt Nehwon zuständig, doch er hatte seine Probleme. Im Verlaufe der nächsten zwanzig Herzschläge mußte er etwa zweihundert flackernden oder leuchtenden menschlichen Lebenslichtern den Docht abdrücken. Und obgleich die Herzschläge des Todes wie eine tief unter der Erde hängende Bleiglocke dröhnten und jeweils eine kleine Ewigkeit in sich bargen, gehen sie doch einmal vorbei. Nur noch neunzehn bis zur festgesetzten Zeit. Und die Herren der Notwendigkeit, die dem Tod vorgesetzt waren, mußten noch zufriedengestellt werden.
    Mal sehen, dachte der Tod mit einer profunden Gelassenheit, in der es dennoch ein wenig brodelte – hundertsechzig Bauersleute und Wilde, zwanzig Nomaden, zehn Krieger, zwei Bettler, eine Hure, ein Kaufmann, ein Priester, ein Aristokrat, ein Handwerker, ein König und zwei Helden. Das müßte die Bücher in Ordnung halten.
    Innerhalb von drei Herzschlägen hatte er von den zweihundert hundertsechsundneunzig ausgewählt und ihr Schicksal auf sie losgelassen: in erster Linie unsichtbare, giftige Wesen in ihrem Fleische, die sich plötzlich zu ruhelosen Horden multiplizierten; hier wurde ein dunkler, sperriger Blutpropfen mit sanfter Berührung gelöst und durch die Ader geschickt, um einen wichtigen Durchgang zu verschließen, dort platzte eine geschwächte Arterienwand endlich auf, zuweilen glitt rutschiger Schleim zielstrebig in den Weg eines Kletterers, zuweilen wurde einer giftigen Otter eingegeben, wohin sie sich winden und wo sie zustoßen mußte, oder einer Spinne, wo sie sich auf die Lauer zu legen hatte.
    Der Tod, der nach seinen strengen Vorstellungen nur sich selbst bewußt war, hatte allerdings beim König ein wenig geschummelt. Seit einiger Zeit bastelte er in einem tiefen und düsteren Winkel seines Verstandes am Untergang des derzeitigen Herrschers von Lankhmar, dem größten Land und der größten Stadt in Nehwon. Dieser Oberherr war ein sanftmütiger, zartbesaiteter Gelehrter, der nichts so sehr liebte wie seine siebzehn Katzen, der aber auch keinem anderen Lebewesen in Nehwon etwas Böses wünschte und also dem Tod immer wieder Steine in den Weg legte, indem er Übeltäter begnadigte, zerstrittene Brüder und Familien aussöhnte, Boote oder Wagenladungen Getreide in Hungergebiete schickte, in Not geratene Tiere rettete, Tauben fütterte, das Studium der Medizin und verwandter Künste förderte – doch vor allem, indem er sich wie feinste Brunnengischt an einem heißen Tag mit einer Atmosphäre süßer, weiser Ruhe umgab, die die Schwerter in den Scheiden hielt, die es gar nicht erst zu gerunzelten Stirnen oder gefletschten Zähnen kommen ließ. In diesem Augenblick jedoch trat ein verwinkelter, düsterer Plan in Aktion, den der Tod beinahe, aber nicht ganz vor sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher