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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma
Autoren: Brent Weeks
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lachte. In manchen Augenblicken war es, als sei nicht ein einziger Tag verstrichen, seit sie getrennt worden waren. »Nun, wir wissen, dass eins dieser Dinge nicht geschehen wird.«
    Corvan grinste. Doch er hatte recht. »Also«, sagte er, »geh dort hinaus und lächle, und klopf deinen Soldaten auf die Schulter, und benimm dich wie ein Herrscher mit einem großen Ziel – ein Promachos, der dieses große Ziel erreichen wird. Du hast diese Menschen befreit. Du wirst sie beschützen, und du wirst ihnen eine neue Heimat geben. Du wirst ihnen Gerechtigkeit geben. Und sie werden dir helfen.«
    »Manchmal denke ich, du hättest der Anführer sein sollen, nicht ich«, erwiderte Gavin.
    »Das denke ich auch«, bestätigte Corvan. Er grinste. »Orholams Wege sind rätselhaft. In manchen Fällen sehr rätselhaft.«
    »Danke«, sagte Gavin. Dann lachten sie zusammen. Es tat gut. Nahrung für eine hungrige Seele.
    »Übrigens, was macht dein Rücken? Ich hätte schwören können, dass dieses kleine Wiesel dir einen Dolch in den Rücken gerammt hat. Kip wird als Held gefeiert, weil er ihn aufgehalten hat.«
    »Er hat ihn im allerletzten Augenblick erwischt, schätze ich«, antwortete Gavin, obwohl der Junge ihn mit der Faust in der Niere getroffen haben musste, als Kip ihn niedergeworfen hatte, denn er hatte einen sengenden Schmerz verspürt. Er zog sein Hemd hoch und zeigte es Corvan. Das Hemd war über seiner Niere zerschnitten, aber die Haut war unversehrt. »Eine knappe Sache«, sagte er.
    Corvan stieß einen Pfiff aus. »Orholams Hand muss auf dir ruhen, mein Freund.«
    Gavin brummte. Danach zu urteilen, wie sein Kopf sich anfühlte, wünschte er, Orholams Hand wäre ein wenig sanfter. »Nun, dann ist es jetzt Zeit, den Herrscher zu spielen«, sagte er. Gemeinsam gingen sie zur Tür der Kajüte – und wer hatte Kajüten auf der Barkasse gewandelt?
    Gavin stutzte. »Corvan, da ist noch etwas, das mir Sorgen macht.«
    »Ja?«
    »Du hast all die Jahre in einer kleinen Stadt verbracht. Es scheint mir ein schrecklicher Zufall zu sein, dass sowohl du als auch mein ›Neffe‹ in derselben Stadt gelebt haben.«
    »Kein Zufall«, erwiderte Corvan ernst.
    »Du hast ihn aufgespürt. Du hast auf ihn achtgegeben. Ihn im Auge behalten.« Corvan brauchte Gavins Vermutung nicht zu bestätigen. Er wusste Bescheid. »Aber du bist ihm nie sehr nahegekommen.«
    »Jedenfalls habe ich versucht, es zu vermeiden. Er ist ein guter Junge. Aber er ist, wer er ist«, sagte Corvan. Er meinte: Er ist der Sohn deines Bruders. Corvan blickte auf seine Hände hinab und senkte die Stimme, so dass selbst ein Lauscher direkt außerhalb des Raums die Worte nicht würde verstehen können. »Ich wusste, dass du mich vielleicht eines Tages dafür brauchen würdest, dass ich ihn töte. Ich wollte es nicht schwerer machen, als es sein muss.«
    Lange Augenblicke schwiegen beide Männer.
    Das Danavis-Motto war: Treue einem. Corvan glaubte nicht an Orholam oder die Chromeria oder an irgendein Glaubensbekenntnis. Er glaubte an Gavin. Manchmal war es beängstigend, jemanden zu haben, der so an einen glaubte. Eine Sekunde lang erwog Gavin es, Corvan von seinem siebten und letzten Ziel zu erzählen. Ihm zu vertrauen. Aber nein. So war es sicherer. Er würde es ihm erzählen, wenn die Zeit kam.
    »In einer anderen Welt«, sagte Corvan schließlich.
    »In einer anderen Zeit«, erwiderte Gavin und blickte hinaus in den grauen Himmel.
    Corvan brummte etwas Unverständliches. »Zumindest ist es draußen schön«, sagte er und ging seiner Wege.
    Manchmal war Corvans Sarkasmus so trocken.
    Gavin zuckte die Achseln, ging hinaus, klopfte auf Schultern, schaute nach den Verwundeten, erkundigte sich nach Vorräten und ihrem Kurs und ließ sich im Wesentlichen sehen, wie er sich kümmerte und das Kommando übernahm. Karris beobachtete ihn die ganze Zeit, sagte aber kein Wort. Das war ein weiteres Problem, um das er sich würde kümmern müssen.
    Er schaute nach Kip. Der Junge lag zusammengerollt auf seiner Pritsche und schlief. Was er durchaus tun sollte. Gavin sortierte noch immer die Geschichten. Den Geschichten zufolge hatte Kip Grün gewandelt, Blau, Rot und vielleicht Gelb. Mit fünfzehn Jahren. Gavin hatte gehofft, ihnen ein wenig Zeit zu verschaffen, indem er den Prüfstein austauschte; Kips Weg würde auch so schon hart genug sein. Doch jetzt war es zu spät. Klug, mutig und nun auch ein Polychromat, hatte der Junge sich als ein Guile erwiesen – Gavin würde doppelt so
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