Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
worden.
    Etwas nagte an dem Gefangenen. Die Biegungen im Tunnel, vielleicht war es das. Der Tunnel war so gebogen, dass kein blaues Licht von der blauen Zelle in den Tunnel drang. Daher würde der Tunnel vollkommen dunkel sein. Daher musste der Obsidian funktionieren …
    Verdammt sollte sein Bruder sein! Er hält mich nicht auf. Es schert mich nicht, wenn ich ein blutiges Wrack bin. Ich komme hier heraus.
    Ein Teil von ihm sagte ihm immer noch, dass er innehalten solle, nachdenken. Dieser blaue, vernünftige Teil von ihm. Aber er konnte nicht innehalten. Wenn er sich nicht weiter bewegte, würde er niemals irgendwo hinkommen. Er war so krank, so fiebrig, dass er, wenn er innehielt, sich vielleicht nie wieder bewegen würde. Sein Bruder wollte ihn lähmen.
    Nein. Nein nein nein. Er kämpfte sich weiter voran. Der Boden fühlte sich anders an. Kein Obsidian. Den hatte er hinter sich gelassen. Er kroch weiter. Er hätte schwören können, dass vor ihm etwas leuchtete. Lieber Orholam, da war …
    Der Boden kippte unter ihm weg, schwang auf verborgenen Angeln auf. Der Gefangene fiel hinunter, rollte immer weiter, außerstande, sich zu bremsen, eine Rutsche hinab, die hinter ihm zuklappte. Er rollte sich herum, gebadet in grünes Licht.
    Grün?
    Eine runde Kammer mit grünen Wänden. Ein Loch in der Decke für Wasser, Nahrung und Luft und ein Loch unten für Exkremente. Er suchte verzweifelt auf seiner Haut nach dem roten Luxin. Es war verschwunden. Alles verschwunden, alles aufgesogen von dem Obsidian-Tunnel.
    Der Gefangene – noch und wieder der Gefangene – begann zu lachen, dumm, verzweifelt, wahnsinnig. Ein grünes Gefängnis nach dem blauen Gefängnis. Er lachte, bis er schluchzte. Es gab nicht ein Gefängnis. Es gab nicht zwei. Jetzt wusste er es. Er hatte keinen Zweifel. Es gab sieben Gefängnisse. Eins für jede Farbe, und in sechzehn Jahren war er nur dem ersten entkommen.
    Er lachte und schluchzte. In einer leuchtend grünen Wand lachte der tote Mann mit ihm. Über ihn.

95
    »Nicht schlecht für eine Niederlage«, sagte Corvan Danavis, als er in Gavins Kajüte kam.
    Gavin richtete sich auf und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. Sein »schnelles Nickerchen«, nachdem er mit Kip geredet hatte, hatte ihn benommen gemacht. Aber er hatte während der letzten Woche so viel gewandelt, dass es kein Wunder war, dass er sich nicht gut fühlte. Er erwiderte: »Wir haben eine Stadt verloren, drei Viertel der Schwarzen Garde und Hunderte, wenn nicht Tausende von Soldaten. Mein leiblicher Sohn – den ich soeben anerkannt habe – hat in aller Öffentlichkeit einen rechtmäßigen Satrapen ermordet, was dazu führen wird, dass die anderen Satrapen sich Sorgen machen werden, ich könnte versuchen, wieder über die Welt zu herrschen. Wir haben Tausende von Flüchtlingen, die wir Orholam weiß wo unterbringen müssen; eine heidnische Armee führt das Kommando über Garriston; und ich habe eine so gut wie uneinnehmbare Mauer gebaut, die jetzt meine Feinde schützen wird. Oh, und deine Tochter hat sich unseren Widersachern angeschlossen. Wenn das nicht schlecht für eine Niederlage ist, bin ich mir wirklich nicht sicher, was schlecht wäre.«
    »Es könnte schlimmer sein«, sagte Corvan.
    Gavin rieb sich die Wange, wo Karris ihn geschlagen hatte. Es war schlimmer, Corvan, wollte er sagen. Er war so glücklich gewesen, Karris lebend zu sehen, dass er sie umarmt hatte, ohne nachzudenken. Dafür allein hatte er die Ohrfeige verdient. Aber sie hatte sich an ihn geklammert, für einen halben Augenblick. Vielleicht war sie einfach erleichtert gewesen, in Sicherheit zu sein, weg von König Garaduls Armee, aber er hatte gehofft, dass es mehr war.
    Dann hatte sie geflüstert: »Ich kenne dein großes Geheimnis, du Arschloch. Warum konntest du nicht Manns genug sein, es mir selbst zu sagen?«
    Großes Geheimnis? Das Herz gefror ihm in der Brust. Welches große Geheimnis?
    Sie hatte ihn losgelassen und ihm in die Augen gestarrt. Außerstande, das zu ertragen, hatte er den Blick abgewandt – und Kip gesehen. Kip, von dem er gedacht hatte, dass er höchstwahrscheinlich tot war. Wie ein Narr hatte er gefragt: »Kip?«
    Er hatte nicht gemeint, dass Kip sein großes Geheimnis war. Das wäre dumm gewesen. Natürlich wusste sie über Kip Bescheid. Aber sein Gehirn hatte nicht funktioniert. Ihre Nähe, die Schlacht, die Auswirkungen des vielen Wandelns und das plötzliche Gefühl der Bloßstellung erstickten seine Gedanken.
    Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher