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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch
Autoren: Nicci French
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Wirklich gemütlich.« Sie trank einen weiteren Schluck. »Ich habe in der Zeitung über dich gelesen, Frieda. Darüber, wie du bei diesem schrecklichen Fall mit all den jungen Frauen mitgeholfen hast. Eine hast du sogar gerettet.«
    »Aber nur eine«, entgegnete Frieda, »und das auch nicht allein.«
    »Wie können Menschen nur so etwas tun?«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen.
    »Worüber wolltest du mit mir sprechen?«
    Maddie trank erneut von ihrem Tee.
    »Es ist mir unbegreiflich, wieso wir uns derart aus den Augen verloren haben. Du weißt ja, dass ich nach wie vor in Braxton lebe. Verschlägt es dich manchmal in deine frühere Heimat?«
    »Nein.«
    »Ein paar von der alten Truppe sind noch da.« Sie setzte ein verschmitztes Lächeln auf. »Ich erinnere mich an dich und Jeremy. Um den habe ich dich damals ganz schön beneidet, er war wirklich ein Knaller. Bist du mit ihm in Kontakt geblieben?«
    »Nein.«
    »Ich habe Stephen geheiratet, Stephen Capel. Kanntest du ihn? Wir hatten ein paar gute Jahre, bevor es bergab ging. Inzwischen hat er wieder geheiratet, wohnt aber noch in der Nähe.«
    »Am Telefon hast du gesagt, du müsstest mit mir reden.«
    Maddie nahm einen weiteren Schluck Tee und blickte sich um.
    »Kann ich die Tasse irgendwo hinstellen?«
    Frieda nahm sie ihr ab.
    »Ich habe in der Zeitung von dir gelesen.«
    »Ja, das sagtest du bereits.«
    »Du hast ziemlich viel Aufmerksamkeit erregt.«
    »Darauf hätte ich gerne verzichtet.«
    »Ja, das muss manchmal schwierig sein. Aber sie haben geschrieben, dass du nicht nur Verbrechen aufklärst …«
    »Das ist nicht wirklich …«, begann Frieda, während erneut ein Lächeln über Sashas Gesicht huschte.
    »Nein«, fuhr Maddie fort, »aber in den Zeitungsartikeln hieß es, du seist Psychologin.«
    »Ich bin Psychotherapeutin.«
    »Mit dem ganzen Fachjargon kenne ich mich nicht besonders gut aus«, erklärte Maddie. »Bestimmt besteht da ein Unterschied. So genau weiß ich das nicht, aber wenn ich es richtig verstanden habe, klagen die Leute dir ihr Leid, und du hilfst ihnen. Stimmt das?«
    Frieda beugte sich vor. »Was willst du?«
    »Es geht nicht um mich, falls du das meinst.« Maddie stieß ein nervöses kleines Lachen aus. »Was nicht heißen soll, dass ich nicht auch ein bisschen Hilfe gebrauchen könnte. Als Stephen ging, musste ich tagelang weinen, nein, eigentlich waren es eher Wochen. Ich wusste nicht, an wen ich mich wenden sollte.«
    Wieder herrschte einen Moment Schweigen.
    »Mir ist klar, dass so eine Trennung etwas Schreckliches ist«, erwiderte Frieda. »Aber bitte sag mir doch endlich, warum du mich unbedingt sehen wolltest.«
    »Du findest das Ganze bestimmt albern. Wahrscheinlich war es reine Zeitverschwendung, vom Land hereinzufahren.«
    »Soll ich euch nicht doch allein lassen?«, fragte Sasha erneut.
    »Nein«, antwortete Maddie. »Es handelt sich bloß um ein Gespräch zwischen alten Freundinnen.«
    »Sag mir, was du von mir willst.«
    Maddie zögerte. Frieda hatte diesen Moment schon Dutzende Male mit ihren Patienten und Patientinnen erlebt. Einer der schwierigsten Augenblicke jeder Therapie bestand darin, die Angst des Patienten zum ersten Mal zu benennen. Das war wie ein Sprung vom Rand einer Klippe, hinein in die Dunkelheit.
    »Es geht um meine Tochter, Becky«, erklärte Maddie. »Eigentlich heißt sie Rebecca. Sie ist fünfzehn, fast schon sechzehn.«
    »Hat es einen Vorfall gegeben?«
    »Nein, nein, nichts dergleichen. Es ist schwer in Worte zu fassen. Becky war so ein süßes kleines Mädchen. Beim Anblick dieses kleinen Jungen da im Korb musste ich an die Zeit denken, als alles noch ganz einfach war. Ich brauchte mich bloß um sie zu kümmern. Weißt du, als Becky in dem Alter war, dachte ich, ich würde eine ganze Schar Kinder kriegen, die beste Mutter der Welt werden und sie vor allem beschützen. Ich war so jung, als ich Becky bekam, fast noch selber ein Kind. Aber dann …« Sie holte tief Luft, als ränge sie um Fassung. »Ich konnte kein zweites Kind mehr bekommen. Und dann verließ mich Stephen. Es war wahrscheinlich meine Schuld. Ich versuchte, Becky nicht spüren zu lassen, wie es mir ging, aber das gelang mir wohl nicht besonders gut. Sie war damals erst sechs. Das arme kleine Ding. Ich selbst war noch Mitte zwanzig und ständig unterwegs.« Ihre Stimme begann zu zittern. Sie hielt einen Moment inne. »Für sie muss es eine harte Zeit gewesen sein, aber ich dachte, inzwischen wären wir über den Berg. Ich
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