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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch
Autoren: Nicci French
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mit ihrem Besuch drinnen am Feuer und versteckte sich vor dem nahenden Winter.
    »Ich muss zugeben«, sagte Sasha, »dass ich schon gespannt darauf bin, eine alte Schulfreundin von dir kennenzulernen.«
    »Sie war keine Freundin. Nur eine Klassenkameradin.«
    »Was will sie?«
    »Keine Ahnung. Sie hat mich angerufen und gesagt, sie müsse mich unbedingt sehen. Angeblich ist es sehr dringend. Sie hat sich für sieben angekündigt.«
    »Wie spät ist es jetzt?«
    Frieda warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
    »Kurz vor sieben.«
    »Mir ist jedes Zeitgefühl abhandengekommen. Seit Ethan auf der Welt ist, habe ich völlig vergessen, wie es sich anfühlt, eine Nacht durchzuschlafen. Mein Gehirn hat sich in Matsch verwandelt. Ich weiß nicht mal mehr, was für ein Tag ist. Mittwoch?«
    »Donnerstag.«
    »Gut. Fast schon Wochenende.«
    Frieda starrte wieder ins Feuer.
    »Für mich ist der Donnerstag ein schlimmer Tag, vielleicht sogar der schlimmste der Woche. Er erinnert einen daran, dass die Woche sich schon zu lange hinzieht.«
    Sasha schnitt eine Grimasse.
    »Interpretierst du da nicht ein bisschen viel hinein?« Sie spähte in den Korb und streichelte ihrem Sohn übers Haar. »Ich liebe ihn über alles, aber manchmal bin ich richtig erleichtert und dankbar, wenn er schläft. Ist es schlimm, so etwas zu sagen?«
    Frieda sah ihre Freundin an.
    »Geht Frank dir zur Hand?«
    »Er tut, was er kann, aber seine Arbeit nimmt ihn sehr in Anspruch. Wie er selbst immer sagt: Einer muss ja dafür sorgen, dass die Schuldigen auf freiem Fuß bleiben.«
    »Das gehört nun mal zu seinem Beruf«, meinte Frieda. »Schließlich ist er Strafverteidiger, und …«
    Die Türklingel ließ sie abrupt innehalten. Frieda warf Sasha einen bedauernden Blick zu.
    »Du hast aber schon vor aufzumachen, oder?«, fragte Sasha.
    »Am liebsten würde ich mich verstecken.«
    Als sie schließlich doch die Tür öffnete, hörte Frieda eine Stimme, die irgendwo aus der Dunkelheit zu kommen schien, und ehe sie es sich versah, wurde sie umarmt.
    »Frieda Klein«, sagte die Frau, »dich würde ich überall wiedererkennen. Du bist deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    »Mir war gar nicht klar, dass du meine Mutter je kennengelernt hast.« Frieda führte ihre Besucherin ins Wohnzimmer und deutete zum Kamin hinüber. »Das ist meine Freundin Sasha. Und das ist Madeleine Bucknall«, fügte sie an Sasha gewandt hinzu.
    »Capel«, sagte die Frau, »Maddie Capel. Ich habe geheiratet.«
    Maddie Capel stellte ihre große Tasche ab und befreite ihren Hals von einem karierten Schal. Dann schlüpfte sie aus ihrem schweren braunen Mantel, den sie wortlos Frieda reichte. Darunter kam ein Kleid mit Crossover-Ausschnitt zum Vorschein, zu dem sie Lederstiefel trug. Ihr Schmuck bestand aus einer massiven goldenen Halskette und kleinen goldenen Ohrringen, und sie duftete nach einem teuren Parfüm. Zielstrebig steuerte sie auf den Kamin zu, wo sie sofort einen Blick in den Korb warf.
    »Was für ein süßes kleines Baby«, sagte sie. »Deines, Frieda?«
    Frieda deutete auf Sasha.
    »Wenn ich das sehe, möchte ich sofort auch noch eines«, erklärte Maddie. »In dem Alter finde ich sie einfach wunderbar. Ist es ein Junge oder ein Mädchen?«
    »Ein Junge.«
    »So ein Süßer. Läuft er schon?«
    »Er ist erst zehn Monate alt.«
    »Man braucht nur ein bisschen Geduld.«
    Frieda zog einen weiteren Stuhl ans Feuer, und Maddie ließ sich nieder. Sie hatte langes braunes Haar, das kunstvoll zerzaust wirkte und von blonden Strähnen durchsetzt war. Ihr Gesicht war sorgfältig geschminkt, was aber nur betonte, dass die Haut über ihren Wangenknochen spannte und sich rund um die Augen und an den Mundwinkeln bereits kleine Fältchen eingegraben hatten. Frieda hatte sie aus ihrer Schulzeit lachend und laut in Erinnerung, aber unter der fröhlichen Fassade war immer eine Angst zu spüren gewesen: zur Gruppe zu gehören oder nicht, einen Freund zu haben oder nicht.
    »Soll ich euch beide ein bisschen allein lassen?«, fragte Sasha.
    »Nein, nein, ich finde es schön, eine Freundin von Frieda kennenzulernen. Wohnen Sie auch hier im Haus?«
    Ein Lächeln huschte über Sashas Gesicht. »Nein, ich lebe mit meinem Partner zusammen. In einem anderen Stadtteil.«
    »Ja, natürlich. Danke, vielen Dank«, fügte sie an Frieda gewandt hinzu, als diese ihr eine Tasse Tee reichte. Sie trank einen Schluck und blickte sich dann neugierig um. »Was für ein nettes kleines Nest du hier hast.
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