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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen
Autoren: Phil Rickman
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1 Der dritte Hügel
    Die Landschaft um die Scheune herum war weit und eben, doch am Horizont lagen drei Hügel. Die Gebeine des Grenzlands, dachte Merrily. Heilige Reliquien, ausgestellt im glühenden Abendrot.
    Sie stand mit Adam Eastgate am Fenster der Scheune und ließ den Blick von rechts nach links schweifen, beginnend am südlichen Ende der Black Mountains: der vulkanähnliche Sugar Loaf und das zerstörte Profil des Skirrid, der sich der Legende nach gespalten hatte, als Jesus am Kreuz gestorben war.
    Immer noch irgendwie heilig, diese Hügel. Keine Städte, die sie bedrängten, niemand, der an ihnen herumpfuschte.
    Zumindest nicht so, wie es jemand mit dem dritten und niedrigsten Hügel getan hatte, dem einzigen, der sich auf dieser Seite der walisischen Grenze befand, wenn auch immer noch ungefähr zwanzig Kilometer entfernt. Der dritte Hügel war unterhalb seines Gipfels niedergestochen worden, eine Art Antennenmast ragte aus ihm empor wie ein Speer aus dem Rücken eines gefallenen Kriegers.
    «Oh», sagte Merrily, als sie es verstand. «
Natürlich.
Es heißt, dort oben ist es wie in einem anderen Land.»
    Garway.
    Das Licht vor dem Fenster war von einem tiefen, fruchtigen Rosa, irgendwo hinter dem Hügel ging die Sonne unter – hinter dem Hügel mit seinem Antennenmast, seiner berühmten, mysteriösen Kirche und einem Bauernhaus, das Meisterhaus genannt wurde und in dem es angeblich spukte.
    Adam Eastgate hatte wieder und wieder mit dem Zeigefinger darauf gedeutet, als wolle er nun selbst den Hügel erstechen. Seufzend ließ er die Hand sinken.
    «Wir machen nicht oft Fehler, Merrily.»
     
    Sie war tatsächlich noch nie auf dem Garway Hill gewesen. Auch an diesem Ort war sie heute zum ersten Mal – ein paar umgewandelte Wirtschaftsgebäude am Rande eines Feldweges ungefähr fünf Kilometer außerhalb der Stadt. Mehrere Landflächen von Herefordshire, die sich insgesamt auf fast fünftausend Hektar beliefen, wurden im Auftrag des vermutlich angesehensten Grundstücksbesitzers der Nation von hier aus verwaltet, und sie hatte noch nicht mal davon gehört.
    All die Dinge, über die man Bescheid wissen sollte und es doch nicht tat. Manchmal konnte dieses County etwas
zu
verschwiegen sein. Alles war ein bisschen heikel. Merrily wandte sich vom Fenster und den Hügeln ab.
    «Jane und ich – meine Tochter – hatten immer vor, die Kirche der Tempelritter drüben in Garway mal zu besichtigen. Irgendwie finden wir nie die Zeit.»
    «Ja, wir haben sie gesehen, als der Prinz den Hof besichtigt hat. Da ist es immer so einsam, dass uns niemand bemerkt hat, nicht mal als –» Adam Eastgate warf ihr einen wachsamen Blick zu. «Warum lächeln Sie?»
    «Sie haben vielleicht keine Menschenseele gesehen, aber sein Besuch hatte sich schon überall herumgesprochen, bevor er wieder in seinen Land Rover gestiegen war.» Merrily blickte auf die Pläne, die auf dem Konferenztisch lagen. Sie wirkten verschwommen. Sie rieb sich die Augen. «Besichtigt er jedes Grundstück, das Sie übernehmen? Persönlich?»
    «Allerdings, er ist schließlich mehr als ein Grüßaugust.»
    Adam Eastgate schien auf seine trockene, soldatenhafte Art beleidigt.
    «Weiß
er
denn von diesem speziellen Problem?»
    Eastgate antwortete nicht, was
Ja
oder
Nein
bedeuten konnte, oder
Diese Frage sollten Sie eigentlich nicht stellen.
    «O.k.» Merrily setzte sich auf einen der roten Brokatstühle mit den hohen Lehnen. «Womit genau haben wir es zu tun?»
    «Das kann
ich
Ihnen nicht sagen, verdammt. Vielleicht hab ich nicht genau genug hingehört, wissen Sie.»
    «Oder ist es Ihnen peinlich?»
    «Das hat nichts mit Peinlichkeit zu tun, Merrily, ich bin nur nicht der, dem es passiert ist. Wenn überhaupt etwas passiert ist.»
    Wieder dieses Hintertürchen.
    «Wie soll ich es angehen, was wäre Ihnen am liebsten?»
    «Wie würden Sie es denn normalerweise angehen?»
    «Also …» Du lieber Gott, wie lange würde das noch dauern? «Für gewöhnlich versuchen wir erst mal herauszufinden, ob es eine Vorgeschichte gibt. Sprechen mit den Einheimischen, mit dem Dorfhistoriker – den gibt es immer. Aber vielleicht –» Sie bemerkte, wie er zusammenzuckte. «Vielleicht wäre das der falsche Ansatz.»
    «Kommt drauf an, ob Sie wollen, dass es noch diese Woche im amerikanischen Fernsehen läuft.»
    «Ist das Ihr Ernst?»
    «Merrily …» Verkniffenes Lächeln. «Ich bin der Gutsverwalter. Ich hab mit Bauunternehmern, Architekten … und Mietern zu tun, o.k.?
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