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Schleier und Schwert

Schleier und Schwert

Titel: Schleier und Schwert
Autoren: brisbin
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hegte oder wenn er den Grund erriet, so sprach er doch nie darüber. Auch wenn es ihm bitter ankam, dass man Thorfinn jetzt für einen Helden hielt, weil er seine Braut vor einem Überfall hatte beschützen wollen, so konnte Rurik es doch akzeptieren. Thorfinn war tot und würde für Margriet keine Bedrohung mehr sein.
    Rurik sprach zu niemandem über die Zukunft. Er belastete Margriet auch nicht mit Fragen oder Erklärungen, aber er wusste, was er zu tun hatte. Nachdem ein Monat vergangen und sein Ehevertrag überbracht worden war, um unterschrieben zu werden, ging er zu seinem Vater.
    „Ich habe mich schon gefragt, wann es wohl geschehen würde.“
    „Der gleiche Gedanke ist auch mir durch den Sinn gegangen, Vater.“
    Rurik ging zum Fenster und ließ den Blick über den Hafen schweifen. Jetzt, wo der Herbst langsam dem Winter wich, waren weniger Boote und Schiffe auf dem Wasser. Bald würde die See für Reisende zu ungastlich werden. Sein Vater trat zu ihm und reichte ihm einen Becher Wein.
    „Ich würde gern deine Glückwünsche entgegennehmen, Rurik.“
    „Und ich würde sie aussprechen, wenn ich nur wüsste, wofür?“ Er wartete, dass sein Vater ihm den Grund enthüllte. Aber sein Vater schwieg und erwiderte einen Augenblick lang Ruriks Blick, bevor er auf den Grund der Feier zu sprechen kam.
    „Agnes wird im Frühling ein Kind bekommen.“
    Rurik prostete ihm lächelnd zu.
    „Ich war mir nicht sicher, wie du die Nachricht aufnehmen würdest.“
    Wie weit sie doch in den letzten sieben Monaten miteinander gekommen waren. Jetzt machte sich sein Vater Sorgen wegen seiner Reaktion und nicht umgekehrt. Und wie weit mussten sie wohl noch kommen, dachte Rurik.
    „Ich freue mich für Euch und Eure Gattin. Agnes muss sehr glücklich sein.“
    „Aye. Es ist ihr erstes Kind. Sie sorgt sich bereits bei jeder Kleinigkeit.“
    „Viele Monate werden noch vergehen und noch mehr Dinge werden kommen, über die man sich Sorgen machen muss“, fügte er hinzu. Nun, im Hinblick auf diese Neuigkeiten würde Ruriks eigene Neuigkeit vielleicht nicht allzu schlecht sein.
    Sein Vater holte den Weinkrug und schenkte ihnen beiden nach. Als er sich wieder hinsetzte, sagte Erengisl: „Und wann brichst du auf?“
    „Wieso weißt du davon?“
    „Ich wusste es nicht, Rurik, ich habe es nur vermutet.“ Sein Vater nahm einen tiefen Schluck und setzte dann den Becher ab. „Jede einzelne Bedingung deines Ehevertrags hast du nur schleppend anerkannt. Du hast das Haus nicht gebaut, von dem du in Birsay sprachst. Du hast immer noch nicht deinen eigenen Rat zusammengestellt. So handelt nur jemand, der nicht davon überzeugt ist, dass hier sein Platz ist.“
    „Ich gehöre nicht hierher, Vater. Obwohl Ihr mich hier willkommen heißt und trotz Eures Angebots, ist das hier nicht mein Leben.“
    „Hat sie eingewilligt, dich zu heiraten?“
    Rurik schwieg verblüfft. Dass sein Vater fähig war zu erkennen, wofür er selbst Monate gebraucht hatte, überraschte ihn. In den vergangenen Monaten hatte er nichts anderes getan, als zu klagen, weil er die Gelegenheit verpasst hatte, die Frau, die er liebte, für sich zu gewinnen. Er hatte nicht lange gebraucht, um seinen Fehler zu erkennen. Doch erst seit Kurzem war eine Lösung seines Problems überhaupt möglich.
    „Ich habe sie noch nicht gefragt. Sie will mich nicht sehen.“
    „Bist du ihr böse deswegen?“ Sein Vater beobachtete ihn genau, als er diese Frage stellte und sogar noch genauer, während er auf die Antwort wartete.
    „Nein. Es war mein Fehler, der sie in seine Klauen getrieben hat. Aber ich will nicht aufgeben, bis sie mir meine Dummheit vergibt.“
    „Dann wirst du also aus den Fehlern deines Vaters lernen?“
    Rurik sah den Mann an, von dem er nicht geglaubt hatte, ihn je wieder Vater nennen zu können. Und er erinnerte sich an die Frage, mit der er ihn bei seiner Ankunft herausgefordert hatte. Die Frage nach dem, was Erengisl in der Vergangenheit getan und ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. „Gebt Ihr zu, dass es ein Fehler war?“
    Sein Vater lachte, als Rurik seine Frage mit einer weiteren Frage beantwortete. Dann lächelte er und nickte. „Du hast mich gefragt, ob das, was ich gewann, es wert war, dass ich sie verlor. Meine Antwort lautet, dass das, was man anstelle der Liebe erhält, die man aufgibt, es nie wert ist.“
    „Bist du wütend, dass ich jetzt alle deine Pläne umstoße?“
    „Nein, Rurik. Ich bin noch nicht so alt und habe noch viele Jahre vor mir, um Vorkehrungen zu treffen. Ein
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