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Schlangenküsse

Schlangenküsse

Titel: Schlangenküsse
Autoren: Jason Dark
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Atemzug später huschte die Schlange, die sich hinter meinem Rücken befunden hatte, mit schnellen Bewegungen an mir vorbei. Sie war die erste, die floh, und sie riss die anderen mit. Nochmal zuckten die Köpfe in meiner Umgebung hektisch auf und nieder. Die Ausdrücke in den Gesichtern veränderten sich ebenfalls. Es konnte durchaus sein, dass sich in ihnen Angst und auch Verzweiflung widerspiegelten, und der Rückzug vollzog sich mit einer Schnelligkeit, die mich verblüffte.
    Ich hielt auch mein Feuer zurück. Keine Kugel verfolgte die Tiere, die sich geschickt nach oben schlängelten und zwischen dem Blattwerk verschwanden. Sehr bald gab es kein Gesicht mehr, das mich beobachtete.
    Der Spuk war weg!
    Ich schüttelte den Kopf, und ich war zugleich erleichtert, das dies überhaupt passiert war. Vom Boden her drang noch immer die Melodie der Flöte zu mir hoch. So lange sie zu hören war, ging es mir gut, und ich ruhte mich sogar hier im Baum aus, wobei ich meinen Rücken gegen den Stamm der Astgabel drückte.
    Jetzt in der Erleichterung zitterten mir die Knie. Die Entfernung zum Boden kam mir plötzlich größer vor.
    Es war Einbildung. Es lag an meinem Zustand. Die quer wachsenden Äste würden mir schon den Halt geben, den ich brauchte, um den Boden sicher zu erreichen.
    Erst als ich aufgeprallt war, fiel mir auf, dass ich das Flötenspiel nicht mehr hörte. Es war still geworden, aber nur für einen Moment, denn als ich mich drehte, hörte ich die Stimme des Roten Ryan.
    »Da sind wir ja wieder zusammen!«
    Er kam mit Suko auf mich zu. Schon beim ersten Blick erkannte ich, dass mein Partner unverletzt war. Aber ich sah auch die Veränderung in der Umgebung. Es gab die seltsamen Glasschlangen noch. Sie konnten sich jedoch nicht mehr bewegen. Sie standen wie kleine Plastiken auf dem Boden, starr, wie eingefroren.
    »Was bedeutet das?«, fragte ich leise.
    Suko erklärte mir, was ihm widerfahren war und dass er sich durch das Flötenspiel des Roten Ryan gerettet fühlte.
    »Dann hast du uns beiden aus der Klemme geholfen«, kommentierte ich zum Roten Ryan.
    Er winkte ab. »Sieh es nicht so eng. Es ist nur ein Teilerfolg. Die anderen sind noch da.«
    »Und ob.« Ich war an der Reihe und berichtete ihm, dass ich sie im Baum gesehen hatte. Dass sie mich hatten angreifen wollen. Dass ich ihre Schlangenküsse hätte empfangen sollen, dass sie Mutationen zwischen Tier und Mensch waren und dass ich den Verdacht hatte, dass Guywano hinter allem steckte.
    »Da liegst du richtig, John. Er hat sich eine Armee aus mutierten Schlangen herbeizüchten wollen, um diesen Teil des Reiches zu übernehmen. Und es wäre ihm beinahe gelungen.«
    »Ist dir denn bekannt, wo wir die anderen Mutationen und ihre Königin finden können?«
    »Sie sind geflohen, nicht wahr?«
    »Leider.«
    Der Rote Ryan hob die Schultern. »Sie werden zurückkehren, keine Sorge. Sie müssen es einfach tun, denn an Aufgabe denken Wesen wie sie nicht.«
    »Das hört sich an, als könnten wir hier auf sie warten.«
    »Unter Umständen.«
    »Und was schlägst du vor?«
    »Ich werde gehen. Es gibt einen Ort, wo wir sie bestimmt finden. Es ist der Platz, den sich die Königin ausgesucht hat. Nicht mal sehr weit von hier. Ich glaube, dass sie ihre Helferinnen um sich versammeln wird, um einen neuen Plan auszuhecken.«
    »An Aufgabe denkt sie nicht?«
    »Nein. Das würde nicht zu ihr passen. So etwas würde zudem Guywano nicht zulassen. Er weiß bestimmt schon Bescheid, was hier passiert ist, und wir sollten uns beeilen, sonst sind sie möglicherweise in seiner Welt verschwunden.«
    Zwar wussten wir noch immer nicht, wohin uns der Weg führen würde, aber wir hatten keine bessere Idee. Außerdem kannte sich der Rote Ryan hier besser aus.
    Das große Grab der Natur würde hier bleiben. Zumindest vorläufig. Vielleicht vergingen Jahre, bis es die Trooping Fairies wieder schafften, das Gebiet hier zu erobern.
    Der Rote Ryan ging vor. Er schaute nicht zurück, und daran hielten wir uns auch...
    ***
    Sie war Snake. Sie war die Königin. Sie war diejenige, die mit den Schlangen auf Du und Du stand. Sie liebte diese Tiere. Sie hatte sie schon in ihrer normalen Welt geliebt, und deshalb hatte sie auch im Londoner Zoo als Pflegerin im Reptilienhaus angefangen. Sie hieß nicht Snake, sie hieß nicht Königin, sie hörte auf einen anderen Namen: Silvia Beckett.
    Die Frau, die in ihrem Job aufging. Die freiwillig Dienst in der Nacht getan hatte, um mit ihren Freunden, den
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