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Im Tal der Sehnsucht

Im Tal der Sehnsucht

Titel: Im Tal der Sehnsucht
Autoren: Margaret Way
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1. KAPITEL
    „Du weißt genau, dass ich nicht erwünscht bin, Schwesterherz. Sie laden mich nur aus Verpflichtung ein.“
    Robbie hatte es sich mal wieder auf Leonas neuem Sofa gemütlich gemacht. Sein Kopf ruhte auf einem seidenen Kissen, die langen Beine ließ er lässig über die Armlehne baumeln.
    Es war das alte Thema zwischen ihr und ihrem Stiefbruder, und sie musste wie immer vermitteln. „Das ist nicht wahr, Robbie“, widersprach sie fast automatisch, obwohl er der Wahrheit leider sehr nahe kam. „Du bist nett und für jede Party ein Gewinn. Außerdem gehörst du zu Boyds Poloteam, was immerhin einiges bedeutet, und du spielst sehr gut Tennis. Als Doppel sind wir beide unschlagbar. Wir besiegen sie alle.“
    Sie alle – das waren die näheren und entfernteren Blanchard-Verwandten, von denen viele die Hausparty besuchen würden.
    „Nur Boyd nicht“, stellte Robbie fest. „Über den kann man sich nur wundern. Führender Geschäftsmann mit ungewöhnlicher Intelligenz, Superathlet und notorischer Herzensbrecher … Was soll ein Mann sich sonst noch wünschen? Man könnte ihn als neuen James Bond einsetzen.“
    „Vergiss Boyd!“ Leona warf ein Kissen nach Robbie. „Daniel Craig ist mir lieber.“ Wie gewöhnlich verbarg sie ihre Gefühle für Boyd, die tief in ihrem Herzen schlummerten. „Allerdings muss ich zugeben, dass er ziemlich perfekt ist.“
    Robbie fing das Kissen geschickt auf und lachte. „Du liebst ihn nicht zufällig?“, fragte er mit einem herausfordernden Blick. Er war ein Meister der Intuition und hatte Leona schon oft überführt.
    „Das würde einen Aufstand geben, nicht wahr?“ Sie hoffte, dass ihr heller Teint sich nicht zu verräterisch rot färbte. „Er ist mein Cousin zweiten Grades.“
    „Nur um mehrere Ecken herum“, erinnerte Robbie sie. „Die Todesfälle, Scheidungen und Wiederverheiratungen bei den Blanchards sind nicht mehr zu zählen.“
    Damit hatte er recht. Es fehlte in ihrer Familie nicht an glanzvollen Höhepunkten und echten Tragödien. Leona und Boyd hatten zum Beispiel beide die Mutter verloren – sie mit acht Jahren und er mit Mitte zwanzig. Bis dahin war seine Mutter, die schöne Alexa, Leonas Nenntante gewesen. Boyds Vater Rupert, Chef des Blanchard-Imperiums, hatte zwei Jahre später wieder geheiratet – keine nette, feinfühlige Frau in seinem Alter, wie die Familie gehofft hatte, sondern Virginia, eine geschiedene Society-Lady, die Tochter eines alten Freundes, der bei Blanchard im Vorstand saß. Sie war nur wenig älter als Boyd, Ruperts einziger Sohn und Erbe des Familienunternehmens.
    Die Familie hatte mit Bestürzung auf die so schnell erfolgte neue Verbindung reagiert. Man rechnete damit, dass die Ehe mit einem heftigen Krach und einer gigantischen Abfindung enden würde, aber niemand sprach darüber – mit Ausnahme von Geraldine, Ruperts älterer unverheirateter Schwester. Sie konnte es sich erlauben, offen zu sein, jedoch ohne damit etwas zu ändern. Rupert hatte Virginia, die bei allen nur „Jinty“ hieß, ohne jede Rücksicht auf andere geheiratet. Er schrieb seine eigenen Gesetze, wie Jinty inzwischen auch.
    „Übrigens sprechen wir nicht über Boyd, sondern über dich“, fuhr Leona fort. „Ich verstehe wirklich nicht, warum du dich fortwährend so kleinmachst.“
    „Oh doch, das verstehst du“, seufzte Robbie. „Es fehlt mir an Selbstbewusstsein.“ Plötzlich war er wieder der unglückliche, rebellische sechsjährige Junge, den Leona vor vierzehn Jahren kennengelernt hatte. „Ich weiß einfach nicht, wer ich bin. Carlo, mein Vater, wollte nichts von mir wissen. Er hat sich nie um mich gekümmert. Dein Dad, mein Stiefvater, ist ein guter Mensch, ein Gentleman der alten Schule, kann aber auch nichts mit mir anfangen. Er hofft nur, dass ich nicht weiter abrutsche. Meine teure Mutter hat mich nie geliebt … keine Frage, warum nicht. Sie hat keinen Grund, stolz auf mich zu sein, und meine Ähnlichkeit mit Carlo erinnert sie ständig an ihre gescheiterte Ehe. Und ich bin kein Blanchard, auch nicht nach all den Jahren.“ Bitterkeit sprach aus den dunkel glänzenden Augen. „Ich bin ein Fremdkörper in eurer Mitte … der seelisch verkümmerte Adoptivsohn.“
    Darauf wollte Leona sich nicht einlassen. „Bitte, Robbie, nicht schon wieder!“, stöhnte sie und ließ sich in einen Sessel fallen. Die ständige Sorge um Robbie und sein Wohlergehen belasteten sie sehr. „Musst du dich unbedingt so auf mein neues Sofa fläzen?“ Im
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