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Fessle mich!

Fessle mich!

Titel: Fessle mich!
Autoren: Arne Hoffmann
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Vorwort

Warum lieben so viele Frauen Fifty Shades of Grey ?   (Und was ist mit den Männern?)
    Die Erotik-Trilogie Fifty Shades of Grey ist mehr als ein Megaseller. Sie ist ein Phänomen der Literaturgeschichte. Zum ersten Mal gelang es einer Autorin, praktisch am etablierten Buchmarkt vorbei ihr Werk allein durch Mundpropaganda und die sozialen Netzwerke des Internets zu einem Massenerfolg zu machen. – Erst nachdem dieser Roman so unübersehbar erfolgreich war, schlug ein großer amerikanischer Buchverlag zu und nahm ihn unter seine Fittiche. Daraufhin kletterte das Buch noch einmal höher auf der Erfolgsleiter. Es besetzte über lange Zeit hinweg mit großem Abstand die Spitzenplätze der verschiedensten amerikanischen Verkaufscharts, von Amazon bis zur New York Times . Innerhalb von sechs Wochen gingen zehn Millionen Bücher über den Ladentisch – dagegen kommt nicht einmal Dan Brown an. In England verkaufte sich das Buch schneller als Harry Potter und auch in Deutschland sieht es derzeit kaum anders aus: Noch Wochen bevor das Buch überhaupt auf Deutsch erhältlich war, robbte es bei Amazon zur Spitzenposition und die Medien überschlugen sich mit ausführlichen Berichten. Selbstverständlich ist auch eine Hollywood-Verfilmung bereits in Arbeit.
    Dabei besitzt diese Trilogie das Potenzial, eine große Diskussion anzustoßen: Warum ist ein Roman so erfolgreich, der als »mommie porn« bezeichnet wird, das heißt eine Geschichte von sanfter Unterwerfung unter einen dominanten Mann? Warum reißen Frauen die Bücher aus den Regalen und verschlingen die 1400 Seiten wie gefesselt oft binnen anderthalb Wochen? Und warum stellt sich diese Irrsinnsnachfrage ausgerechnet jetzt ein, in demselben Jahr, in dem das amerikanische Time -Magazin die Neuerscheinung The Richer Sex zur Titelgeschichte kürte? (Darin geht es darum, dass die Frauen der USA die Männer, was Einkommen und beruflichen Erfolg angeht, zu überholen beginnen. – Für den 11. September 2012 wird gar ein Buch mit dem Titel The End of Men erwartet.) 60 Prozent der College-Studenten in den USA sind inzwischen weiblich, vier von zehn berufstätigen Frauen verdienen inzwischen mehr als ihr Mann und weibliche Singles zwischen 22 und 30 Jahren im Schnitt acht Prozent mehr als Männer in vergleichbaren Positionen. Widmen sich Frauen den überlegenen Männern, die sie im wahren Leben immer seltener genießen können, jetzt als erotische Fantasie, nachdem noch fantastischere Erzählformen mit Vampiren, gefallenen Engeln und Leopardenmenschen ein bisschen durch sind?
    Betrachtet man Fotos von Signierstunden, die die Autorin zu diesem Buch gibt, bekommt man Scharen moderner Frauen zu sehen, oft im schicken Business-Look, die sich wie hingerissen um E. L. James sammeln, manchmal geradezu vor ihr knien. Es handelt sich offensichtlich weder um hirnlose Tussen noch um zu Tode gelangweilte Hausfrauen. »Ich verstehe das nicht«, zitierte die New York Times die Fassungslosigkeit einer New Yorker Rechtsanwältin, was dieses Buch angeht. »Alle meine Freundinnen verschlingen es, und das sind hochgebildete, selbstbewusste, berufstätige Frauen.« Gibt man bei Google die Suchbegriffe »Why do women like shades of grey« ein, stößt man auf so viele Beiträge, die sich mit dieser Frage beschäftigen, dass man aus dieser Debatte ein eigenes Buch machen könnte.
    Die prominente amerikanische Kulturwissenschaftlerin Katie Roiphe lieferte zudem eine heiß diskutierte Titelgeschichte für das führende US-amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek mit einer irritierenden Beschreibung der Frau von heute: »Sie reißt Überstunden ab wie verrückt. Sie kümmert sich um die Kinder. Sie verdient mehr Geld. Sie managt ihr Team. Und am Ende des Tages möchte sie … den Hintern versohlt bekommen?«
    Ja, argumentiert Roiphe: Gerade weil Frauen inzwischen über mehr Macht und größere sexuelle Freiheit als je zuvor verfügten, sind sie davon zunehmend erschöpft und möchten wenigstens im Schlafzimmer gern die Kontrolle abgeben. Roiphe weist darauf hin, dass die Leserinnen des Buches entgegen so manchem beliebten Klischee über das abfällig als »mommie porn« bezeichnete Genre sich altersmäßig häufig in ihren 20ern und 30ern befinden, aus der Großstadt kommen und sich vor allem in den liberalen, progressiven Staaten finden, in denen man statt der Republi­kaner gerne die Demokraten wählt – also vermutlich gerade keine Frauen, die zurück zu den Geschlechterrollen der
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