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Fessle mich!

Fessle mich!

Titel: Fessle mich!
Autoren: Arne Hoffmann
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Auge und viel Einfühlungsvermögen – das auch aus gewachsener Vertrautheit gespeist ist. Der Devote sollte hier die Sicherheit haben, dass sein Partner mit einer fordernden Praktik eher zu früh als zu spät aufhört. Wenn er unsicher ist, könnte er seinen Partner bitten, regelmäßig nachzuprüfen, ob es ihm noch gut geht. Er sollte allerdings vermeiden, seinen Lover in eine Situation zu bringen, in der er seine Gedanken lesen muss , denn das ist oft schwierig bis unmöglich.
    Aus gutem Grund kommt im wahren Leben kaum ein psychisch gesunder Mann mehr auf den Gedanken, sich eine devot wirkende Frau einfach zu schnappen, ihr die Kleider vom Leib zu reißen, sie auf den nächsten Tisch zu werfen und sie dort durchzuvögeln. Wenn Sie sich also ein entsprechendes Szenario wünschen, dann entwickeln Sie einen Weg, ihm das mitzuteilen, statt nur darauf zu warten, dass er von selbst darauf kommt.
    Generell ist Fifty Shades of Grey in diesem Bereich eher irritierend. Christian Grey überreicht der Jungfrau Anastasia eine riesig lange Liste mit sexuellen Wünschen und Bedürfnissen, und sie darf lediglich Ja oder Nein dazu sagen. Nach ihren eventuell bestehenden eigenen Fantasien wird überhaupt nicht gefragt. Ob die nicht nur sexuell komplett unerfahrene Anastasia überhaupt einschätzen kann, was ihr guttut und was nicht, und ob sie von dieser Liste nicht komplett überfordert ist, bleibt ebenfalls außen vor. Solche Abfragebögen für Spielpraktiken findet man zwar auch in einigen SM-Veröffentlichungen, sie sind mitunter aber nur begrenzt hilfreich. Stattdessen können sie eher verwirren, weil man über die meisten Vorschläge noch nie länger nachgedacht hat und gar nicht einschätzen kann, ob das überhaupt etwas für einen wäre. Mancher nimmt sie auch als formelhaft und unpersönlich wahr und findet, dass sie den Zauber rauben, den das eigene Herantasten an das Thema SM für einen hat.
    Allerdings hätte es für Anastasia so wie für jeden SM-Anfänger hilfreich sein können, sich einmal Zeit zu nehmen, um in aller Ruhe schriftlich niederzulegen, welche Vorstellungen und Träume sie selbst von einer SM-Beziehung hat und was davon sie sich in der Realität vorstellen kann. Das Ergebnis wäre aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung nur sehr rudimentär und unfertig ausgefallen, aber bei den ersten Schritten kann eine solche Prozedur durchaus hilfreich sein. Dazu hätte es auch gehören können, dass Anastasia ihre Tabus von sich aus festlegt. Was deren Gewicht angeht, besteht zwischen Christian und ihr nämlich ein weiteres bizarres Gefälle. Zugespitzt formuliert: Sie wünscht sich, nicht an Dritte weiterverliehen und keiner Elektrofolter unterzogen zu werden; er wünscht sich, dass sie ihn nicht berührt und ihm nicht in die Augen sieht …
    Sie dürfen Ihre Meinung ändern. Nur weil Sie sich einmal zu bestimmten Praktiken bereit erklärt haben, müssen Sie sich nicht dazu verpflichten lassen, sie immer wieder zu betreiben, obwohl Sie mehrmals festgestellt haben, dass sie Ihnen weniger gefallen als anfangs gedacht. Umgekehrt kann es aber auch sein, dass Ihnen Ihr Partner etwas vorschlägt, was für Sie zunächst inakzeptabel und unvorstellbar ist, weshalb Sie es heftig abwehren, aber nachdem Sie sich eine Zeit lang an die Idee gewöhnt haben und sie in Ihrer Fantasie gebrodelt hat, verspüren Sie allmählich doch Lust dazu. Schämen Sie sich in solchen Fällen nicht, wenn Sie von Ihrer bisherigen Auffassung abweichen.
    Versuchen Sie nicht zwanghaft, eine Spielszene mit Ihrem Partner so dicht wie möglich mit Ihrer Fantasie in Übereinstimmung zu bringen. Das gilt auch für Szenen, die völlig ohne jedes körperliche oder seelische Risiko sind. Denn auch dann bestehen bei einem zu strengen Umsetzungsversuch zwei Gefahren: Erstens, dass es sowieso nicht klappen wird, die reale Welt der Vorstellung in Ihrem Kopf exakt anzupassen, sodass Sie unweigerlich auf ein Frustrationserlebnis zusteuern. Zweitens aber machen Sie dann Ihren Partner zu nicht mehr als einem Erfüllungsgehilfen und Handlanger Ihrer eigenen Ideen. Wie wir aber gesehen haben, hat Ihr Partner vermutlich seinen eigenen inneren Film im Kopf. Steuern Sie lieber beide verschiedene Elemente aus Ihren jeweiligen Fantasien bei und genießen Sie, was sich daraus Neues entwickelt. Allerdings ist es sehr gut möglich, dass Sie während des Rollenspiels Ihre Fantasien im Kopf behalten und Ihr Partner die seinen. Wenn er sich Sie schnappt, Sie fesselt, knebelt und
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