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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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ließ der Mann die Pistole sinken. Seine Hand zitterte. Die junge Frau lachte plötzlich. Sie warf den Kopf In den Nacken und stellte das Feuerzeug beiseite. Der Mann ließ die Pistole rasch in die Tasche gleiten. Sein Gesicht entspannte sich etwas. Erst jetzt wandte sich die junge Frau um.
    „Du Feigling", sagte sie spöttisch. „Ich habe dich im Glas der Fensterscheibe beobachtet. Ich hatte nicht einmal Angst... ich wußte, daß du nicht schießen würdest."
    Über die Lippen des Mannes kam ein trockenes Schluchzen. Ray konnte es mehr ahnen als hören, denn das geschlossene Fenster dämpfte alle Laute.
    „Verzeih mir!" rief er und fiel in die Knie. „Verzeih mir! Ich bin so schrecklich verzweifelt..."
    Er streckte die Arme aus, aber sie ging an ihm vorbei. An der Tür blieb sie stehen und schaute verächtlich zu ihm hin.
    „Geh endlich schlafen", sagte sie kühl.
    Ray wartete nicht länger.
    Er ging quer über die Wiese zurück. Fern am Horizont sah er den neuen Tag heraufdämmern . . . grau, milchig und ohne jede Hoffnung für ihn und sein Schicksal.
     
    *
     
    Er fand den Pavillon im rückwärtigen Teil des Parkes. Es war ein stabiles Häuschen mit Vorhängen an den Fenstern und fest verschlossener Tür. Ray mußte eine Scheibe ein- drücken und den Fensterriegel von innen öffnen, um einsteigen zu können. Im Schein eines Streichholzes sah er, daß der Raum im Biedermeierstil möbiliert war. Die Polstermöbel waren mit weißen Laken bedeckt. Sie sahen nicht einmal staubig oder verschmutzt aus. Offenbar machte die Dienerschaft den Pavillon in regelmäßigen Abständen sauber.
    Ray bedauerte, das Häuschen nicht schon früher entdeckt zu haben und zog die Schutzhülle vom Sofa. Dann streifte er sein Jackett ab und machte es sich auf dem Sofa bequem. Sein Körper streckte sich wohlig, als er zum ersten Male seit langer Zeit die weichen Polster eines sanften Lagers spürte. Ray versuchte zu schlafen, aber er mußte unentwegt an die rothaarige junge Frau denken. Schließlich dämmerte er doch ein.
    Er erwachte von einem schrillen Geräusch, das wild an seinen Nerven riß. Ray fuhr in die Höhe und blickte verstört um sich. Er begriff sofort, daß ein Telefon im Raum schrillte . . . aber wo, zum Teufel, stand der Apparat, und wer rief um diese Stunde den Pavillon an, der doch offenbar unbewohnt war?
    Ray rieb sich die Augen. Er stand auf und blickte um sich. Wieder klingelte der Apparat. Ray ging dem Geräusch nach und entdeckte einen elfenbeinfarbigen Apparat, der hinter einem der Sessel auf dem Boden stand. Fasziniert und herzklopfend betrachtete Ray das Telefon. Es hörte nicht auf, in regelmäßigen Abständen Klingelzeichen von sich zu geben. Ray zog seinen Schlips straff. Er atmete schwer. Das nicht enden wollende Klingeln zermürbte ihn. Warum, in drei Teufels Namen, gab der Anrufer nicht auf?
    Plötzlich durchzuckte Ray ein eisiger Schreck. Er begriff, daß der Anruf ihm galt.
    Ray bückte sich und nahm den Hörer von der Gabel. Stumm führte er ihn an das Ohr.
    „Endlich, Crane", ertönte eine verschleiert wirkende weibliche Stimme. „Warum haben Sie mich so Lange warten lassen?"
    Ray schloß die Augen. Träumte er? Aber nein, da war die Stimme schon wieder:
    „Tut mir leid, daß ich Sie stören mußte. Bitte kommen Sie jetzt herüber."
    „Wer spricht dort?" stieß Ray zwischen den Zähnen hervor.
    „Das wissen Sie nicht?"
    Ray blickte zum Fenster. Wie vorhin in der Ruine hatte er jetzt auch hier das Empfinden, auf der Stelle flüchten zu müssen. Aber die dunkle, samtene Stimme hielt ihn fest.
    „Gehen Sie bis zum Haus", fuhr die Stimme fort. „An seiner Rückseite finden Sie den Lieferanteneingang. Er ist offen. Betreten Sie in der ersten Etage den Korridor. Ich erwarte Sie dort."
    „Ich verstehe das alles nicht."
    „Wirklich? Enttäuschen Sie mich nicht, Crane. Ich halte Sie trotz Ihrer kindlich anmutenden Fragen für einen intelligenten Menschen. Vermutlich haben Sie den Schlaf noch nicht abschütteln können?"
    „Sie haben mich also vorhin gesehen?"
    „Natürlich. Das Licht aus dem Zimmer fiel unmittelbar auf Ihr Gesicht. Sie müssen noch viel lernen, mein Freund."
    „Jeder begeht mal einen Fehler."
    „Sie dürfen sich aber keine erlauben, Crane", sagte die Stimme ernst. „Es könnte leicht ein tödlicher Fehler sein."
    „Was wünschen Sie von mir?"
    „Das sage ich Ihnen hier im Haus."
    „Es ist schon hell. Ich kann nicht zu Ihnen kommen. Irgend jemand könnte mich sehen."
    „Die
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