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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition)
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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    1957
    Am 23. Juli 1957 stieß ein Bagger des Torfwerkes Peiting beim Abbau von Torfsoden im Schwarzlaichmoor, ca. 5 km außerhalb der Ortschaft, auf eine schwere Bohlenkiste, deren Deckel mit Holzdübeln fest verschlossen war. Statt des erwarteten Schatzes befand sich darin eine guterhaltene Leiche, deren Bergung und wissenschaftliche Bearbeitung das Textilmuseum der Stadt Neumünster übernahm.
    Die Untersuchungen ergaben, daß sich an allen vier Ecken des Sargdeckels und an den gegenüberliegenden Stellen in den Seitenwänden daumenstarke Bohrlöcher befanden, und aus diesen Löchern konnten Reste von vergangenen Schnüren, aus Weidenruten, Weidenrinde und Bast gedreht, geborgen werden. Es wird vermutet, daß an diesen Schnüren schwere Steine befestigt worden waren, um den Sarg im damaligen Sumpfgebiet von einem Boot aus dauerhaft zu versenken. Nach längerer Lagerung im Moorsee müssen die Stricke nacheinander   gerissen und der Sarg nach oben gestiegen sein, dadurch erklärt sich das Vergehen des Fleisches an den auf der Brust gekreuzten Unterarmen und dem Schädel, die zeitweise nicht von der Moorbrühe bedeckt waren.
    Bei der sonst überdurchschnittlich gut erhaltenen Leiche handelt es sich um eine junge Frau aus dem frühen Mittelalter, die kurz vor ihrem Tod ein Kind geboren hatte. Ihre Kleidung bestand aus einem faltenreichen Gewand aus Wolle, das von den Schultern bis zum Knie reichte, aus Leinenunterzeug, einem kunstvoll gearbeiteten Haarband und auffälligen, langen Schaftstiefeln aus Rind- und Ziegenleder. Diese Stiefel gehören eindeutig nicht zum abendländischen Bereich und erinnern eher an südosteuropäische Reitervölker als an bairische Bauern.
    Die Todesursache ist unbekannt und wurde bei der genauen Untersuchung des Körpers nicht gefunden, allerdings wurde die Leiche nicht auf Gifteinwirkung untersucht. Der Sarg wurde in aller Eile hergerichtet, denn es fanden sich noch Späne der Bohrlöcher darin, und die hastig in die Kiste gebettete, bereits tote Frau mußte anscheinend schnell und unbemerkt aus der Gemeinschaft verschwinden.
    Dieser für Bayern einmalige Moorleichenfund gibt einige Rätsel auf, denn die Vorstellung einer Versenkung des Sarges im Moor als einer gottgeweihten, heiligen Stätte wie vor 2000 Jahren bei den Menschen in Nordeuropa dürfte für das im frühen Mittelalter christliche Bayern nicht in Frage kommen, denn das Moor war ein Platz des Grauens und der Furcht.
    Seit einigen Jahren ist die Moorleiche wieder in Bayern, hier wird sie in der Archäologischen Staatssammlung München mit den modernsten Methoden noch einmal untersucht. Zu den neuen Erkenntnissen finden Sie näheres unter
    www.mein-name-ist-afra.de
     

Prolog
    Mein Name ist Afra. Keine der anderen Frauen oder Mädchen aus unserem Dorf Pitengouua trägt diesen Namen, noch habe ich ihn sonst irgendwo nennen gehört. Es ist ein ungewöhnlicher Name in unserer Gegend, in der die Mädchen Hiltibirc und Leutgard, Prisca oder Madeltrud heißen. Nach der heiligen Frau, deren Gebeine in Augusburc am Fluss Lecha liegen und die für unseren Glauben gestorben ist, hat mich meine fromme Mutter genannt, wohl auch deshalb, weil ich am Festtag der Märtyrerin Afra, am 7. August, geboren wurde. Die Enttäuschung meines Vaters Wezilo darüber, daß meine Mutter Rautgund wieder eine Tochter geboren hatte und keinen Sohn, der ihm nachfolgen konnte im Amt des Meiers, war so groß, daß er die Wahl des Namens ganz seiner Frau überließ und auch das Neugeborene die ersten Tage kaum beachtete.
    Mein Name ist Afra, und trotzdem ich den Namen dieser tapferen Heiligen trage, bin ich doch nicht standhaft und aufrecht geblieben wie sie, sondern war feige und mutlos und wollte vor allem meine eigene Haut retten. Über viele Jahrhunderte hinweg spreche ich heute von meiner Schuld und dem Unrecht, das ich und die Anderen aus meinem Dorf meiner Schwester im Herrn und guten Freundin Richlint und dem Vater ihres Kindes angetan haben. Diese Schuld zu sühnen habe ich Zeit meines irdischen Lebens versucht, aber Ruhe und Frieden kann es für mich nicht geben, solange nicht die ganze Geschichte erzählt worden ist. Wie ein dunkler Engel steht Richlint neben mir, mahnend und fordernd über all diese lange Zeit. Ihr selbst und ihrer Liebe zu dem Fremden muß Gerechtigkeit getan werden, und wenn sie ihren Frieden hat, dann werde auch ich den Meinen finden. Die wahre Geschichte, das, was wirklich passiert ist im Sommer des Jahres 955, als Richlint
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