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Schattenwende

Schattenwende

Titel: Schattenwende
Autoren: Katharina Seck
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Türrahmen erschien ihre Nachbarin Lizzy, die glücklicherweise des Öfteren nachmittags auf ihre Kleine aufpasste, während Daphne das zum Leben notwendige Geld verdiente. Daphne hasste sich selbst dafür, dass sie ihrer Tochter solch eine Kindheit zumutenmusste, aber sie wusste nicht, wie sie anders über die Runden kommen sollte als mit einer Ganztagsstelle und dem Kellnerjob am Wochenende. Halies Vater hatte sie schon während der Schwangerschaft im Stich gelassen und war abgehauen. Mittlerweile war der Idiot mit seiner Firma pleite gegangen und so nicht einmal mehr in der Lage, ihr Unterhalt zu zahlen.
    So war sie ganz auf sich allein gestellt.
    „Mum, Lizzy und ich haben Lasagne für dich gemacht, weil du bestimmt schon ganz großen Hunger hast!“, plapperte Halie und strahlte sie an.
    „Das war aber lieb von euch“, antwortete sie lächelnd und ließ sich von ihrer Tochter in die Küche ziehen.
    „Vielen Dank, Lizzy …“ Daphne wusste nicht, wie sie die Dankbarkeit ausdrücken sollte, die sie empfand.
    „Kein Problem“, winkte ihre Nachbarin ab und hing die Schürze, die sie getragen hatte, über einen Küchenstuhl, nachdem sie die verführerisch duftende Lasagne auf den Tisch gestellt hatte. Rasch verabschiedete sie sich und ließ Mutter und Tochter allein zurück.
    Daphne verteilte eine Portion der dampfenden Nudeln auf Halies und eine auf ihren eigenen Teller und sie begannen zu essen, wobei die Kleine munter von ihrem Tag erzählte:
    „… und weil es so heiß war, hat Meggy uns dann zum Eis essen eingeladen!“
    Daphne lächelte anerkennend.
    „Oh wow, das war aber nett von deiner Lehrerin. Welche Sorte hast du denn gegessen?“
    „Also, ich wollte Schoko haben, weil, wir durften ja nur eine Kugel essen, aber der Verkäufer hat mir heimlich noch Vanille dazu gegeben.“
    Halie grinste stolz und Daphne wunderte sich unwillkürlich darüber, wie ihre Tochter es immer wieder schaffte, alle Menschen derart um den Finger zu wickeln. Sie kannte viele Kinder, aber keines, das so unkompliziert und fröhlich war wie Halie. Gedankenverloren schob sie sich eine Gabel Lasagne in den Mund, wobei ihr Blick ungewollt auf den Stapel Papier fiel, der am äußerten Rand des Tisches lauerte. Ihre Brust krampfte sich schmerzhaft zusammen. Die meisten Briefe waren nochungeöffnet, aber sie wusste genau, was sich darin verbarg. Rechnungen, Mahnungen … vielleicht sogar Schlimmeres.
    „Mum?“
    Himmel. Sie war schon wieder mit ihren Gedanken meilenweit fort gewesen.
    „Ja, Schatz?“
    „Darf ich noch ein bisschen fernsehen, bevor ich schlafen muss?“
    Halies Mutter warf einen schnellen Blick auf die Uhr. 6.37 Uhr. Punkt sieben war Schlafenszeit.
    „Meinetwegen, Halie. Aber denk dran, um sieben ist Feierabend.“
    „Ja klar, Mum, weiß ich …“ Halie sprang von ihrem Stuhl auf und drückte ihrer Mutter einen schmatzenden Kuss auf den Mund.
    „Hab dich lieb, Mummy!“
    „Ich dich auch, Schatz. Und schlaf gut …“, antwortete Daphne und wartete, bis ihre Tochter in ihr Zimmer verschwunden war, ehe sie leise den Tisch abräumte und das benutzte Geschirr abspülte. Als sie damit fertig war, schaute sie nach Halie, die ihr Wort tatsächlich gehalten hatte und bereits tief und fest schlief.
    Eigentlich hätte Daphne noch einige Hausarbeiten erledigen müssen. Die Wäsche stand ungebügelt im Keller und die Wohnung putzte sich nicht von selbst, selbst wenn sie noch so klein und armselig war.
    Aber heute würde sie das nicht mehr auf die Reihe kriegen. Dafür war sie schlichtweg zu erschöpft. Sie ließ sich aufs Sofa fallen und statt sich ihrer abendlichen Lektüre zu widmen, schaltete sie den Fernseher ein. Während die Bilder an ihr vorbeiflimmerten, schweiften ihre Gedanken ab und sie dachte mit Sorgen an ihre unsichere Zukunft.
    Wenn nicht bald ein Wunder geschah, wusste sie nicht, was mit Halie und ihr noch geschehen würde. Sie war mit ihrer Kraft beinahe am Ende.
    Es war noch sehr früh am Morgen, als Daphne Halie zu ihrer Tante fuhr.
    „Mach’s gut, Schatz. Benimm dich bei Tante Janet und hör auf das, was sie dir sagt, okay? Und wenn was ist, kannst du mich jederzeit anrufen.“ Daphne drückte ihre Tochter an sich und deren dunklen Augen leuchteten auf.
    „Klar, Mummy. Tante Janet hat mir versprochen, dass wir nachher in den Zoo gehen. Das wird bestimmt super toll!“
    Daphne lächelte zärtlich und fing das Zwinkern ihrer Schwester auf. Janet war ein Segen und die einzige Person ihrer Familie, mit
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