Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Land jenseits des Waldes, Band I

Das Land jenseits des Waldes, Band I

Titel: Das Land jenseits des Waldes, Band I
Autoren: Benedikt Altmann
Vom Netzwerk:
02 Lohenmuld
     
»S o jetzt kann es losgehen!«
    Mühsam wuchtete Knars seine schwere asics Tasche vom hinteren Sitz über die Schulter.
    Der braune Jaguar schnurrte derweil gelangweilt im Leerlauf vor sich hin.
    Tief, ganz tief hingen an diesem Tag die Wolken vom Himmel. Es schien fast schon so, als weigerte er sich immer noch standhaft, seine lange gespeicherte Feuchtigkeit endlich in Form von Regen abzugeben. Obwohl es gerade einmal früher Nachmittag war, war zudem bereits Nebel aufgezogen, der schon die ersten Vorboten der abendlichen Dämmerung in sich zu tragen schien.
    Knars gab dem Fahrer durch ein kurzes Handzeichen zu verstehen, dass er ruhig im Auto sitzen bleiben konnte. Dann schleppte er beladen seine Tasche in Richtung Tor. Einige kleinere Gegenstände befanden sich dagegen lose zusammengewürfelt in einem weiß bedruckten schwarzen Stoffbeutel, den Knars locker über sein Handgelenk baumeln ließ.
    Eine schon lange nicht mehr polierte Messingplatte neben den an einigen Stellen schon angerosteten Stahlstreben verkündete feierlich:
     
    Schlossgymnasium Lohenmuld
    Stiftung - Internat - Oberstufenkolleg
     
    Knars bückte sich ein klein wenig, um einen Schalter an einer hoch modernen Sprechanlage zu betätigen.
    »Ja … Bitte!« schepperte es in einer unkenntlichen Stimme heraus, während sich die Überwachungskamera oben an einem der Torpfosten leise surrend zu drehen begann.
    »Konstantin Westerholdt«, bemühte sich Knars laut und vor allem deutlich zu sprechen und blickte dann konzentriert hinauf in die Kamera. Nach einer nicht einmal so kurzen Weile schepperte es erneut aus der Sprechanlage, ohne dass Knars auch nur irgend etwas verstehen konnte, dann begann sich sehr langsam und nahezu lautlos das Tor zu öffnen.
    Bedächtig und auch mit einigem Zögern betrat Knars das so gesicherte Gelände und mit jedem Schritt, den er tat, schien seine geschulterte asics Tasche schwerer und schwerer zu werden. Eine schmale geteerte Straße führte hinunter zum Schloss, das man von hier oben aus aber noch nicht sehen konnte. Links und rechts davon dichter dunkler Wald von verschiedenartigen Nadelbäumen. Knars sog jenen einzigartigen Geruch von Feuchtigkeit und Waldboden tief, ganz tief in sich ein. So tief, dass er gar nicht merkte, wie sich das Tor hinter ihm bereits wieder vollständig geschlossen hatte. Als hätte er genau auf eben diesen Moment nur gewartet, wendete augenblicklich der Fahrer den Jaguar mit dem provokativen Schwung einer fauchenden Katze und brause surrend davon in Richtung Königshofen, der nächsten nennenswerten menschlichen Ansiedung in exakt 25.3 Kilometern Entfernung.
    Knars Eltern würde heute Abend knallhart Bericht erstattet werden. So in der Art:
    Paket abgeliefert und persönlich übergeben. Punkt!
    Knars war jetzt aber auch ganz froh darüber, dass er den letzten Weg hinunter zum Schloss nun alleine zurücklegen konnte. Wenn er an die Blicke der Leute vorher in Königshofen dachte, ersparte ihm das wohl so manche Peinlichkeit, wenn er an seiner neuen Schule nicht im Auto vorfuhr. Zudem hatte er jetzt auch noch die Möglichkeit, sich an der frischen Luft für ein paar Minuten innerlich zu sammeln, bevor er seine neuen Mitschüler kennen lernte.
    Knars richtete erneut den Tragegurt seiner schweren asics Tasche, und als er einen mühsam beladenen Schritt auf der schmalen, von dunkelfeuchten Wald gesäumten Straße vor den anderen setzte, begann es urplötzlich leicht sprühend zu regnen und schluchzend füllten seine Augen sich mit Tränen.

03 Frau Professor Wechselberger
     
K nars wusste echt nicht mehr so genau, wie lange er nun eigentlich auf der schmalen geteerten Straße, die den dichten Wald in zwei Hälften teilte, unterwegs gewesen war, als aus der fast schon hereinbrechenden Dunkelheit auf einmal urplötzlich das Schloss auftauchte, das das Oberstufenkolleg von Lohenmuld beherbergte.
    Riesige uralte Kastanienbäume säumten nun den Rest der sich ganz allmählich verbreiternden Straße hinunter zum Parkplatz vor dem Schloss. Auf der Straße, dem Parkplatz und den Grünflächen dazwischen lag reichlich dichtes buntes Kastanienlaub, für das sich ganz offenbar niemand zuständig fühlte, um es zu ordentlichen Haufen zusammen zu fegen.
    Eine dezente Art von kultivierter Verwahrlosung, dachte sich Knars. Hier an diesem ganz besonderen Ort braucht sich wohl niemand mehr auch nur irgendetwas mit solchen dummen Äußerlichkeiten zu beweisen. Das war eher ein Privileg für die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher