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Das Land jenseits des Waldes, Band I

Das Land jenseits des Waldes, Band I

Titel: Das Land jenseits des Waldes, Band I
Autoren: Benedikt Altmann
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Direktionsbüro.
    Knars wusste in eben diesem Moment nur allzu gut, dass er hier wohl so schnell keine zweite Chance für einen guten Ersten Eindruck mehr bekommen würde.
    War ja wirklich echt dumm gelaufen, das Ganze hier.
    Shit Happens!
     
     
    Frau Professor Wechselberger deutete auf zwei bescheidene ungepolsterte Holzstühle vor einem riesigen Schreibtisch. »Da kannst jetzt erst mal a bisserl ausrasten, Konstantin. Ich komm’ gleich wieder.« Dann ging sie durch einen großzügigen Durchgang hinüber in ihr eigentliches Büro und ließ Knars dabei zunächst in einer Art riesigen Empfangszimmer zurück.
    Edle Ölgemälde an den Wänden zeigten wohl die früheren Leiter dieser Schule. Knars erkannte unter ihnen jedoch nur eine berühmte frühere Herzogin von Lohstein, die diese Einrichtung einst 1928 gegründet hatte. Sonst nur Männer. Frau Professor Wechselberger schien somit die erste weibliche Direktorin in der Geschichte dieser Schule zu sein. Und da sie ja noch im Amt war, hing ihr Bild natürlich noch nicht an der Wand. Auch wenn manche ihrer Kollegen es bereits gerne dort hängen gesehen hätten.
    Erschöpft ließ Knars sich auf die wenig bequeme, ungepolsterte Sitzgelegenheit an der Fensterseite des Raumes fallen, seine blaue asics Tasche neben sich. Seine dunkelblaue leicht gefütterte Jacke legte er sorgfältig auf den Stuhl daneben. Und obwohl ein echtes Feuer in einem echten Kamin das Zimmer prasselnd aber ungleich erwärmte, merkte Knars erst jetzt, wie kalt ihm eigentlich war und wie jene seltsame feuchte Kühle aus dem Wald ihm nun auch hier drinnen im Schloss durch den Parkettboden hindurch über die Sohlen seiner Füße in den gesamten Körper hinein kroch.
    Während er hörte, wie Frau Professor Wechselberger in ihrem Arbeitszimmer nebenan elaboriert fluchend mit der Computertastatur hantierte, trat Knars einige Schritte hinüber zum Kamin und versuchte sich näher am Feuer etwas aufzuwärmen.
    Doch jene eigenartige Kälte kroch von seinen Füßen ausgehend immer wieder und immer weiter in ihm hoch.
    So durchwühlte Knars schließlich das Chaos seiner asics Tasche, in der sein ganzes privates Zeugs reichlich durcheinander geschüttelt herum lag, nach einem neuen Paar sauberer Socken, das er aber erst nach einiger Zeit des intensiven Suchens finden konnte.
    Als er gerade dabei war, diese über seine frierenden, noch feuchten Füße zu streifen, kam Frau Professor Wechselberger plötzlich mit einem Stapel Akten zurück ins Zimmer, die sie stilsicher auf den großen Schreibtisch vor Knars knallte.
    »Ah. Westerholdt. Ich seh’, du bist ja gut ausstaffiert.«
    Knars nickte folgsam in demütig gebückter Sitzhaltung. Er hielt das in seiner augenblicklichen Lage für angemessen. Dann kramte er aus der Tasche ein Paar nobler schwarzer Schuhe heraus, die eigentlich dazu vorgesehen waren, sie zu festlichen Anlässen mit dunkler Hose, Sakko und Krawatte zu tragen. Seine Hose ließ er dazu jedoch weiter hochgekrempelt, da auch sie am unteren Ende etwas von dem Schlamm, der seine Joggingschuhe wohl für immer ruiniert hatte, abbekommen hatte.
    Scheu ließ er seinen Blick schweifen. In Frau Professor Wechselbergers Arbeitszimmer konnte er aus dem spitzen Winkel seiner Blickrichtung nur eine Kommode und die von ihrem Schreibtisch abgewandte Wand erkennen. Dort hing ein Bild von Hippolyte Flandrin , das sehr dezent einen sitzenden nackten jungen Mann zeigte. Wohl eine sehr schöne Kopie des Originals aus dem Pariser Louvre, dachte sich Knars, war sich aber auf einmal gar nicht mehr so sicher, ob nicht vielleicht doch das weltberühmte Bild im Museum der französischen Hauptstadt nur eine Reproduktion war und das dort drüben in Frau Professor Wechselbergers Büro womöglich das Original darstellte.
    Seit er hier heute am frühen Nachmittag das Tor durchschritten hatte, schien so manches nicht mehr gar so, wie es war oder wie es vielleicht hätte sein sollen. Harte Fakten, nachprüfbare Tatsachen, gesichert geglaubte Erfahrungswerte schienen sich im feuchten Zauber dieses unangenehmen Novemberabends irgendwie im hellen Nebel zu verlieren, der vom See unten ausgehend langsam zum Schloss hinauf kroch.
    Neben dem Flandrin hing ein großes farbiges Poster von Gregor Schlierenzauer , dem Olympiasieger im Skispringen und ebenfalls ein Tiroler wie auch Frau Professor Wechselberger. Am unteren Ende mit dickem schwarzen Stift unterschrieben inklusive einer persönlichen Widmung.
    Das Skisprungposter wurde an seiner
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