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Das Land jenseits des Waldes, Band I

Das Land jenseits des Waldes, Band I

Titel: Das Land jenseits des Waldes, Band I
Autoren: Benedikt Altmann
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anderen Seite eingerahmt von einem weiteren großformatigen Fotodruck, der den berühmten jungen Sportler nur mit einem weißen Handtuch um seine Hüften zeigte, wie er sich nach einem Saunagang auf einer schlichten Holzbank ausruht. Wie federleicht er ohne seinen Skisprunganzug doch wirkt, dachte sich Knars, für einen Jungen in seinem Alter fast schon bedenklich mager.
    Ganz allmählich verstand Knars, warum Frau Professor Wechselberger im vergangenen Jahr von einem Nobelinternat aus den bergigen Höhen Tirols ausgerechnet nach Lohenmuld gewechselt war, ausgerechnet als Leiterin einer reinen Jungenschule. Dies stand wohl auch damit im Zusammenhang, dass alles, was mit Lohenmuld zu tun hatte, mittlerweile in eine Stiftung überführt worden war, die ihren Sitz in Österreich hatte.
    Auch. Aber mit Sicherheit nicht nur.
    Knars verstand und zugleich fröstelte es ihn leicht, obwohl das Saunabild eigentlich sehr viel Wärme im Kontrast zur kalten Umgebung, in der üblicherweise Wintersport betrieben wird, ausstrahlte.
    »Schön, dass du dich fürs Skispringen interessierst, Konstantin.« Von Knars völlig unbemerkt war Frau Professor Wechselberger mit einem dünnen Schnellhefter wieder zurück ins Besprechungszimmer gekommen und riss Knars, dessen Blick intensiv auf die Bilder gerichtet war, aus seinen Gedanken. »Der Schlieri is’ schon ein ganz arg fescher Bursch, nedd wahr?« sagte sie und lächelte halb bewundernd und halb verzaubert.
    Knars zuckte innerlich zurück, nach außen nickte er aber zustimmend und folgsam. Er hielt dies in seiner augenblicklichen Situation für angebracht.
    »Die meisten deutschen Schüler hier wissen ja nicht einmal, wer er überhaupt ist und was er macht«, führte Frau Professor Wechselberger weiter aus. »Nicht einmal dein Vorgänger hier kannte ihn, und der war ja immerhin selbst Skisportler in eurer deutschen Jugendnationalmannschaft, aber ein Alpiner war er halt.«
    Knars nickte wieder folgsam und senkte unterwürfig den Blick. Er hielt dies in seiner momentanen Lage hier für mehr als nur angemessen, obwohl es schon irgendwie befremdlich auf ihn wirkte, dass Frau Professor Wechselberger von seinem Vorgänger hier an dieser Schule bereits in der Vergangenheitsform sprach, ganz so, als sei er schon gestorben. Aber vielleicht war er das ja wohl auch für sie. Irgendwie.
    Nächstes Jahr im Sommer sollte der Schlieri dann auch mal selbst nach Lohenmuld kommen und auf Wunsch der Direktorin eine ganze Woche lang sportliche Trainingseinheiten leiten und die Schüler in die hohe Kunst von Motivation, mentaler Stärke und unbedingter Leistungsbereitschaft unterweisen. Jedenfalls war das so geplant. Arbeitstitel: Lernen von den Champions . Würde jedenfalls tolle Bilder geben fürs MulderMagazin und die neuen Schulbroschüren.
    Nebenan telefonierte Frau Professor Wechselberger mittlerweile. »Ja. Grüß sie Gott, Herr Diplomkaufmann. Entschuldigen sie bitte nochmals, dass ich sie an einem Sonntagabend belästige. Wie ist das Wetter bei ihnen in Wien? Schön. Also. Ja der junge Westerholdt hat sich scheinbar entschlossen, jetzt doch noch bei uns hier aufzutauchen … Schau’n sie doch bitte gleich mal nach, ob diese Westerholdts mittlerweile die Aufnahmegebühr entrichtet haben. Bitte. Ja. … Unterjährige Aufnahme mit Ausnahmeregelung: Konstantin Neidhart Westerholdt«
    Natürlich hätte Frau Professor Wechselberger auch durchaus diskret die Schiebetür zwischen dem Besprechungszimmer und ihrem eigentlichen Büro schließen können, damit sie ungestört hätte telefonieren können. Hätte sie durchaus. Es wäre ein Leichtes für sie gewesen. Tat sie aber nicht. Und so wurde Knars gleich in seiner ersten Stunde hier in Lohenmuld knallhart klargemacht, wo hier sein Platz zu sein hatte. Mit anderen Worten: seine Bewährungsfrist hier in Lohenmuld endete mit dem Ablaufdatum der Kreditkarten seiner Eltern.
    »Dumme Sache, das Ganze mit dem jungen Tischendorf«, hörte Knars Frau Professor Wechselberger drinnen weiter mit dem geschätzten Herrn Diplomkaufmann in der österreichischen Hauptstadt telefonieren. »Letzten Freitag saß seine Mutter hier bei mir und war völlig fertig. Total am Ende die Gute.
    Aber leider, leider sind mir in so einem Fall die Hände gebunden. Passivrauchen oder auch nicht! Positiver Drogentest ist positiver Drogentest. Punkt. Aus. Schluss. Keine Verwarnung mehr. Sondern Abflug. Sofort. Punkt. Aus. Vorbei. Der junge Tischendorf ist ab sofort kein Mulder mehr, auch
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