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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target
Autoren: Tom Cain
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Als Aliks sich aufrichtete, saß er noch genauso starr da, mit aufgerissenen Augen und offenem Mund, dass die Furcht in ihr aufstieg, er könnte tot sein. Doch nein, er fühlte sich warm an, und seine Brust hob und senkte sich unter flachen, schnellen Atemstößen. Aliks beugte sich herab und nahm ihn in die Arme.
    Als Carver endlich redete, mit heiserer, schwankender Stimme, und seine blinde Hilflosigkeit offenbarte, ließ sich Aliks schluchzend an seine Schulter sinken. Sie hatte noch nie echtes Mitleid empfunden. Sie hatte es immer als einen Sieg erlebt, wenn den Männern in ihren Armen die Täuschung klar wurde. Jetzt hatte sie ein Gefühl grenzenloser Hinwendung, den Wunsch, für diesen Mann zu sorgen, ihn zu pflegen und gesund zu machen, ganz gleich, wie lange es dauerte.
    Doch zuerst musste sie ihn aus dem Stuhl herausholen, von diesem blendenden Leuchtkasten wegbringen. Sie sprach ihm ins Ohr: »Hilf mir, Samuel. Wir müssen dich von hier wegschaffen. Und du musst mir dabei helfen.«
    Zum ersten Mal wandte er ihr den Kopf zu. Er blinzelte mehrere Male, als könnte er dadurch klarer sehen; dann hob er den Blick und schaute ihr prüfend ins Gesicht, als suche er nach einem Hinweis.
    »Ich bin’s«, sagte sie. »Aliks. Ich komme dich holen. Es tut mir so leid, Liebling. Ich war so grausam zu dir. Aber das war nur gespielt. Du musst mir glauben. Ich liebe dich. Aber bitte, bitte versuch zu gehen … Verstehst du mich?«
    Carver runzelte die Stirn und blinzelte, dann nickte er bedächtig.
    »Kannst du laufen?«
    Ein unartikuliertes Krächzen kam über seine blutigen Lippen. Er fing an Armen und Beinen an zu zittern, während er die Kraft und den Willen für eine schwere körperliche Anstrengung aufbieten wollte. Aliks trat einen Schritt zurück, um ihm Platz zu machen, als Carver sich auf die Armlehnen stützte und mühsam aus dem Stuhl hochstemmte. Langsam, mit einer Grimasse konzentrierter Anstrengung richtete er sich auf, Stückchen für Stückchen, bis er gerade dastand. Dann sank er in Aliks’ Arme.
    Einen Moment lang hielt sie ihn fest. »Komm weiter, Liebling«, sagte sie. »Laufe für mich. Einen Schritt … nur einen Schritt.«
    Carver nickte wieder und stellte ein Bein vor. Er tat es mit der Steifheit eines Menschen, der eine Prothese ausprobiert. Er verlagerte das Gewicht nach vorn.
    »Gut gemacht, Liebling. Großartig. Jetzt noch einen Schritt«, redete Aliks ihm zu.
    Carver unternahm den nächsten steifen Versuch mit dem linken Fuß. Dann schüttelte er Aliks ab, stieß sie zur Seite und ging zwei große ungelenke Schritte, bis er erneut in ihre Arme fiel.
    »Hange«, nuschelte er. Er schloss die Augen, rang mit sich, dann setzte er neu an. »Dange«, brachte er mit seiner geschwollenen Zunge und den lockeren Zähnen hervor.
    Aliks lachte leise und blinzelte ihre Tränen weg. »Gern geschehen. Jetzt komm mit mir von diesem Licht weg, dort in die Ecke.«
    Sie führte ihn langsam in die Kameraecke, wo sie ihn wie einen Besen gegen die Wand lehnte. »Geht es?«, fragte sie und ließ seine Schultern los, nahm die Hände aber nicht weg, um ihn notfalls wieder aufzufangen.
    »Hm-hm.«
    Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die rissigen Lippen. Dann griff sie in ihre Tasche nach den Kleidungsstücken. Als sie die Jeans herauszog, hatte sich die Sig Sauer darin verfangen. Sie knallte auf den Boden.
    »Waffe …«, sagte Carver, der darauf starrte, aber keinen Versuch machte, sie aufzuheben. Er nickte nur. »Gut. Brauche eine …«
    Aliks ignorierte das. Sie war damit beschäftigt, ihm die Hosenbeine über die Füße zu streifen und die Hose hochzuziehen bis über den abscheulichen schwarzen Nylongürtel, um ihm ein bisschen Würde zurückzugeben. Es war noch ein wichtiger Handgriff zu erledigen, doch davor hatte sie Hemmungen. Sie konnte das nicht begreifen, nach allem, was sie schon mit Männern getan hatte, aber bei Carvers Reißverschluss wurde sie schüchtern. Warum kam ihr das so viel intimer vor?
    Carver bemerkte ihr Unbehagen und lächelte. Zum ersten Mal sah sie einen schwachen Schimmer in seinen Augen, den Hauch einer Andeutung, dass der echte Samuel Carver zu ihr zurückkehrte. »Ich mach das«, nuschelte er.
    Sie musste seine Finger an den Reißverschluss heranführen. Er zog ein Stück und bekam ihn halb zu. Aliks schüttelte den Kopf über sich selbst und erledigte den Rest.
    »Du liebst mich?«, fragte er, als wäre ihm das völlig neu.
    Aliks biss sich auf die Oberlippe und
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