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Samuel Carver 01 - Target

Samuel Carver 01 - Target

Titel: Samuel Carver 01 - Target
Autoren: Tom Cain
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verlassen, wenn er sich mit Aliks höflich von Schukowski verabschiedete. So gesehen war ganz klar, dass dieses Treffen jederzeit in die Hose gehen konnte.
    Aber auch dann hatte Larsson großes Zutrauen in Carvers Überlebensfähigkeiten. Er klammerte sich an das Bild, wie Carver bei einer Schießerei aus dem Chalet rannte und ein schnelles Fluchtauto benötigte. Wenn es so weit war, würde Larsson mit laufendem Motor draußen stehen.
    Es war nach Mitternacht. Er saß allein im Dunkeln und wartete darauf, was passieren würde, auch wenn er nicht wusste, wann und was da käme. Im Radio sangen die Greatful Dead. Larsson hatte ein eiskaltes Stück Pizza und einen genauso kalten Becher schwarzen Kaffee auf dem Schoß. Alles in allem war es wie zuhause.

80
    Juri Schukowski ließ sich Zeit. Es waren zwei Stunden vergangen, seit Aliks seine Schritte auf der Treppe und dann auf dem Flur gehört hatte. Sie hatte lauschend verfolgt, wie die Männer unten tranken, prahlten und schmutzige Lieder sangen. Einmal war die Party unterbrochen worden; die Männer waren durch die geflieste Halle getrampelt, und kurz darauf hatte sie aus dem Untergeschoss gedämpftes Knattern hören können.
    Waren das Schüsse gewesen? Aliks versuchte so zu tun, als könnte es eine andere Erklärung dafür geben, doch die nächstliegende ließ sich nicht beiseiteschieben: Carver war erschossen worden. Sie schloss die Augen und betete: Lieber Gott, lass ihn leben. Nimm ihn mir nicht weg.
    Dann waren die Männer ins Wohnzimmer zurückgekehrt, und ihr überhebliches Gelächter wurde noch lauter als vorher. Schließlich ging die Party zu Ende. Ein paar Augenblicke später sprang die Schlafzimmertür auf, und da stand Juri als dunkle Silhouette im Flurlicht, in einer Hand den Laptopkoffer.
    Aliks klopfte einladend neben sich aufs Bett. Sie lag für ihn zurechtgemacht gegen einen Haufen schneeweißer Kissen gelehnt, bekleidet mit einem kurzen, milchkaffeebraunen Spitzennachthemd. Das eine Bein hatte sie an sich gezogen, das andere ausgestreckt, damit das winzige Spitzenhöschen zu sehen war.
    »Komm zu mir, Liebling«, schnurrte sie. »Du hast mir gefehlt.«
    Juri stellte die schwarze Tasche auf den Boden und machte ein paar Schritte ins Zimmer. Er stand ganz still mitten auf dem Teppich. Sie wusste, er hatte mit den anderen getrunken, doch seine Stimme verriet davon nichts, als er antwortete: »Nein. Du kommst zu mir und beweist mir, wie sehr du mich vermisst hast. Beweise es auf den Knien.«
    Hinterher half sie ihm beim Ausziehen, schmiegte sich an ihn und erregte ihn pflichtschuldigst, während sie ihn zum Bett führte. Doch nun, da Juris dringendstes Bedürfnis erst einmal gestillt war, schien er mehr darauf aus zu sein, die Schmerzen zu schildern, die er Carver zugefügt hatte.
    »Wir haben ihn ungefähr eine Stunde da drinnen gelassen«, sagte er, als sie unter die Decke rutschten. »Dann ist Kursk mit seinen Leuten in den Raum gestürmt und hat ihn von dem Stuhl losgemacht. Er war restlos verwirrt. Es war deutlich, dass er überhaupt nichts sehen konnte, so lange hatte er in dieses Licht gestarrt. Er wedelte mit den Armen wie ein Blinder.«
    Aliks brachte ein kleines Kichern zustande. Juri fühlte sich ermuntert.
    »Sie haben ihn in die Garage gebracht und an die Wand gestellt. Da stand er mit eingezogenem Kopf wie ein geprügelter Hund und stierte mit diesen aufgerissenen Augen umher. Er hatte noch das Klebeband auf den Lidern. Ich muss sagen, es war ganz nostalgisch, fast wie in alten Zeiten. Und das Faszinierende war: Er hatte die Hände frei. Er hätte sich das Klebeband abziehen können und begriff es nicht. Ich wollte aber, dass er versteht, was los ist.«
    »Ich will es auch«, sagte Aliks, die an seinem Ohr knabberte und ein Bein um ihn schlang.
    Juri nickte, während sie mit den Fingernägeln über seine Brust strich. »Ich habe Titow befohlen, dafür zu sorgen. Darum wurde ihm das Band abgezogen. Er blinzelte ein paar Mal und machte die Augen zu. Als er sie wieder öffnete, fing er an ganz jämmerlich zu heulen. Kursk gab ihm ein paar Ohrfeigen; das schien ihn wach zu machen. Da erst hat er kapiert, was los war, dass er an der Wand stand und vier Männer auf ihn zielten. Und dann – ich muss sagen, das war vielleicht der befriedigendste Moment von allen – hat er versucht, sich aufzurichten wie ein Mann … und konnte es nicht. Er fiel vornüber. Einer musste hingehen und ihn hochziehen und gegen die Wand lehnen …«
    Aliks versuchte,
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