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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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Kabel aus dem Gerät auszurollen.
    Direkt neben der Tür zum Abstellraum befand sich die Tür zu Lars’ Zimmer. Schlaicher klopfte kurz an und öffnete. Jonas saß im Schneidersitz auf dem Boden, Lars an seinem Computer.
    Â»Habt ihr sie erreicht?«, fragte Schlaicher.
    Â»Nee, bei ihr zu Hause geht keiner ran«, antwortete Jonas.
    Â»Ich versuche es gerade über ICQ «, sagte Lars. Er fügte eine Sekunde später hinzu: »Fehlanzeige.«
    Â»Also das kann doch alles gar nicht sein. Wieso funktioniert ihr Handy denn auf einmal nicht mehr?«
    Â»Vielleicht ist ihr ja doch was passiert«, sagte Jonas tonlos, worauf sich Lars von seinem Computer abwandte und den Freund beschwörend ansah. »Ach Quatsch. Da ist alles okay. Versuch’s noch mal bei ihr. Vielleicht ist sie jetzt da.«
    Jonas nahm das neben ihm liegende Telefon und drückte die Taste für die Wahlwiederholung. Es dauerte ein paar Sekunden, dann änderte sich Jonas’ Gesichtsausdruck und kurz darauf sagte er: »Hallo, Frau Schmid, ist Anna da?« Tatsächlich sagte er noch mehr, aber ein hässlich lautes Brummen ließ Schlaicher den Rest nicht verstehen. Eva Biatini hatte offensichtlich herausgefunden, wie man den alten Rowenta anschaltete. Nur im absolut falschen Moment. Sein Winken schien sie nicht zu sehen, sodass Schlaicher schnell zum Staubsauger ging und auf die große An/ Aus-Taste trat.
    Â»Ja, was isch au jetzt, verdeggl«, schimpfte die ältere Dame, doch Schlaicher sagte nur: »Warten!«, was bei ihr immerhin mehr Wirkung zeigte, als es das bei Dr.   Watson getan hätte.
    Schlaicher wandte sich wieder Jonas zu.
    Â»â€¦Â gedacht, dass sie wieder zu Hause sein müsste«, sagte der gerade. Dann blieb er längere Zeit still.
    Â»Ich weiß es nicht«, sagte Jonas schließlich mit brüchiger Stimme. Schlaicher konnte es nicht mehr aushalten. »Gib mir das Telefon«, sagte er und nahm Jonas den Apparat ab.
    Â»Schlaicher hier, guten Tag. Bitte entschuldigen Sie …«, begann er, aber die Frauenstimme am anderen Ende der Leitung ging dazwischen.
    Â»Was ist mit meiner Tochter?«
    Â»Also, ich glaube, es gibt keinen Grund zur Unruhe«, sagte Schlaicher und schüttelte selbst den Kopf über einen derart abgeschmackten Satz. »Ich bin mir sicher, dass sie bald auftauchen wird. So ein Ärgerspiel unter Jugendlichen.«
    Â»Wer sind Sie?«
    Â»Wie gesagt, ich heiße Rainer Maria Schlaicher. Jonas, der Freund Ihrer Tochter, ist zu meinem Sohn Lars gekommen, um hier zu telefonieren.«
    Â»Freund meiner Tochter? War das der Junge eben?«
    Â»Ja, genau der.«
    Â»Und wo ist Anna?« Die Stimme der Frau überschlug sich vor Aufregung. »Ich meine, sie kann doch nicht einfach verschwunden sein. Ich rufe jetzt mal auf ihrem Handy an.«
    Â»Das geht nicht«, sagte Schlaicher und erntete eine nahezu hysterische Nachfrage, auf die er einfach nur erwiderte: »Wir haben gedacht, sie wäre schon wieder bei Ihnen.«
    Â»Ich rufe die Polizei. Wo sind Sie?«
    Schlaicher gab ihr seine Adresse und Telefonnummer durch. In der Zwischenzeit hörte Schlaicher, dass die Frau wohl ihren Mann informierte.
    Als er auflegte, schauten ihn Jonas und Lars mit großen Augen an. Hinter ihm in der Tür stand Eva Biatini und hielt sich am Saugrohr des Staubsaugers fest.
    Â»Wir warten hier«, sagte Schlaicher zu den beiden Jungs. »Und Sie sollten jetzt anfangen«, bellte er genervt in Richtung seiner Perle, deren Körper zwar eine perlige Form hatte, aber von deren Wert er noch nichts gemerkt hatte. Wo das Mädchen nur stecken mochte? Auf dem Weg in die Küche sprang hinter ihm erneut der Staubsauger an.
    Â»Du hast vorhin erzählt, dass vor zwanzig Jahren genau so etwas schon mal passiert ist«, sagte Schlaicher zu Erwin Trefzer, der noch immer in der Küche saß.
    Â»Jo, das isch, glaub i, z’Wieslet gsii. Do isch e Maidli am heiterhelle Daag eifach eso verschwunde, und mr het nie mehr e Sterbenswörtli vonnem g’hört. Des isch e schrecklichi G’schicht gsii.« Um das zu bestätigen, nickte Trefzer langsam, aber ausdauernd.
    Â»Na ja«, sagte Schlaicher, »Anna wird schon wieder auftauchen.«
    Als sich Eva Biatini mit dem Staubsauger zu ihnen vorgearbeitet hatte, stand Trefzer auf und ging. Schlaicher wollte eigentlich noch ein bisschen in Ruhe nachdenken, aber das war bei
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