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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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grunzend auf den Rücken gewälzt und dabei mit seinen kurzen, aber starken Beinen heftig gegen sein Herrchen getreten, was keinesfalls aus Versehen geschah. Diese Taktik wandte er an, um Aufmerksamkeit zu erregen. Sie war in Dr.   Watsons Augen aber auch hervorragend geeignet, um unliebsame Couchbesetzer zu vertreiben. Schlaicher hatte Dr.   Watson jedes Mal unter großem Kraftaufwand vom Sofa schieben müssen – immerhin wog das Tier dreiunddreißig Kilogramm, die sehr leicht zu gefühlten hundert Kilogramm werden konnten, wenn der Basset auf stur schaltete. Dr.   Watson reagierte auf die Verbannung vom Sofa stets mit einem beleidigten Blick, bevor er die Treppe wieder nach unten kletterte.
    Einmal musste Schlaicher hinuntergehen, weil der Basset auf seinen Befehl, den Mülleimer in Ruhe zu lassen, nicht reagierte. Ein anderes Mal nagte der Hund an dem Weidenkörbchen, das Schlaicher ihm vor Kurzem gekauft hatte. Normalerweise ließ er es links liegen, weil er das Sofa gemütlicher fand. Gerade war Dr.   Watson zum vierten Mal oben angekommen und saß vor Schlaicher auf dem Boden. Seine hängenden Ohren schienen noch länger zu sein als sonst. Er legte den Kopf schief, als überlege er, mit welcher Taktik er diesmal die Couch zurückerobern sollte. Dann stand er auf und schüttelte sich, wobei er mit dem Kopf anfing und sich der Schwung von vorne nach hinten durch den langen Körper fortsetzte. Fast mit der letzten Bewegung löste sich ein Sabberfaden und flog in weitem Bogen auf die Karte des Wiesentals. Bei Wieslet befand sich jetzt ein länglicher See weißen Schaums. Eigentlich wollte Schlaicher sofort wütend losschimpfen, aber das hätte der Basset sicherlich nicht verstanden. Schlaicher stand also auf und ging die Treppe runter, um im Badezimmer einen Streifen Toilettenpapier zu holen. Wieder oben wischte er den Plan sauber, der sich an der feuchten Stelle ein bisschen gewellt hatte. Dr.   Watson schnarchte auf dem Sofa.
    Schlaicher quetschte sich seufzend neben seinen Hund und versuchte erneut, sich auf die Pläne zu konzentrieren. Neben der Karte der Gegend um Schopfheim hatte er mehrere Ausdrucke von Routenplanern vor sich liegen, einen Stapel bekritzelter Zettel, einen etwas kleineren Stapel mit ordentlich geschriebenen Zusammenfassungen und einen Stadtplan von Schopfheim. Sein Auftrag hatte ihn bereits mehr als einen Monat Vorbereitungszeit gekostet, und übermorgen war es so weit. Bis auf ein paar Kleinigkeiten hatte er alles zusammen, was er für seinen Plan brauchte. Eigentlich war er ja Testdieb, stahl auf Wunsch seiner Kunden in deren Geschäften. Aber die Aufträge waren in den letzten Monaten nicht unbedingt in Massen eingelaufen. Darum hatte er diese eher außergewöhnliche Aufgabe angenommen.
    Wenig später war es nicht Dr.   Watson, sondern das Klingeln des Telefons, das Schlaicher erneut aus seiner Konzentration riss. Schnurlose Telefone schienen immer da zu liegen, wo man selbst gerade nicht war. In diesem Fall bimmelte es in der Küche. Schlaicher lief hinunter.
    Â»Schlaicher?«, meldete er sich.
    Â»Hallo, Rainer! Na, schon aufgeregt?« Die warme, wohlklingende Stimme gehörte Martina Holzhausen, seiner Assistentin. Die sehr patente junge Frau arbeitete seit einem halben Jahr für ihn und war im Bereich Ladendiebstahl gewissermaßen ein Naturtalent. Zudem sah sie noch sehr gut aus. Was wollte man mehr.
    Â»Was für eine Frage! Ich habe noch nie einen Raub gemacht, da ist es doch klar, dass ich aufgeregt bin«, sagte er leicht gereizt.
    Â»Ja, ich weiß. War doch nur Spaß. Ich rufe eigentlich nur wegen dem Wagen an. Die Jungs waren heute wieder pünktlich.«
    Â»Das ist gut. Kannst du das morgen noch mal kontrollieren?«
    Martina wirkte jetzt etwas genervt: »Rainer, ich bin seit fast zwei Monaten an der Sache dran. Und die letzten beiden Wochen habe ich fast jeden Tag hier gestanden. Die Jungs waren immer pünktlich!«
    Â»Ja, ich weiß. Aber wir haben so lange daran gearbeitet, und ich will wirklich nicht, dass wir alles aufs Spiel setzen, weil wir vielleicht doch etwas übersehen haben.«
    Martina atmete hörbar durch: »Sag mir lieber, was Erwin macht.«
    Erwin Trefzer war Schlaichers Nachbar in Maulburg. Der Rentner wohnte auf der anderen Seite der Straße, Schlaicher direkt gegenüber.
    Â»Ist noch nicht raus. Sonst kann er einem alles besorgen,
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