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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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auf dem Boden gefunden hatte. Als Schlaicher näher kam, sah er Dr.   Watson schlingen.
    Â»Dr.   Watson, aus!« Schlaicher packte ihn mit einer Hand an der Nase und presste die noch immer zu kauen versuchenden Kiefer auseinander, was dem Hund gar nicht gefiel. Schließlich aber plumpste der Rest einer breiigen Masse aus seinem Maul.
    Â»Das muss das Brot sein, das ich ihr gegeben habe!«, rief Jonas und brüllte Annas Namen mit neu gewonnener Energie.
    Â»Du hast ihr ein Brot mitgegeben?«, fragte Schlaicher nach.
    Â»Ja, mit Marmelade. Wir waren doch picknicken, und sie hatte kaum was gegessen.«
    Jetzt erkannte Schlaicher auch Reste von Butter und einer roten, klebrigen Marmelade.
    Â»Sie ist also hier runter«, überlegte Jonas.
    Â»Wahrscheinlich wollte sie sich wirklich nur dafür rächen, dass du sie geärgert hast«, beruhigte Schlaicher den jungen Mann. »Das Brot ist ihr wohl hingefallen, und sie ist weitergelaufen.«
    Es waren nur noch ein paar Meter, bis der Wald aufhörte. Schlaicher machte Dr.   Watson fest und ging mit ihm und Jonas weiter.
    Als sie zwischen den Bäumen hervortraten, waren sie unten im Tal angekommen. Vor ihnen erstreckte sich eine eingezäunte Wiese, auf der ein paar Kühe grasten. Die Weide ging auf der anderen Seite der Talsohle, die durch einen kleinen Bach gebildet wurde, wieder bergan und wurde durch einen dünnen Elektrozaun von der Straße begrenzt, die Maulburg und Adelhausen miteinander verband. Nachdem Dr.   Watson das Brot gefunden hatte, schien er an einer Fortsetzung des Spaziergangs nicht weiter interessiert zu sein. Er watschelte langsam an der Leine und zog ab und zu nach hinten.
    Der Boden war nach zwei sonnigen Wochen trocken. Obwohl Schlaicher konzentriert schaute, konnte er keine weiteren Spuren finden. Dass das Mädchen diesen Weg genommen hatte, war anzunehmen, aber wohin sie dann gegangen sein mochte, wusste Schlaicher nicht.
    Â»Deine Anna ist sicher längst zu Hause und fragt sich, ob du wohl nach ihr suchst«, sagte Schlaicher zu Jonas. Wahrscheinlich würden sie nachher noch lange telefonieren und dabei über ihr abenteuerliches Picknick lachen.
    Schlaicher fiel sein eigenes Abenteuer ein, das ihn übermorgen erwartete. Ein Coup, der alles bisherige bei Weitem in den Schatten stellen würde. Statt wegen des Streichs eines Mädchens so viel Zeit zu verlieren, sollte er besser zu Hause sitzen und die genaue Zeiteinteilung noch einmal überdenken.
    Â»Lass uns gehen«, sagte Schlaicher zu Jonas. Der nickte langsam. »Ich glaube, Sie haben recht. Aber Ihr Nachbar hat mich irgendwie ziemlich nervös gemacht.«
    Â»Ach, ich denke, der hat das auch eher so zum Ärgern gesagt«, meinte Schlaicher und klopfte Jonas aufmunternd auf die Schulter.
    Â»Ah, do ischer jo!«, begrüßte sie eine laute Frauenstimme. Die Dame, der das Organ gehörte, war etwa einen Meter fünfzig groß und sicherlich genauso breit. Wenn sie wirklich gedacht hatte, mit dem extrem weiten, aufdringlich bunten Oberteil ihre Rundungen kaschieren zu können, lag sie eindeutig falsch. Auch die weißen Längsstreifen an der blauen Hose hatten nicht die ersehnte streckende Wirkung. »Ich bi d’ Eva Biatini, eine Perle auch für Sie. Vo dr Perlekette.«
    Schlaicher stellte sich und seine drei Begleiter vor. Dr.   Watson hatte es der Dame gleich angetan. Sie kramte sofort in ihrer Hosentasche und zauberte ein für den Basset viel zu kleines Hundeleckerli hervor. Erwin Trefzer und Jonas beachtete sie kaum. Lars dagegen interessierte sich nur für Jonas.
    Â»Wie, bist du jetzt mit der Anna zusammen?«
    Â»Ã„h, ja, vielleicht«, hörte Schlaicher Jonas sagen, als er mit Lars und dem Telefon in Richtung Lars’ Zimmer verschwand.
    Dr.   Watson fand Eva Biatini eindeutig nett. Schlaicher jedoch konnte noch keine Putzeimer sehen und fragte sich, was die Dame wohl die ganze Zeit über gemacht hatte.
    Â»Und, was hesch für e Schnaps do?«, fragte derweil Erwin Trefzer und rieb sich seinen dicken Bauch, der auf einer dünnen Hüfte und dürr zu nennenden Beinen thronte. Trefzer war längst Rentner, aber für ihn bedeutete der Ruhestand keine Ruhe. Er war immer aktiv, Schlaicher konnte sich kaum einen Tag vorstellen, an dem er ihn nicht vor seiner Scheune gesehen hatte, wo er seine Kunden abfing. Wenn er weg war, dann meist, um seine Waren zu besorgen.
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