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Rueckkehr nach Glenmara

Titel: Rueckkehr nach Glenmara
Autoren: Heather Barbieri Sonja Hauser
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einer der Gründe, warum Menschen weggingen? Um zu vergessen und sich neu zu erfinden?

    Zu Hause galt sie als eher ruhiger Mensch, trat hinter den geselligen Leuten in ihrem Leben – Ethan, Ella, sogar ihrer Mutter – zurück und gab sich mit der Rolle der stillen Begleiterin zufrieden, gut für eine gelegentliche kluge oder geistreiche Bemerkung.
    Hier war sie auf sich allein gestellt. Ein merkwürdiges Gefühl, ja, doch ein Teil von ihr wollte etwas Neues, ein neuer Mensch werden.
    Die Luft roch nach feuchtem Gras, Gülle und Torffeuern, obwohl Kate, abgesehen von Kühen und Schafen, keinerlei Lebewesen in der Nähe entdecken konnte. Und das waren nicht die weißen, sauberen, wuscheligen Schafe aus ihren Träumen, sondern Tiere mit schmutzig gelblicher, verfilzter Wolle. Mäh , sagte das Schaf, Mäh antwortete Kate und hätte fast zu weinen angefangen, weil Ethan, immer zum Albern aufgelegt, so etwas getan hätte. Mäh? , als hätten die Tiere die Mutter verloren, so wie Kate im vergangenen Februar.
    Nicht weinen , ermahnte sie sich und lächelte trotz allem. So schwierig war das gar nicht. Man kann sich für das Glück entscheiden.
    Normalerweise machte ihr der Regen nichts aus, aber das hier war zu viel. Ich hätte mir eine trockenere Gegend, zum Beispiel Spanien, aussuchen sollen , dachte sie. Doch Spanien wurde in diesem Jahr heimgesucht von Feuerquallen, Stromausfällen und Wühlmäusen, die die Ernte auffraßen – das hatte sie in der Zeitung gelesen.
    Sollte das Wetter nicht besser sein, so kurz vor dem ersten Mai? Sie suchte Zuflucht unter einem rosa blühenden, stark duftenden Rhododendronbusch, um an einem Müsliriegel zu knabbern. Er schmeckte wie Sägemehl, vielleicht
weil sie keinen Hunger hatte – den hatte sie nie am Anfang oder Ende einer Liebesgeschichte, am allerwenigsten nach dieser, die eigentlich ewig hätte dauern sollen. Alle waren so sicher gewesen, dass sie und Ethan heiraten würden, dass sie den Brautstrauß bei der Hochzeit im mittelalterlichen Stil fangen würde, der sie im März beiwohnten (die Brautleute liebten nicht nur einander, sondern auch die Gesellschaft für kreativen Anachronismus). Dort hatte er sie, wenn schon nicht direkt am Altar, so doch nur unweit davon entfernt, stehen lassen, neben der schmelzenden Eisskulptur eines Ritters in glänzender Rüstung, eine Pfütze um die Füße, das Schwert kaum mehr als ein Zahnstocher.
    »Ich kriege keine Luft«, hatte Ethan nach der Trauung gesagt. Das turmbewehrte Gebäude in Seattles Denny-Regrade-Viertel war für die Feier in ein Schloss verwandelt und mit Gobelins, Standarten und Wappen geschmückt und das bewaldete Anwesen in eine Miniaturversion von Sherwood Forest verwandelt worden. – Eine beeindruckende Szenerie, besonders nach mehreren Krügen Ale.
    »Ich verstehe, was du meinst«, flüsterte Kate mit gekünstelt englischem Akzent zurück. »Mein Hüfthalter bringt mich noch um – aber dir steht die Strumpfhose ausnehmend gut.« Vom Festsaal wehte der Geruch von Braten und Gemüse herüber. Sie fragte sich, wie es ihr gelungen war, in diesem Aufzug einen Bissen hinunterzubringen, und sehnte sich nach bequemerer Kleidung, doch die Feier stand nach dem Wunsch der Braut unter einem Motto. Kate fand das abwechselnd amüsant und lächerlich.
    »Nein.« Ethan wich ihrem Blick aus. »Ich meine, ich halte das nicht mehr aus.«

    »Was?« Sie lächelte weiter, weil sie sich den Abend nicht verderben lassen wollte. »Natürlich können wir gehen, aber Sean ist sicher enttäuscht, wenn du das Ritterturnier verpasst.« Das Gleiche galt für sie selbst, weil sie hoffte, anschließend tanzen zu können. Die Eltern der Braut hatten Dudelsackpfeifer engagiert, die bereits fröhlich vor sich hin spielten. Ein Narr, der mit klingelnder Kappe Purzelbäume den breiten Flur entlang schlug, verfehlte nur knapp eine Ming-Vase von unschätzbarem Wert. Feuerschlucker führten ihre Kunst auf dem Balkon vor. Ob sie sich dabei manchmal die Zunge verbrannten?, fragte sich Kate.
    »Nein, ich meine die Sache mit uns.« Er wartete, bis die Worte bei ihr ankamen. »Es ist vorbei. Tut mir leid.« Dann entfernte er sich wankend, was die anderen Gäste sicher dem Alkohol zuschrieben. Bevor er den Ausgang erreichte, klopfte ihm ein Mann auf die Schulter, und wenig später prostete Ethan bereits wieder lachend anderen zu. Er war nicht nur ziemlich robust, sondern wusste auch, dass Kate ihm nicht folgen würde, um ihm eine Szene zu machen.
    Sie sah ihn mit
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