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Rueckkehr nach Glenmara

Titel: Rueckkehr nach Glenmara
Autoren: Heather Barbieri Sonja Hauser
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offenem Mund an, nicht unähnlich dem gebratenen Schwein im Mittelpunkt des Fests, allerdings ohne Apfel. Hatte das Treuegelübde der Brautleute Ethan aus der Fassung gebracht? Das konnte sie verstehen. Sie würde ihn nicht drängen und sich, wie immer fest mit einer späteren Versöhnung rechnend, von Ella nach Hause bringen lassen.
    Sie täuschte sich. Noch am selben Abend zog er zu einem Freund mit der Begründung, er brauche Zeit und Raum zum Nachdenken. Die meisten seiner Habseligkeiten ließ er bei ihr. Wenn sie anrief, war er nie da. Nach einer Weile
begann sie daran zu zweifeln, dass er bei dem Freund wohnte. Doch wo sonst sollte er sein? Sie wartete zwei Wochen, bis der Freund endlich Mitleid mit ihr hatte und ihr erzählte, dass Ethan seit Monaten mit dem Model zusammen sei und sich bald verloben wolle. Nicht Ethan und Kate würden also ihre Träume in Manhattan verwirklichen (er in der Finanz-, sie in der Modewelt), sondern Ethan und das Model. Kate blieb ohne Freund und mit nur wenigen Interessenten für ihre erste Modelinie zurück. Ihr Konzept funktioniere einfach nicht, erklärte ihr Agent Jules; sie solle etwas »für ein exklusiveres Marktsegment« probieren. Die einzigen Abnehmer waren zwei kleine örtliche Boutiquen; das Geld, das sie verdiente, deckte kaum ihre Ausgaben, was bedeutete, dass sie im Second-Hand-Laden ihrer besten Freundin Ella Änderungsarbeiten annehmen musste. Doch sie hatte es satt, Säume auszulassen, Knöpfe anzunähen und Knopflöcher zu verstärken, was ihre Kunden mit ein wenig Geduld selbst geschafft hätten. Kates Fingerspitzen waren wund von der Arbeit; sie hatte Näherinnenhände wie ihre Mutter.
    Ich muss hier weg , teilte sie Ella mit. Nicht von dem Laden, sondern von der Stadt, dem Bundesstaat, dem Land. Nach Irland, in die grüne Heimat ihrer Vorfahren, das Land der Regenbogen, der Magie, der Kobolde und märchenhaften Goldtöpfe.
    Kate und ihre Mutter hatten gemeinsam fahren wollen, doch dann war ihre Mutter an Krebs gestorben und hatte ihr ein kleines Erbe hinterlassen, damit Kate allein reisen könne. Daraufhin hatten Kate und Ethan einen Europatrip mit Abstecher nach Irland ins Auge gefasst, den Kate
letztlich als Flitterwochen verstand, Ethan jedoch offenbar nicht.
    Und nun war sie hier, auf der anderen Seite der Welt, und wanderte diese Straße voller Schlaglöcher entlang, die weiß Gott wohin führte. Dabei versuchte sie zu vergessen, wie Ethans Haare ihm morgens nach dem Aufstehen vom Kopf abstanden, wie er Kaffee kochte und den Toast verkokelte und aus wie vielen Farben seine Augen bestanden – Grün und Gold und Braun und Blau. Solche Augen hatte sie noch nie gesehen. Ihnen war sie sieben Jahre zuvor im College-Literaturkurs verfallen, wo er ihr eine Frage über Thomas Hardy stellte. War das ein schlechtes Omen gewesen? Sie hatte eine ganze Weile gewartet, bis er sich endlich für sie entschied, an dem Abend, an dem sie zu viel tranken, miteinander ins Bett fielen und unzertrennlich wurden.
    Nächstes Mal würde sie besser aufpassen und sich nur noch auf einen Mann einlassen, der sich nüchtern in sie verliebte. Auf einen Mann mit soliden, zuverlässigen Augen, die sich mit einer Farbe begnügten, zum Beispiel Braun. Vorausgesetzt, sie hatte jemals wieder genug Selbstvertrauen, es mit jemandem zu versuchen.
     
    Plötzlich Gebimmel auf dieser irischen Straße. War sie tot, erfroren? Waren das die Glocken der himmlischen Heerscharen oder von Feen? Oder die des Narren von der Hochzeit, der sich über sie lustig machen wollte? Oder von einem Mörder, der sie mit einer rasselnden Kette im Straßengraben umbringen würde, was Ethan, wenn er irgendwann davon erführe, um sie trauern ließe?
    Nein, sie war nicht berühmt genug für das Interesse der
Medien. Sie wäre lediglich eine Fußnote bei den Nachrufen des Seattle-Post-Intelligencer wert: Aufstrebende örtliche Modeschöpferin stirbt auf einsamer irischer Landstraße. Kate verbarg sich hinter den Büschen.
    Pferdeschnauben, Hufgeklapper. Dann tauchte ein bunt bemaltes Fuhrwerk auf, eine Art Planwagen in leuchtenden Rot-, Gelb- und Grüntönen. Ein stämmiger Mann hielt die Zügel des dicksten Gauls in den Händen, der ihr je zu Gesicht gekommen war. Der Mann und sein Wagen sahen aus, als wären sie einem Märchen oder dem Yellow Submarine der Beatles entsprungen.
    Sie starrten einander mit großen Augen durch die Blätter der Büsche hindurch an. »Noch nicht vom Regen weggespült?«
    Sie schüttelte den
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