Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rueckkehr nach Glenmara

Titel: Rueckkehr nach Glenmara
Autoren: Heather Barbieri Sonja Hauser
Vom Netzwerk:
anderen. Kate versuchte, ihm etwas nachzurufen, brachte aber nichts heraus. Während sie sich abmühte, wölbte sich ihr Körper von innen nach außen, bis am Ende nur noch ein Stück Stoff übrig war, das eine Obdachlose vom verdreckten Gehsteig aufhob und mit einer großen Nadel in der schwieligen Hand auf ein Loch in ihrer Jeans nähte.
    Verschwinde aus meinem Unbewussten! , hätte sie am liebsten geschrien. Da wachte sie auf, nach Luft schnappend wie ein gestrandeter Fisch, die Wange gegen einen Getreidesack gepresst.
    »Ein Albtraum?«, fragte der Reisende.
    Sie rieb sich die Augen und richtete sich auf. »Zum Glück nur ein Traum.« Sie würde sich nicht unterkriegen lassen. Wieder hatte sich die Farbe des Firmaments verändert; jetzt war es blau mit Goldrand, und über Kate kreisten Seemöwen. »Sieht aus wie im Himmel«, sagte sie.
    »Und bald wieder wie in der Hölle, grau und trist. Man weiß nie, was der nächste Tag bringt. Aber so bleibt das Leben immerhin spannend.«
    »Haben Sie denn nie genug vom Reisen?«
    »Ich? Nein. Ich bin dafür geschaffen. Jeder kann das allerdings nicht. Die meisten Menschen müssen irgendwann sesshaft werden.«
    Da hörte sie Jubelrufe über einen Hügel im Westen herüberschallen. »Was ist da drüben los?«

    »Das St.-Brendan-Fest«, antwortete er. »Soweit ich weiß, soll es zwei Wochen dauern. Der eigentliche Feiertag ist erst später im Monat.«
    »St. Brendan. Wer war das noch mal? Ein Märtyrer?« Ihre Mutter hatte aufgrund ihrer irischen Eltern und ihrer Erziehung in einer Konfessionsschule praktisch jeden Heiligen gekannt und ein Buch zu dem Thema besessen, das seit Generationen weitervererbt wurde. Die blutrünstigen Geschichten darin hätten modernen Revolverblättern alle Ehre gemacht.
    »Nein, er ist im Vergleich zu anderen Heiligen relativ glimpflich davongekommen. Brendan der Navigator«, klärte der Reisende sie auf. »Er hat sich mit einer Gruppe Mönche in einem coracle , einem kleinen Ruderboot, auf den Weg gemacht, die Welt zu erkunden, und ist der Schutzpatron der Seeleute und Reisenden.«
    »… In einem coracle . Kann man mit so etwas das Meer befahren?«, fragte Kate.
    »Ja. Es hat einen hölzernen, mit Ochsenhaut bespannten Rahmen.«
    »Klingt eigentlich nicht stabil genug fürs Meer«, meinte Kate. »Haben Brendan und seine Crew es geschafft?«
    »Heißt es. Um sich mit einem coracle hinauszuwagen, braucht man einen guten Magen und Vertrauen, so viel steht fest. Aber St. Brendan und seine Mönche hatten ja Gott und den Glauben auf ihrer Seite. Wahrscheinlich ist es ihm und seinen Mannen ganz gut ergangen, auch wenn sie am Ende nicht das Paradies fanden, nach dem sie suchten, und das Meer ihnen möglicherweise übel mitspielte.«
    »Ich glaube nicht, dass ich zu so einer Reise in der Lage
gewesen wäre – ich bräuchte auf jeden Fall ein Schiff und eine Schwimmweste«, sagte Kate.
    Er musste lachen. »Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Sie überlassen nichts dem Zufall, was?«
    Plötzlich erschien ihr das Grün, falls das möglich war, noch grüner, wie in Träumen. »Wo sind wir?«
    »In der Nähe von Glenmara. Die Straße ist zu Ende. Weiter nach Westen geht’s nur noch in der Luft oder zu Wasser. Ich setze Sie hier ab.« Er brachte das Pferd zum Stehen, das unwillig den Kopf in den Nacken warf. »Sie müssen sich aufwärmen. Der Ort befindet sich gleich da drüben hinter dem Hügel.« Er deutete in die Richtung, aus der die Rufe herüberdrangen. »Warum bleiben Sie nicht eine Weile, um zu sehen, was sich ergibt?«
    Kate sprang vom Wagen und streckte ihre von der Fahrt steifen Glieder. »Ist die Gegend denn so einzigartig?«
    »Ja, wenn Sie es zulassen.«
    Kate schwang den Rucksack auf die Schulter. »Kommen Sie nicht mit?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich fahre lieber weiter.«
    »Ich könnte Sie begleiten.« Schon jetzt fehlten ihr das Holpern des Wagens und seine angenehme Gesellschaft.
    »Lieber nicht«, sagte er. »Es ist nicht so romantisch, wie es auf den ersten Blick erscheint, dieses Umherziehen, sondern hart und schmutzig, aber ich mag es.«
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Ich möchte mein Lager irgendwo an der Küste aufschlagen, weil ich gern dem Meer lausche. Den richtigen Ort erkenne ich, sobald ich dort bin. Und Sie auch, vielleicht schon früher, als Sie meinen.« Er schnalzte mit der Zunge,
und das Pferd setzte sich wieder in Bewegung. Kate hätte ihn leicht einholen können.
    »Warten Sie«, rief sie ihm von der Kreuzung mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher