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Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
Autoren: Emma Sternberg
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    Es gibt ja diesen Spruch. Wenn Frauen Nein sagen, meinen sie Ja. Ein Riesenschmarrn, wenn man mich fragt. Wenn Frauen Nein sagen, dann meinen sie natürlich auch Nein, und zwar absolut unmissverständlich.
    Das Problem ist bloß, dass sie nie Nein sagen.
    Ich zum Beispiel. Jetzt in dieser Sekunde. Ich meine, geht’s noch? Wie spät ist es? Fünf Uhr morgens? Vier? Auf alle Fälle eine Uhrzeit, zu der jeder halbwegs hirngesunde Mensch allerhöchstens leise » Himmelherrschaftszeiten« stöhnt, wenn das Telefon klingelt, sich dann die Decke über den Kopf zieht und versucht, den Blödmann, der anruft, zu ignorieren. Und was mache ich? Robbe quer übers Bett zum Nachtkästchen hin, räuspere mir den Schlaf aus der Kehle (als sei es anrüchig, um vier Uhr morgens noch unterm Plumeau zu liegen!), und hebe ab.
    » Ja?«, sage ich freundlich.
    So herum stimmt’s schon eher: Wenn Frauen Ja sagen, meinen sie manchmal » Leckt mich doch alle mal am Arsch«.
    » Fanny, i bin’s«, krächzt es durch den Hörer.
    Das Omilein, wer sonst. Es ist eigentlich immer das Omilein, wenn zu schwachsinnigen Zeiten das Telefon klingelt. Seit wir eine Telefonanlage im Haus haben, denkt sie nicht einmal mehr daran, sich persönlich in meine Einliegerwohnung unterm Dach zu quälen. Sie drückt einfach die Zwei, und schwupps, hat sie mich dran.
    » Omilein, was is denn?«, frage ich mit liebenswürdiger Stimme, dabei habe ich eine ungefähre Ahnung. Höchstwahrscheinlich ist ihr geliebtes Fuß-Vitalbad alle. Oder sie braucht neuen Allgäuer Latschenkiefer-Fußbalsam aus der Apotheke. Es hinterlässt eben Spuren, wenn man siebzig Jahre lang Tag für Tag in der Küche steht.
    Dass sie mich deshalb mitten in der Nacht anruft, finde ich aber schon ein bisserl komisch.
    » Was is?«, quietscht es aus dem Hörer. » Hast dein neuen Funkwecker scho wieder wegschmissen?«
    Ich halte den Hörer zu und gähne leise. Den Funkwecker hat mir die Omi beim Quelleversand bestellt. Im Online-Shop, eh klar. Seit der Papa ein iPad hat, ist das Omilein ganz verrückt nach dem Internet. Mit dem iPad ist das Surfen ja auch kinderleicht. Das Omilein gibt die Anweisungen, der Papa tippt und wischt.
    » Blödsinn«, sage ich.
    » Dann schau halt drauf!«
    Ich hebe den Kopf und blinzle.
    Oha.
    Es ist halb zehn.
    Und plötzlich fällt mir auch wieder ein, was ich dem Omilein versprochen hatte: Sie um Punkt neun Uhr zum Aldi zu fahren. Da ist nämlich ab heute der Dornfelder im Angebot: die Flasche für 2,99. Nicht dass jetzt einer denkt, bei uns werden die Gäste mit Billigzeugs abgespeist, nein, alles allerbeste Qualität. Die Kartoffeln sind vom Bauern Maierhofer, das Kraut vom Bauern Bauer, und in die Hausmacherwürste vom Omilein kommt ausschließlich schwäbisch-hällisches Bio-Landschwein vom Metzger Bachhuber, drunter macht sie’s nicht. Sie verwendet nur thüringischen Majoran und tasmanischen Pfeffer; das Mehl, aus dem sie ihre weltberühmten Butterkekse backt, lässt sie eigens dafür mahlen. Und im Ausschank gibt’s ausschließlich Tegernseer Hell, Schneider Weisse und Lammsbräu Edelpils. Bloß mit dem Wein hat’s das Omilein nicht so. Und von diesen Städtern, die neuerdings anreisen und dann meinen, sie müssten auf ihre Linie achten, ausgerechnet hier in ihrem Wirtshaus, von denen hat sie eine glasklare Meinung. Solchenen Deppen kannst das Geld ruhig aus der Tasche ziehen. Daher der Aldi.
    » Mei, des tut mir leid. Bin gleich da, Omilein, gell?«
    Aber das Omilein hat schon aufgelegt.
    Im nächsten Augenblick höre ich ihre Schritte unten vor dem Haus. Und dann die Beifahrertür meines Fiat Punto.
    Also schnell duschen und runter. Wobei … ich kann auch nichts dafür, aber ich kann mir noch so fest vornehmen, mich morgens im Bad zu beeilen – wenn ich erst mal mit geschlossenen Augen unter der herrlich heißen Dusche stehe, sind meine Glieder wie gelähmt. Jedes Mal, wenn ich mir vornehme, mich endlich zu überwinden und jetzt wirklich das Wasser abzudrehen, geht meine Hand wie von selbst zum Duschgel und beginnt, meinen müden Körper noch einmal einzuseifen.
    Es ist fast so, als würde unter der Dusche mein größter Wunsch wahr – einmal am Tag ganz für mich allein sein. Ganz für sich allein ist man nämlich nur selten, wenn man Mitglied einer bayerischen Wirtsfamilie ist. Vor allem, wenn die bayerische Wirtsfamilie so wie meine Familie ist.
    Eine Stunde später parke ich den Punto wieder vor dem Haus. Das Omilein hat den Gurt schon in der
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