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Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition)
Autoren: Emma Sternberg
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Zunge aus dem Mund hängt. Jetzt arbeitet sie an einer Rakete, zumindest hoffe ich, dass das längliche Objekt, das sie mit konzentrierter Miene auf unseren Parkplatz gießt, eine Rakete ist.
    » Mercedes!«, rufe ich.
    Das Kind schaut auf und versteckt die Flasche hinterm Rücken.
    » Sag amoi, spinnst du?«, rufe ich.
    Die Mercedes grinst und schmiert sich mit rotweinroten Fingern eine ihrer schwarzen Locken aus dem Gesicht.
    » Jetzt hilfst mir aber auch, des Zeug ins Haus zu schleppen«, sage ich streng, aber da lässt das blöde Blag die Flasche lieber fallen und schießt wie ein geölter Blitz in Richtung Nachbargrundstück.
    » Mercedes!«, rufe ich ihr entrüstet hinterher.
    Da dreht sie sich noch mal um. » Mei Nam is spannisch!«, ruft sie. » I hoaß Märrsädäss! Ned Merzedes!«
    Ich strecke ihr die Zunge raus, und sie verschwindet um die Ecke.
    » Märrsädäss«, äffe ich sie leise nach und hebe die Flasche auf. Den Deckel hat das kleine Monster offensichtlich in ihrer Rocktasche verschwinden lassen. Also nehme ich die Flasche und trag sie der Omi in die Küche.
    » Drecksblag, blödes«, schimpfe ich, als ich die Küche betrete und den letzten Schluck Dornfelder in die Ochsenschwanzsuppe schütte.
    » Fanny«, sagt die Omi tadelnd, schleckt sich ein bisschen Brät vom Finger und sieht mich von ihrem Schemelchen aus missbilligend an. Sie hat überall in der Küche solche Schemel aufgestellt, vor der Wurstmaschine, vor dem Herd, vor dem Vorratsschrank, vor der Spüle, und zwar so, dass ich mindestens einmal täglich gegen einen davon renne. Den Traum, irgendwann einmal kurze Röcke zu tragen, hab ich längst aufgegeben: Meine Beine sind nicht einfach nur käsig, nein, sie sehen aus wie Bavaria Blu, der mit dem feinen Blauschimmel.
    » Die Kloane hat’s halt a ned leicht«, sagt die Omi jetzt mit vorwurfsvoller Stimme und wirft noch eine Handvoll Majoran in den Bottich mit der Wurstmasse.
    Ich verdrehe die Augen. Tatsächlich hat es das Schicksal nur so mittelgut mit dem Mädchen gemeint. Die Mutter von der Mercedes, die Iris Schaller, ist nämlich die einzige alleinerziehende Mutter im Umkreis von 20 Kilometern, und das obendrein auch noch deswegen, weil sie sich im Alter von 42 Jahren im Sommerurlaub auf La Gomera von einem spanischen Animateur hat schwängern lassen, aus Versehen. Die späte Schwangerschaft hat ihren Hormonhaushalt offensichtlich so in Wallung gebracht, dass sie von da an das Gefühl hatte, unbesiegbar zu sein. Ständig sah man sie mit kugelrundem Bauch, Fluppe und einem schönen Radler auf der Terrasse, und wenn man sie drauf ansprach, erwiderte sie bloß, das mit dem Rauchen habe den Babys früher schließlich auch nicht geschadet, und dass sie überhaupts ned verstünde, warum sich alle so aufführen. Auch heute noch belehrt die Iris Schaller jede Frau im gebärfähigen Alter, das ganze Geschiss um die Schwangerschaft sei vollkommen übertrieben, man sehe sich nur ihre prächtige Mercedes an, der würd’s doch an überhaupts nix fehlen.
    Na ja. Hirn zumindest hat sie nicht besonders viel.
    » Natürlich hat sie’s ned leicht, die kleine Märrsädäss, aber deshalb muss sie mir das Leben ja ned a no schwer machen«, sag ich, obwohl ich weiß, dass das ungerecht ist.
    Das gibt’s, glaube ich, auch nur auf dem Dorfe: die Meinung, dass das Opfer sich nicht so anstellen soll. Oder dass es im Prinzip sogar selbst schuld ist.
    Als Nächstes suche ich den Papa. Wobei suchen vielleicht das falsche Wort ist, wenn man von vornherein weiß, wo man fündig wird. Der Papa sitzt auf seinem Sofa hinten in der Scheune, das iPad auf den Knien, und wischt hektisch auf dem Display herum, als er mich hereinkommen sieht. Wahrscheinlich habe ich ihn bei der Lektüre seiner geliebten Kicker -App ertappt.
    » Papa, auf geht’s. Wir müssen schnell’s Auto ausladen«, sage ich.
    » Was? Nein!«, sagt er entsetzt und fährt hoch. » Ich fang grad an zum Brennen!«
    Knurr.
    » Des schaugt aber ned so aus, wenn i ehrlich bin.«
    » Du, Fanny, wirklich. I muss jetz anfangen, sonst werd i heit nimmer fertig«, verteidigt er sich und fängt prompt an, an seiner Destille herumzumachen.
    » Ach, leck mich«, will ich sagen, aber dann verkneif ich’s mir. Ich hatte ja sowieso nichts anderes erwartet. Mein Vater hilft mir nämlich nie. Mir nicht, und dem Omilein auch nicht.
    Mit dem Papa und dem Wirtshaus ist es nämlich folgendermaßen:
    Es gibt ja Leute, die haben das Gefühl, im falschen Körper geboren zu
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