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Weihnachtsgeschichten am Kamin 02

Weihnachtsgeschichten am Kamin 02

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 02
Autoren: Ursula Richter , Stubel,Wolf-Dieter
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Überraschung beim Krippenspiel

    Letztes Jahr beschlossen unsere Kinder, mit ihren Freunden aus der Nachbarschaft ein Krippenspiel aufzuführen.
    «Ich bin natürlich der Joseph!» verkündete unser Klaus, «das ist die Rolle für mich. Opa muß mir seinen uralten Mantel leihen. Den ziehe ich verkehrtrum an. Dann klebe ich mir natürlich einen dicken grauen Bart ins Gesicht.»
    «Und ich will die Maria sein. Ich will genauso aussehen wie die schöne Madonna auf dem Bild im Kinderzimmer. Du nähst mir doch ein blaues Kleid mit ganz weiten Ärmeln, nicht, Mutti?» rief Melanie dazwischen.
    «Und ich? Was soll ich sein? Nicht so ein langweiliger Hirt, der nix zu sagen hat!» beklagte sich unser Jüngster.
    «Du wirst einer der Heiligen Drei Könige. Dich malen wir schwarz an, genau wie die anderen Statisten. Da sieht keiner, ob das ein Junge oder ein Mädel ist», tröstete ihn der große Bruder.
    Mir dämmerte, was da auf mich zukam. Aber im Grunde freue ich mich immer, wenn die Kinder aufgeschlossen und aktiv sind. Ich gab die Veranda frei als «Bühne», und dann begannen die Vorbereitungen. Von allen Ausflügen brachten wir Tannengrün und Buschwerk mit, und überall in der Nachbarschaft schnupperten die Kinder herum, was sie zur Ausstattung brauchen könnten. In einer Ecke wurde Bethlehems Stall aufgebaut. Aus einer kleinen Kiste bastelten die Kinder eine hübsche Krippe und füllten sie mit Heu und Stroh. Ein prächtiger Stern hing über dem Stall. Auf dem Grün der Tannen glitzerten Rauschgoldengel und Lametta.
    Wir waren sehr stolz auf unser Bühnenbild. Lange Äste wandelten sich zu Wanderstäben. Irgendwo fanden sich zwei Stoff-Schäfchen, die die Hirten behutsam auf dem Arm trugen. Dann aber mußten wir ans Einüben der Texte gehen. Aus dem Lukas-Evangelium sollte die Weihnachtsgeschichte aufgesagt werden. Die Kinder lernten in verteilten Rollen ihre Texte. Alles schien glänzend zu klappen, die Hauptprobe aber war ein totaler Reinfall! Die Kinder bewegten sich stocksteif. Der eine stolperte in der langen Kleidung über die eigenen Füße. Der andere kam ins Stottern, der dritte hatte den Text vollkommen vergessen. Ganz schlimm aber wurde es, als sie vor der Krippe standen und das Christkind bewundern sollten. Sie wollten sich ausschütten vor Lachen, tuschelten dummes Zeug und streckten sich gegenseitig die Zunge heraus.
    «Kinder!» rief ich verzweifelt. «So geht’s nicht! So, wie ihr euch über die Krippe beugt, sieht es aus, als ob ihr in einen Kochtopf guckt und feststellt, daß es wieder einmal Erbsensuppe gibt. Ihr habt doch eben die Frohe Botschaft gehört! Das muß man euch ansehen. Die Freude! Das Verwundern!» Und ich machte es ihnen immer wieder vor. Es nützte nichts, sie grienten und kicherten.
    «Nimm die Puppe aus der Krippe, Mutti», riet Klaus mir. «Über die müssen wir doch immer wieder lachen. Weißt du noch, wie wir Jungens die früher operiert haben? Sie hat immer noch das Bein. Da braucht doch nichts in der Krippe zu liegen. Wir tun dann so. Das ist bestimmt besser, als wenn da die alte Gisi im Heu liegt.» Mir war es recht, aber an die Aufführung dachte ich jetzt doch mit erheblichem Herzklopfen. Ich wollte mich doch nicht blamieren.
    Dann war der Heilige Abend da. Überall in den Häusern brannten die Lichter, und zur angesetzten Zeit stellten sich die Nachbarn ein. Die Kinder hatten sich schon früher versammelt und fertiggemacht. Es konnte losgehen. Ich setzte mich ans Klavier, denn auch die musikalischen Darbietungen waren in meine Hand gelegt. Mit dem lieben alten Weihnachtslied «Alle Jahre wieder...» eröffneten wir das Krippenspiel. Alle Kinder erinnerten ihre Texte. Sie bewegten sich frei und fröhlich. Nun kam die kritische Szene vor der Krippe. Der erste Hirt beugte sich herab, er stutzte, sah auf und winkte seinen Gefährten zu. Sie kamen und drängten sich und — o Wunder — echte Freude, Überraschung und wirkliche Verwunderung spiegelten sich in allen Gesichtern. Sie drängten sich richtig, das himmlische Kind zu sehen, und machten den Heiligen Drei Königen nur ungern Platz, die doch auch gucken sollten.
    Mir fiel ein Stein vom Herzen. Sie hatten es einfach zauberhaft gemacht. Ich war sehr stolz auf meine kleine Schar und wandte mich erleichtert wieder dem Klavier zu. Wir alle sangen zum Schluß das schönste Weihnachtslied: «O du fröhliche. ..» Manche Omi wischte sich verstohlen ein Tränchen aus dem Auge. Die Kinder verbeugten sich beim großen
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