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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab
Autoren: Kate Brady
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hatte, doch heute Nacht brauchte sie nur die völlige körperliche Erschöpfung, um ihre Gedanken zu verdrängen – Gedanken an die Zukunft des Antiquitätengeschäfts, an Evan und die Anrufe irgendeines Idioten, der in seiner Abendfreizeit anscheinend Freude daran fand, das Telefonbuch aufzuschlagen und seine perver…
    Klingeling.
    Sie wirbelte herum und brachte einen weiteren Sandsack zum Schwingen. Das sirrende Geräusch dröhnte ihr in den Ohren, aber es war nicht laut genug, sondern wurde vom Klingeln des Telefons übertönt. Vier Mal klingelte es, dann ein fünftes Mal. Diesmal würde er nicht auflegen.
    »Verdammt.« Sie hob kapitulierend die Hände und lief zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hoch, um … was zu tun? Den Hörer abzunehmen und dem Anrufer mitzuteilen, was sie gerade anhatte? Oder ihn zum Teufel zu schicken? Stirnrunzelnd blickte sie auf das Display des Küchentelefons. Area Code 206 . Schon wieder die Vorwahl von Seattle, aber die nachfolgende Nummer kannte sie nicht.
    Ein sechstes Klingeln, dann ein siebtes. Der Anrufbeantworter sprang an, und Beth hörte ihre eigene, fröhliche Stimme: »Hi, hier sind die Denisons, oder vielmehr der AB . Ihr wisst, was ihr jetzt tun müsst.« Piiep.
    »Hallo, Schätzchen.«
    Die Stimme war leise und klar. Angst regte sich in Beth.
    »Beth, ich weiß, dass du da bist. Geh ans Telefon.«
    Beth?
Die Angst ballte sich wie eine Faust zusammen. Besorgt warf sie einen Blick hoch zu Abbys Zimmertür. Kein Geräusch, kein Rascheln der Bettdecke. Zum Glück war Abby in jenen Tiefschlaf gesunken, den die Natur der Jugend vorbehielt.
    »Be-heth. Es ist sieben lange Jahre her. Willst du nicht mit mir reden?«
    Ihre Lungen zogen sich zusammen.
Nein. Bitte nicht.
Das durfte nicht wahr sein.
    »Genau, Beth.« Er senkte die Stimme. »Überraschung.«
    Die Vergangenheit holte sie ein, mit Erinnerungen, die ihr wie eiskalte Schauer über den Rücken liefen.
    »Ich wette, du hast gedacht, ich würde dich nie finden«, sagte der Anrufer. »Aber ich bin ein cleverer Mann. So clever sogar, dass ich mir ein paar besonders hübsche Geschenke für dich ausgedacht habe. Ich kann es kaum erwarten, sie dir zu überreichen.« Er unterbrach sich kurz, als wüsste er, dass sie sich an die Rückenlehne eines Küchenstuhls festklammern musste, um nicht zu Boden zu sinken. Und dass ihre Welt soeben aus den Fugen geraten war.
    Dummkopf, schalt sich Beth. Natürlich wusste er Bescheid.
    Antworte ihm nicht. Beachte ihn nicht und nimm vor allem nicht …
    »Übrigens, Beth, wie geht es deiner Tochter?«
    Sie riss den Hörer von der Basis.
»Scheißkerl!«
    »Ah, da bist du ja. Fast hätte ich mir Sorgen gemacht.«
    Rote Funken tanzten vor ihren Augen. »W-wie …?«
    »Wie, was? Oh, du hast es noch nicht gewusst? Kein Wunder. Von wem hättest du die Neuigkeiten auch erfahren sollen.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Freiheit. Davon, endlich das zu bekommen, was mir die ganzen Jahre zugestanden hätte.«
    Der Raum schien sich zu drehen. Beth konnte nicht einmal beschwören, dass sie noch mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand. Sie schloss die Augen. Denk nach.
Nachdenken!
Warum, nein,
wie
war es möglich, dass er sie anrufen konnte? »Ich verstehe nicht«, sagte sie.
    »Ich bin mir sicher, dass du die ganze Geschichte mit ein paar Mausklicks im Internet nachlesen kannst. Für heute genügt es zu sagen, dass ich frei bin. Und das schon seit ein paar Wochen. Ich habe die Zeit genutzt, um unser Wiedersehen vorzubereiten.«
    Beth spürte, wie Übelkeit in ihr hochkroch. Ihr Hals war wie zugeschnürt, und sie bekam kaum noch Luft.
Frei?
Moment. Jetzt ganz ruhig bleiben. Wenn er tatsächlich aus dem Gefängnis entlassen worden war, konnte es nur einen Grund geben, weshalb er sie anrief. Doch er würde es bestimmt nicht riskieren, die Geheimnisse aus der Vergangenheit ans Licht zu bringen, nur um zu bekommen, was er wollte. »Ich rufe die Polizei an und erzähle ihnen all…«
    Er lachte glucksend. »Nein, das tust du nicht. Du glaubst wohl, du kannst jeden mit deinem Bilderbuchdasein und deiner niedlichen kleinen Tochter zum Narren halten. Dabei scheinst du vergessen zu haben, dass ich deine Geheimnisse kenne.«
    Beth umklammerte den Hörer so fest, dass sich ihr Arm schmerzhaft verkrampfte. »Du weißt überhaupt nichts.«
    »Ach, wirklich?«, entgegnete er. Etwas klickte am anderen Ende der Leitung, und einen Moment lang dachte Beth, er hätte aufgelegt. Doch dann drang sein Atem erneut wie
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