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Puppengrab

Puppengrab

Titel: Puppengrab
Autoren: Kate Brady
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ein entferntes Schnarren an ihr Ohr. »Lass uns einmal gemeinsam überlegen: Ich weiß, was mit Anne Chaney geschehen ist. Ich weiß, warum du von Seattle quer über den Kontinent nach Arlington in Virginia gezogen bist.« Er hielt kurz inne. »Ich weiß von deiner kleinen Toch…«
    Bevor sie sich zusammenreißen konnte, keuchte Beth kurz auf. Zu spät.
    »Oh, wie schön, Beth. Kann ich das noch einmal hören?«
    »Sofort aufhören!« Sie spuckte die Worte förmlich aus, doch dann gewann sie die Fassung zurück. Ruhe bewahren. Und kein falsches Geräusch. Sie erinnerte sich, wie sehr er den Klang der Qual liebte.
Schrei, du Schlampe. Schrei für mich.
    »Lass mich noch einmal deine Stimme hören, Beth«, bat er. »Du musst dich jetzt noch nicht verausgaben. Nur ein paar kleine Seufzer, damit das Werk beginn…«
    Beth feuerte das Telefon quer durch den Raum. Ihre Angst und ihr Zorn waren wie Schlangen, die sich in ihrem Magen wanden. Sie zwang sich, kontrolliert zu atmen, um ihren Wutanfall in den Griff zu bekommen. Verdammt noch mal, sie musste jetzt einen kühlen Kopf bewahren! Selbst als freier Mann war er für sie nicht halb so bedrohlich wie sie für ihn. Er war derjenige, der Angst haben sollte. Abgesehen davon hatte er sie aus einem entfernten Bundesstaat angerufen.
    Vorwahl 206  … Seattle.
    Die Gewissheit traf sie wie ein Faustschlag. Es war kein Traum. Es war keine böse Erinnerung aus der Distanz eines anderen Lebens. Er war nicht irgendein Typ, der mit einem Sixpack Bier zu Hause hockte, das Telefonbuch aufschlug, sich eine Nummer aussuchte, die ihm gefiel, und immer wieder die Wahlwiederholung drückte.
    Er war Chevy Bankes.
    Mit einem Stich im Herzen wusste Beth, dass sie sofort nach Abby sehen musste. Sie raste nach oben und blickte ins Kinderzimmer. Das Mondlicht schien auf Abbys Bett, in dem sie ausgestreckt lag, eine Spielzeugkatze an den Bauch gedrückt. Zu ihren Füßen kauerte der Hund. Er wedelte mit dem Schwanz und rollte sich hoffnungsvoll auf den Rücken, ohne das Frösteln zu bemerken, das Beth durch die Adern kroch, während sie Abbys Atemzüge verfolgte: ein, aus, ein, aus, ein, aus. Drei war die magische Zahl. Beth wartete immer drei Atemzüge ab, bevor sie schlafen ging.
    Diesmal zählte sie bis zehn.
    Lautlos glitt sie in den Flur zurück und presste sich die Handballen auf die Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Jetzt bloß nicht heulen. Du weißt ganz genau, dass es nicht hilft. Das eben hätte nie passieren dürfen. Doch Beth hatte immer damit gerechnet, dass es passieren könnte. Bankes war schließlich nicht der Einzige, der einen Plan hatte.
    Atme ein, konzentriere dich, und finde deine Mitte.
Das jahrelange Thai-Boxtraining half ihr, wieder zur Ruhe zu kommen. Sie ging in ihr Schlafzimmer, wo sie einen Schaukelstuhl quer durch den Raum zog und ihn neben eine riesige Chippendale-Kommode stellte. Sie war aus New England, ein frühes Stück seiner Epoche, in einer kräftigen, dunklen Holzfärbung mit üppig geschnitzter Verzierung und original belassenen Metallbeschlägen. Doch Beth hatte die antike Kommode nicht wegen ihrer Schönheit oder ihres Alters gekauft. Es war wegen des geschnitzten Aufsatzes gewesen.
    Sie stieg auf den wackeligen Schaukelstuhl und zog kräftig an der oberen rechten Kante des Aufsatzes. Mit einem Knarren gab das Holz nach, und aus der Öffnung dahinter segelte Beth ein zusammengefalteter Zettel entgegen. Sie steckte ihn unter ihr Schweißband am Handgelenk und griff ins Innere des Geheimfachs. Ihre Finger umschlossen den Griff einer 9 -mm-Glock – nützlich und durchsetzungsstark wartete sie dort unberührt, aber unvergessen auf sie. Beth nahm die Glock in beide Hände, streckte die Ellbogen durch und blickte in Richtung des kleinen roten Lichts am Telefon, das am anderen Ende des Raums stand.
    Sie konnte es tun. Und wenn sie dazu gezwungen wurde, würde sie es auch tun – allein Abby zuliebe.
    Beth ließ die Pistole sinken, kletterte vom Stuhl, zog den Zettel wieder hervor und faltete ihn auf. Eine Namensliste. Cheryl Stallings, ihre Schwägerin. Zwei Anwälte, von denen einer Beths Testament verfasst hatte und der andere dafür berüchtigt war, seine Fälle um jeden Preis zu gewinnen. Drei Möbelhändler mit Interesse an frühen amerikanischen Antiquitäten, die Beth für einige ihrer besonderen Stücke Bargeld angeboten hatten und mit ihr ins Geschäft kommen würden, ohne Fragen zu stellen.
    Sie merkte, wie es sie beruhigte, die Liste
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